Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)
Der Kaplan schlug ein Kreuz.
»Amen«, sagte auch Gero und wartete ein Vaterunser lang, das er aus Gründen der Zeitmessung, nicht der Buße herunterleierte, bis er dem Burgkaplan ungesehen in die Sakristei folgte.
Eine Weile später kam Gero vergnügt und mit stolzgeschwellter Brust aus der Sakristei. Wenn das keine guten Nachrichten für den Onkel sind!, dachte er triumphierend. Sein Plan war aufgegangen: Der Burgkaplan hatte ihm gar nicht schnell genug erzählen können, wie der Graf für die Geburt seines Sohnes heimlich, unter Umgehung sämtlicher kirchlicher Gebote, einen jüdischen Medicus und dessen Hexe bestellt hatte, damit sie ihren Zauberkünsten nachgehen konnten. Es kam sogar noch besser: Eine Delegation der städtischen Bader war beim Grafen vorstellig geworden, die sich darüber beschwerte, dass dieser jüdische Medicus und seine kleine Hexe ihrem Geschäft schweren Schaden zufügten, weil immer mehr Kranke es vorzogen, sich zu den beiden Scharlatanen außerhalb der Stadtmauern zu begeben, um sich dort behandeln zu lassen. Der Graf hatte sie mit dem Argument abblitzen lassen, dass er keinem Kranken vorschreiben könne, von wem er sich behandeln ließ.
Fortan würde Gero den Kaplan öfter aufsuchen, um an Nachrichten zu gelangen, denn diese neuesten Entwicklungen waren von größter Wichtigkeit. Aber auf welche Weise sie im Sinne der welfischen Sache zu verwenden wären, das überließ Gero seinem Onkel. Der Erzbischof würde schon wissen, mit welchem Folterinstrument man dem Grafen von Landskron kommen musste, um ihn zur Strecke zu bringen. Endlich hatte Gero wieder das Gefühl, an vorderster Front im Spiel zu sein.
XVIII
E inige Tage nachdem die Gräfin von ihrem Fieber genesen war und ihre ersten unsicheren Schritte gemacht hatte, begab sich Anna erneut auf den Weg, um nach ihrer Patientin zu sehen. Als sie an der großen Wiese unterhalb der Burg vorbeikam, bemerkte sie, dass die staufischen Soldaten dabei waren, ihr gesamtes Außenlager abzubauen und alles auf die Fuhrwerke zu verladen. Auch in der Burg wimmelte es von Menschen wie in einem Ameisenhaufen. Es war drückend schwül geworden, und Anna sah die Schweißflecken auf den Uniformen der Soldaten.
Als sie die Gräfin in deren angenehm kühlen Schlafgemach versorgt und behandelt hatte, bat Ottgild sie, noch zu bleiben.
Plötzlich ging die Tür auf, und Graf Georg meldete den König an, der der Gräfin höchstpersönlich seine Aufwartung machen wollte, die ihrerseits nun ihr Kind, das die Amme kurz zuvor gebracht hatte, in den Armen hielt, um mit ihrem Stammhalter dem König ihre Reverenz zu erweisen.
Zu Annas Überraschung kam Konrad in Begleitung von Chassim von Greifenklau ins Schlafgemach. Neben dem jungen König mit seiner jugendlichen, ungelenken Gestalt sah Chassim in seinem wehenden roten Umhang, der prächtig bestickten blauen Tunika und den blauen Beinkleidern sowie dem Schwert an der Seite noch stattlicher aus, als Anna ihn in Erinnerung hatte.
Konrad wandte sich sogleich an die Gräfin: »Verehrte Gräfin, ich freue mich für Euch und Euren Sohn, dass es Euch wieder so gut geht. Doch nun ist der Augenblick des Abschieds gekommen, für mich ist es an der Zeit, meine diplomatische Rundreise fortzusetzen. Ich danke Euch, auch im Namen meines Vaters, des Kaisers, für Eure Gastfreundschaft und dafür, dass Ihr so treu zum Hause der Staufer steht. Ich bin tief in Eurer Schuld und bedaure, dass ich an der Taufe Eures Sohnes nicht mehr teilnehmen kann. Nehmt dieses Geschenk als Zeichen meiner Hochachtung und Wertschätzung.«
Er gab Chassim einen Wink, der ans Bett vortrat, mit einem Kästchen in den Händen, das er nun feierlich öffnete und präsentierte. Es enthielt einen silbernen Armreif mit Edelsteinen. Ottgild reichte das Kind an die Amme weiter, griff nach dem Armreif, der auf schwarzem Samt gebettet war, und sah ihn bewundernd an.
»Er ist wunderschön. Darf ich ihn mir anlegen?«, fragte sie.
Der König antwortete: »Ich bitte darum. Er gehört Euch.«
Vorsichtig nahm Ottgild den Armreif aus dem Kästchen und streifte ihn über ihr Handgelenk.
Alle blickten auf die Gräfin, die den Armreif glücklich betastete und schließlich die Augen auf den jungen König richtete.
»Majestät«, sagte sie, »ich danke Euch und wünsche Euch von ganzem Herzen, dass ihr Euer großes Ziel, das Reich zu einen, zu einem erfolgreichen Abschluss bringt. Wir, mein Gatte und ich, werden alles tun, um Euch dabei zu unterstützen.«
Bei
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