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Das Geheimnis der Monduhr: Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Monduhr: Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Monduhr: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Brooke
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zärtlich und so sorglos wie immer, und ausnahmsweise hatte Holly keine Gewissensbisse. Sie hatte alles vollkommen verdrängt, und wenn sie jemanden belog, dann sich selbst. Es ging ihr gut, sie hatte kein Bedürfnis, eine Erklärung für die Vorkommnisse zu finden, sie hielt sich an ihren Fünfjahresplan, und wenn sie ihn eines Tages erfüllt hatte, würde sie amüsiert an ihre unliebsame Begegnung mit dem Wahnsinn zurückdenken.
    Holly blieb die meiste Zeit sich selbst überlassen. Billy hatte den Wintergarten so weit fertig gestellt und war anderweitig beschäftigt, während der Putz trocknete. Sam Peterson hatte Kontakt mit ihr aufgenommen und machte Druck wegen der versprochenen Stücke für die Galerie. Holly sagte ihm zu, die Sachen in Kürze zu liefern. Sie war heilfroh, wenn sie im Atelier zu tun hatte und sich auf die Arbeit konzentrieren konnte, vor allem, wenn diese nichts
mit Mutterschaft zu tun hatte. Mrs Bronsons Auftrag musste warten.
    Erst am Sonntag nach Vollmond war es vorbei mit der seligen Abgeschiedenheit. Das gewohnte Sonntagsfrühstück mit Jocelyn stand an. Holly dachte nicht im Traum daran, ihr abzusagen, sondern gab sich stattdessen besondere Mühe, ein perfektes Bild abzugeben. Sie beschloss, für Jocelyn einen Kuchen zu backen. Was gab es Alltäglicheres als einen Kuchen zu backen? Sie setzte das künstliche Lächeln auf, das ihr schon zur zweiten Natur geworden war und nicht einmal im Schlaf verschwand, wie sie vermutete.
    Eine halbe Stunde, bevor Jocelyn eintreffen sollte, war der Kuchen im Ofen, und Holly bereitete die Karamellfüllung vor. An diesem Kuchen hatte sie sich schon einmal unter den wachsamen Augen ihrer Schwiegermutter versucht, aber Diane hatte, um ehrlich zu sein, den größten Teil selber gemacht. Bei ihr hatte alles so einfach ausgesehen, doch als Holly einen Augenblick nicht aufpasste, kochte die Füllung über, und der ganze Kuchen war hinüber.
    Als Jocelyn eintraf, fand sie Holly zusammengekauert in einer Ecke der Küche, mit hochgezogenen Knien, den Kopf in den Armen vergraben. Tagelang hatte sie versucht, die Augen vor der Zukunft zu verschließen, und als ihr jetzt auch noch die Gegenwart den Kampf ansagte, flüchtete sie in die Vergangenheit.
    Erinnerungen an die Kindheit stürzten auf sie ein und versetzten sie zurück in eine Zeit, als es für sie der Normalzustand war, in einer Ecke zu kauern. Meistens,
um den Auseinandersetzungen ihrer betrunkenen Eltern aus dem Weg zu gehen, aber auch aus anderen Gründen. Holly hatte schnell gelernt zu verschwinden, wenn wieder eine Party ihrer Mutter aus dem Ruder lief. Manchmal nahmen diese Partys jedoch tagelang kein Ende, und es blieb ihr nichts anderes übrig, als ihr sicheres Versteck im Kinderzimmer zu verlassen, nach unten in die Küche zu schleichen und sich etwas zu essen zu holen. In der Regel hatte sie Glück, aber wenn sie in das Blickfeld ihrer Mutter geriet, kam das bunte Treiben schlagartig zum Stillstand und ihre betrunkene Mutter kam ihr torkelnd entgegen. Die Gäste hielten sie für die fürsorgliche Mutter, die sich um ihre Tochter kümmerte, doch die Hand, die Holly packte, grub sich in ihren Arm, und der lauernde Blick ihrer Mutter konnte die Wut kaum verbergen. Mit gedämpfter Stimme fiel sie über das verstörte Kind her und überschüttete es mit wüsten Beschimpfungen. Holly flehte ihre Mutter an loszulassen, aber sie ließ erst locker, wenn Holly weinte. Dann durfte sie sich in eine Ecke kauern, und ihre Mutter mischte sich wieder lachend unter die Gäste. Ihr Kind hätte einen Fehler und würde neuerdings in die Hose machen, ob man so was nicht umtauschen könne. Brüllendes Gelächter brandete auf. Holly kämpfte in ihrer Ecke weiter mit den Tränen, bis sich schließlich jemand erbarmte, meistens ein Gast, nie ihre Eltern, sie an die Hand nahm und ihr einen Fluchtweg zeigte. Holly rannte dann nach oben in ihr Zimmer, zog sich ein Kissen über den Kopf, um den Lärm und vor allem das Gelächter nicht mehr hören zu müssen.
    Aber was sie jetzt hörte war kein Gelächter, sondern
eine vertraute, freundliche Stimme, und eine Hand streckte sich ihr entgegen, um ihr auf die Beine zu helfen.
    »Holly? Was ist denn mit dir passiert?« Jocelyn wirkte besorgt.
    Holly hob hilflos den Kopf, doch als sie der alten Dame in die Augen sah, fühlte sie sich unwillkürlich in Sicherheit, zumindest für den Augenblick, und konnte die Vergangenheit abschütteln. Sie brachte sogar ein Lächeln zustande, als sie

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