Das Geheimnis der Monduhr: Roman (German Edition)
Familiengeschichte ausgelöscht. Das ganze Anwesen sah aus, als hätte man es seinem Schicksal überlassen, bis auf ein kleines Stück, wie Edward entsetzt feststellte, das offenbar immer noch gepflegt wurde. Der Familienfriedhof war instand gesetzt, ein neues Grab aufgeschüttet. Auf dem Grabstein stand der Name seiner Frau und der seines Sohnes, der Todestag war derselbe. Er lag nicht einmal ein Jahr in der Zukunft.
Monatelang versuchte Edward die mögliche Ursache des Feuers zu finden, aber es war vergebens. Die Monduhr
führte ihn immer wieder an die leblose Stätte, ohne ihm den leisesten Wink zu geben, wie er seine Familie vor der Tragödie bewahren konnte. Er begriff, dass er Hilfe brauchte, einen Menschen, den es auch noch in der Zukunft geben und der bei der Monduhr auf ihn warten und die entscheidende Verbindung zwischen Gegenwart und Zukunft herstellen würde. Natürlich hätte er die Rolle selber übernehmen können, denn er hatte das Feuer überlebt, doch Edward war weder willens noch in der Lage, sich selbst in der Zukunft gegenüberzutreten. Er zog stattdessen Mr Andrews, den Gärtner, ins Vertrauen, dessen Familie seit Generationen auf dem Anwesen arbeitete. Mr Andrews gelang es, Edward bei seinem nächsten Ausflug in die Zukunft zu begleiten. Mr Andrews hatte die Tragödie auch überlebt und konnte Edward Auskunft darüber geben, dass das Feuer von einem Defekt in den veralteten elektrischen Leitungen des Herrenhauses verursacht worden war.
Edward war mit den Gesetzen der Monduhr bestens vertraut. Er wusste, dass es kaum möglich war, den Weg, der seiner Familie vorgezeichnet war, zu verändern, aber er versuchte es trotzdem. Er traf alle erdenklichen Vorkehrungen, um das Feuer zu verhindern, und ließ nicht nur die gesamten elektrischen Leitungen des Hauses erneuern, sondern installierte auch Rauchmelder und Sprinkleranlagen. Das nötige Geld dafür verschaffte er sich durch geschickte Wetteinsätze bei Pferderennen, wobei er sich die Informationen zunutze machte, mit denen ihn der treue Mr Andrews ausrüstete. Der begleitete ihn nämlich fortan bei seinen Zukunftsvisionen und tat alles, was der Rettung der Hardmontons diente.
Jeder neue Blick in die Zukunft bestätigte, dass alle Vorsicht umsonst war. Edwards Einmischung hatte nur unwesentliche Veränderungen an den Ruinen bewirkt, was einzig und allein bewies, dass die Ursache des Feuers sich zwischenzeitlich geändert hatte, die Zerstörung aber die gleiche war. Zu allem Unglück wurde das Vermögen, das Edward für die Renovierung angehäuft hatte, durch einen überraschenden Steuerbescheid zunichtegemacht. Neue Bemühungen, Geld zu beschaffen, schlugen ebenfalls fehl. Die Monduhr erlaubte es ihren Benutzern nicht, das Schicksal einfach abzuwenden, und dazu gehörte auch der finanzielle Ruin der Hardmontons. Der Weg war vorgezeichnet, die Monduhr war unerbittlich.
Edward wollte sich nicht geschlagen geben, deshalb plante er, mit seiner Familie zu fliehen und das Land zu verlassen. Das Herrenhaus war dem Untergang geweiht, Edward konnte nichts daran ändern, aber seine Familie wollte er rechtzeitig retten. Wieder waren seine Rettungsversuche erfolglos. Mr Andrews konnte immer wieder nur berichten, dass irgendein anderes Unglück seine geliebte Frau und seinen Sohn getroffen hatte.
Die Gesetze der Monduhr waren streng, und sie ließen Edward keine Ruhe. Leben gegen Leben, das war die grausamste Regel. Das Schicksal forderte zwei Leben von ihm, aber er hatte nur eins zu geben. Es war unmöglich, beide zu retten, seine Frau und seinen Sohn.
Edward fing an, die Monduhr zu hassen, die ihn an den Rand des Wahnsinns gebracht hatte, und war fest entschlossen, sie zu zerstören. Aber trotz seiner Abscheu brachte er es nicht übers Herz. Er überließ es Mr Andrews,
dem Gärtner, über das Schicksal der Monduhr zu bestimmen. Inzwischen klammerte sich Edward an die trügerische Hoffnung, dass die Vision ein Irrtum sei.
Erst im letzten Eintrag seines Tagebuchs, am Tag, bevor das Feuer ausbrach, hörte Edward auf, mit seinem Schicksal zu hadern.
Ich habe mich oft gefragt, warum mein Ururgroßvater das Werk, für das er seine Karriere und sein Ansehen geopfert hat, verfallen ließ. Ich weiß nun, was schon Charles Hardmonton auf seinem Totenbett gewusst haben musste. Es ist nicht gut, wenn der Mensch sich in sein Schicksal einmischt. Es ist eine unerträgliche Last, in die Zukunft blicken zu können und hinnehmen zu müssen, dass der Weg vorgezeichnet
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