Das Geheimnis der Perle
wunderschönen Locken ihren Traum von einer besseren Zukunft sichern konnte. Mochte Sebastian auch seine Pläne mit ihr haben –sie wollte sich einen Mann suchen, der sie von Broome fortbringen würde.
Jetzt, Monate später, zweifelte sie allmählich daran, dass sie diesen Mann tatsächlich finden würde. Als sie nun sah, wie ihre Eltern aus der Kutsche stiegen und zum Bungalow gingen, beschloss sie, nicht zu schmollen. Ihr Vater war ohnehin nie gut auf sie zu sprechen, und es hatte keinen Sinn, noch mehr Öl ins Feuer zu gießen.
„Hattest du einen schönen Nachmittag?“, fragte sie ihre Mutter mit angespanntem Lächeln.
Jane Somerset rümpfte die Nase. „Das kann man nicht behaupten.“
„Wie schade.“ Viola bot ihrer Mutter den Arm, um ihr die Stufen hinaufzuhelfen. Wie immer trug Jane ihr altmodisches Korsett so eng geschnürt, dass sie sich kaum bewegen konnte.
Sebastian nahm den Hut ab. „Viola, ich kann es nicht gutheißen, dass dein Kleid in dieser Weise ausgeschnitten ist.“
„Ach nein?“, fragte sie süßlich. „Würdest du vorziehen, dass es noch weiter ausgeschnitten ist?“
„Ich würde es vorziehen, wenn du so mit mir redest, wie es sich für eine Tochter ihrem Vater gegenüber ziemt.“
„Und ich würde es vorziehen, wenn du mich nicht für jede Kleinigkeit kritisierst.“ Viola warf ihre Locken zurück. „Es ist doch niemand da, der mich sehen kann. So wie immer.“
„Und was ist mit dem jungen Freddy Colson? Er ist doch wohl oft genug hier.“
Doch Freddy Colson war nicht das, was Viola sich als Mann vorstellte, im Gegensatz zu ihrem Vater. Für ihn war sein Assistent der ideale Schwiegersohn, da er alles daransetzte, Somersets Profit noch zu steigern. Viola nahm an, dass er nur von Pfunden und Schillingen träumte.
Aber sie war sicher, dass Freddy weder von ihr noch von irgendeiner anderen Frau träumte.
„Ich werde Freddy nicht heiraten, ganz egal, wie sehr er sich um Somerset and Company bemüht“, sagte Viola. „Wenn ich tatsächlich einen Mann von hier heiraten würde, dann nur einen, der die Stadt verlassen will.“
„Wenn du das machst, werde ich dich enterben.“
„Dann kann ich mich ja nur glücklich schätzen.“ Damit wandte sie sich ab. Sie war wütend auf ihre Mutter, die geschwiegen hatte, noch wütender auf sich selbst, weil sie sich hatte provozieren lassen. Aber die größte Wut galt ihrem Vater, der entschlossen war, ihr Leben zu zerstören.
Archers Bett war zwar hart und schmal, aber besser als all das, worauf er in den letzten Wochen geschlafen hatte. Die Bettwäsche war sauber, und der dünne Baumwollvorhang am Fenster hielt die Moskitos ab und ließ trotzdem die angenehm kühle Nachtluft herein. Zunächst hatte er tief und fest geschlafen, aber als der Morgen dämmerte, hatte ihn irgendetwas geweckt. Angespannt und wachsam lag er nun da.
Zunächst konnte er nichts Ungewöhnliches hören, das ihn hätte aus dem Schlaf reißen können.
„Nein, nicht, Linc. Ich will nicht mit dir kämpfen. Sei doch kein Idiot …“ Die gemurmelten Worte kamen aus Toms Mund, der sich ruhelos in dem Bett neben Archer herumwarf. „Linc … nein …“
Jetzt wusste Archer, was ihn geweckt hatte. Im ersten Jahr nach dem Krieg waren Toms Albträume oft so schlimm gewesen, dass er ihn zu dessen eigener Sicherheit geweckt hatte.
Archer hatte damals Tom das Leben gerettet und ihm dann gesagt, dass er das Land verlassen würde.
„Dann komme ich mit“, erklärte Tom. „Meine Familie wird uns nicht helfen, aber ich habe Geld gespart. Wenn wir uns zusammentun, können wir uns irgendwo ein neues Lebenaufbauen. Und selbst wenn ich nicht die ganze Zeit bei dir bleibe, könnte ich dir zumindest für den Anfang helfen.“
Archer, der wusste, dass zu einem neuen Leben vor allem Bares gehörte, stimmte nur zu gerne zu.
Nachdenklich starrte Archer in die Dunkelheit. Schon seit Jahren versuchten sie nun erfolglos ihr Glück. Und Archer war es müde, sich durch die Welt zu prügeln und sich allein auf seinen Verstand und Toms Erspartes zu verlassen. Genau wie sein Vater wollte auch er eine Dynastie aufbauen. Er wollte Land, Söhne und eine Viehherde, die so groß war, dass sie mit dem Auge nicht mehr erfasst werden konnte.
Hier in Australien gab es genügend Land zum erschwinglichen Preis. Er musste nur einen Pflock kaufen und Land pachten. Den Rest würde er mit Schweiß und Köpfchen schaffen.
Er brauchte eine Braut aus reicher Familie. Und er brauchte eine Perle, damit
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