Das Geheimnis der Perle
ein ganzes Leben vor uns, um die Dinge klarzustellen. Jetzt sollten wir nur glücklich sein, dass wir einander wiedergefunden haben.“
Sie entzog ihm die Hände, die er immer noch umklammert hatte. „Wenn ich von Kalifornien weggehe, verliere ich alles, was ich mir erarbeitet habe. Mein Haus, meinen Job …“
„Aber du könntest doch hier arbeiten. Das, was du am liebsten machst: Schmuck.“
„Seit ich dich verlassen habe, habe ich nicht ein Stück entworfen.“
Obwohl er es nicht gewusst hatte, hatte er so etwas vermutet. „Und warum nicht?“
„Ich hatte keine Zeit mehr für Hobbys.“ „Hobbys? Du bist eine Künstlerin.“
„Nicht mehr.“
Cullen hörte, dass er nur Falsches sagte, aber er wusste nicht, was das Richtige war. „Ich kann für Matthew und dich sorgen. Du brauchst keinen Job, und du hättest ein Zuhause. Hier, wo du hingehörst.“
„Du vergisst eine Sache.“
Er wusste, dass sie recht hatte, aber er wollte jetzt nicht darüber sprechen. Stattdessen zwang er sich zu einem Lächeln. „Bleib heute Nacht hier bei mir, Lee. Keine Versprechen, keine Verpflichtungen. Schlaf nur neben mir.“
Sie nickte, und er zog sie in seine Arme. Sie drehte ihm ihren Rücken zu, und er küsste ihr Haar. „Alles wird gut werden, Lee.“
Liana löste sich nicht von ihm, doch selbst als er in den Schlaf hinüberglitt, spürte er, wie sie dalag, steif und hellwach in seinen Armen.
Im Halbschlaf spürte Liana, wie Cullens Hand ihre Brust berührte. Verlangen durchflutete sie. Sie drehte sich zu ihm, bevor ihr klar wurde, was sie tat. Und dann liebten sie sich mit vertrauter Entspanntheit, wie es nur zwei Liebende können, die eine gemeinsame Geschichte haben.
„Ich liebe dich“, flüsterte er in ihre Haare, ehe er wieder einschlief.
Ihr Körper hatte Befriedigung gefunden, aber in ihrem Herzen tobten zu viele Gefühle, um ihm ins Reich der Träume folgen zu können. Wach lag sie da und betrachtete ihn in der Morgendämmerung. Er war älter, aber noch genauso begehrenswert. Ein Mann, den die schwere Zeit stärker und selbstbewusster gemacht hatte.
Und wer war sie selbst? Eine Frau, die wusste, was sie wollte, aber die zu große Angst hatte, es sich zu nehmen. Mit ihrem Platz bei Pacific International hatte sie Sicherheit gewonnen und eine beneidenswerte Zukunft für ihren Sohn.
Aber was hatte sie verloren? Was würde sie verlieren, wenn sie nicht ihrem Herzen folgte?
Als es anfing, hell zu werden, schlüpfte sie aus dem Bett, magisch angezogen von dem Raum, den sie bis jetzt nicht betreten hatte. Wie erstarrt stand sie wenig später vor ihrem Studio, die Hand am Türknauf.
„Geh doch rein.“
Bei Cullens tiefer Stimme zuckte sie zusammen und ließ die Hand fallen.
„Mach die Tür auf!“, drängte er.
Sie konnte sich nicht weigern, ohne dass er den Respekt vor ihr verlieren würde. Schweigend öffnete sie die Tür und machte das Licht an.
„Ich habe es nicht übers Herz gebracht, all das hier wegzupacken“, sagte er und blieb in der Tür stehen, während Liana hineinging. „Zuerst wollte ich mir hier ein Büro einrichten, aber als es dann so weit war, konnte ich es nicht.“
Das Studio sah genauso aus, wie sie es verlassen hatte. Liana wusste nicht, was sie erwartet hatte. Zehn Jahre waren vergangen, die Technik hatte sich weiterentwickelt. Und trotzdem konnte sie mit all dem, was dieser Raum bot, wunderschönen Schmuck kreieren.
Wenn sie dazu noch in der Lage war.
Sie schüttelte den Kopf, während Trauer die Leere in ihrausfüllte. „Als ich diese Tür hinter mir geschlossen habe, habe ich mein Talent in diesem Raum zurückgelassen.“
„Bist du sicher?“ Er klang skeptisch.
Sie wusste, dass es so war. Sie hatte Angst vor ihrem Talent, vor dem Hochgefühl, das sie erfasste, wenn sie ihrer inneren Stimme vertraute.
Und sie hatte Angst davor, die Sicherheit der letzten zehn Jahre aufzugeben, die sie davor bewahrt hatte, ins Bodenlose zu stürzen.
Langsam drehte sie sich zu ihm. „Ich will das alles nicht mehr. Ich bin zu alt, und ich habe zu viel Angst.“ Sie schluck te schwer. „Du hast mir die Wahrheit gesagt, jetzt schulde ich dir das Gleiche. Ich muss bei Pacific International bleiben. Sonst verliere ich alles.“
„Was denn? Was verlierst du?“
Liana wandte den Blick ab. „Das Testament meines Vaters ist kompliziert. Aber auf den Punkt gebracht steht dort, dass ich bis zum Lebensende bestens versorgt bin, wenn ich bei Pacific International bleibe. Wenn ich
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