Das Geheimnis der Perle
sterbe, erbt Matthew alles. Sollte ich gehen, bekomme ich gar nichts, und Matthew muss sich das Unternehmen mit Graham und seinen Kindern teilen, falls er welche hat.“
„Das ist doch Erpressung.“
„Ja, so nennt man das wohl.“
„Und du hast dich freiwillig gefügt und dein Glück verspielt, das du hier hättest finden können? Bedeutet dir Pacific International denn so viel?“
„Es ist Matthews Zukunft.“
„Du hast eben gesagt, dass er einen nicht geringen Anteil bekommt, auch wenn du gehst. Und Matthew will zu mir nach Pikuwa Creek kommen, um hier zu arbeiten.“
„Matthew weiß noch nicht, was er will. Er ist erst vierzehn.“
„Er weiß genau, was er will. Das zeigt er uns gerade.“ Ertrat näher. „Was verschweigst du mir? Geht es um die Köstliche Perle?“
Sie sah sie vor sich, die perfekteste Perle der Welt. Sie schimmerte in ihrer Handfläche und ließ die Luft um sie herum flirren.
Cullen trat noch näher. „Er hat sie auch in seinen Plan mit aufgenommen, stimmt’s?“
Lange stand sie reglos da, ehe sie mit tonloser Stimme erklärte: „Als ich zurück nach San Francisco kam, war Thomas schon krank. Ein paar Monate später ist er dann gestorben. Er hat mich an sein Bett gerufen und mir erklärt, dass er mir die Perle nach seinem Tod nur überlassen würde, wenn ich zustimme, dass Matthew vor seinem achtzehnten Lebensjahr nie zu dir nach Australien darf. Er glaubte, du würdest Matthew dann festhalten, um im Gegenzug die Perle zu bekommen. Er meinte, schließlich wärest du auch nur ein Llewellyn …“
Stumm sah Cullen sie an.
„Seine Anwälte haben dafür gesorgt, dass sein Testament hieb- und stichfest ist. Falls ich zu dir zurückkehre, bevor Matthew achtzehn ist, oder falls Matthew vor seinem achtzehnten Lebensjahr zu Besuch hierherkommt, wird die Perle verkauft. Es geht mir dabei nicht um mich, Cullen. Vielmehr geht es darum, dass Matthew nie die Perle bekommen würde, für die sein Urgroßvater sein Leben verloren hat.“
„Falls du zu mir zurückkommst?“
„Ja“, sagte sie leise.
„Diese verdammte Perle!“, fluchte er. „Weiß Matthew davon?“
Liana hob die Schultern. „Ich weiß es nicht“, erwiderte sie zutiefst bekümmert. „Aber es wäre möglich.“
„Und wenn wir ihn gefunden haben, kehrst du wieder in dein altes Leben zurück, die Perle sicher im Safe versperrt, als wäre nichts gewesen?“
„Was soll ich denn sonst machen? Das bin ich Matthew schuldig.“
„Was du ihm schuldest, ist Liebe und dass er flügge werden kann, wenn die Zeit gekommen ist. Und du schuldest ihm einen Vater und eine Mutter, die einmal wusste, auf was es wirklich ankommt.“
„Die Perle ist seine Sicherheit. Damit kann er alles machen, was er will …“
„Es geht nicht um Matthew, Lee. Es geht um dich. Das verdammte Ding repräsentiert dein ganzes Leben. Du hast die Gratwanderung zwischen Freiheit und Sicherheit nie geschafft. Deine Mutter hat dir Freiheit ohne Sicherheit geboten, dein Vater Sicherheit ohne Freiheit.“
„Was hat meine Kindheit mit all dem zu tun?“
„Die Perle ist nur eine Laune der Natur. Aber eins hast du dabei vergessen: Am Ende ist die Perle für den Tod der Auster verantwortlich. So wie sie das Beste in dir zerstören kann.“
Er schwieg einen Moment. „Wenn sie es nicht schon getan hat.“ Damit drehte er sich um und verließ den Raum.
Sie wollte ihn zurückrufen und ihn daran erinnern, dass sie vor zehn Jahren keinen Grund hatte, ihm zu vertrauen. Sie wollte ihm erklären, dass sie sich nie auf Thomas’ Bedingungen eingelassen hätte, hätte sie gewusst, wie sehr er sich verändern würde. Und dass sie entsetzliche Angst hatte, ihrem Sohn nie genug geben zu können.
Aber sie tat es nicht. Weil das, was er gesagt hatte, auch stimmte. Sie hatte Matthew die Perle gesichert, aber er brauchte sehr viel mehr. Einen Vater, der bei ihm war. Und die Integrität seiner Mutter.
Irgendwo im Haus hörte sie ein Telefon klingeln. Und dann war Cullen plötzlich wieder bei ihr.
„Das war die Polizei von Derby.“
Alles andere war in diesem Augenblick vergessen. „Haben sie etwas gehört oder gesehen?“
Ausdruckslos sah er sie an. „Sie haben eine Leiche gefunden. Einen alten Mann namens Pete Carpenter. Jemand in der Stadt hat sich daran erinnert, dass ein älterer Mann und ein Junge gestern nachgefragt haben, wie sie zu Petes Haus kommen. Die Beschreibung passt auf Matthew. Und der Mann hat sich mit seinem Vornamen
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