Das Geheimnis der Perle
Plötzlich schlug ihr Herz schneller. „Woher weißt du das?“
„Ich kenne Matthew.“
„Hat er dir gesagt, was er vorhat?“, fragte Liana scharf. „Du hast es die ganze Zeit gewusst?“
„Ich habe euch alles gesagt.“
Fest umklammerte Liana den Hörer. „Du hast uns nurvon Jimiramira erzählt und von Bryce.“
„Ich habe euch die gleiche Geschichte erzählt wie eurem Sohn.“
„Wo ist Matthew, Tante? Ich muss es wissen.“
„Ist er in Schwierigkeiten?“, fragte Mei nun besorgt.
Liana wollte ihre alte Tante nicht aufregen. „Cullen und ich wollen nur sichergehen, dass es ihm gut geht.“
„Du willst … die Perle.“
„Nein!“ Sie schluckte. „Ich will nur meinen Sohn.“
Wieder war es still, dann sagte Mei: „Ich kann mich zwar nicht mehr erinnern, was ich zu Abend gegessen habe, aber ich weiß, wo die Perle gefunden wurde. Wie könnte ich das vergessen.“ Sie stockte. „Der Ort heißt Graveyard. Der Junge muss es tun. Ihm passiert nichts.“
„Ich hoffe, du hast recht“, murmelte Liana. „Aber sag bitte niemandem, dass ich angerufen habe und wo ich bin. Auch nicht, dass Matthew in Australien ist.“
Liana fand Cullen in der Kantine, wo gerade das Mittagessen beendet wurde. Als sie ihm von dem Gespräch mit Mei erzählte, sah er plötzlich sehr besorgt aus.
„Graveyard? Bei der Cygnet Bay?“
„Du kennst das Gebiet?“
Er nickte. „Zu viele Taucher sind dort schon gestorben.
Letztes Jahr hätte ich dort fast selbst einen verloren. An einen Hai, der doppelt so groß war wie er.“
Nachdem sie ein paar Sachen gepackt hatten, flog einer von Cullens Piloten sie nach Yampi Sound, Cullens zweiter Perlenfarm, die auf einer Insel lag. Von dort war es nicht mehr ganz so weit zum Graveyard; sie wollten mit einem Boot hinausfahren.
Die Robinette lag am Pier schon für sie bereit, ein kleines Versorgungsschiff, das sie am schnellsten zu ihrem Ziel bringen würde.
„Kommt Ellis mit?“, fragte Liana und deutete auf den Piloten. „Vielleicht brauchen wir ihn noch.“
Cullen wusste, dass sie damit nicht eine zusätzliche Hilfe auf dem Boot meinte. Er hatte überlegt, Ellis oder einen der anderen Männer zu fragen, aber er wusste nicht, was sie draußen auf dem Meer vorfinden würden. Und er wollte nicht für eine weitere Person die Verantwortung übernehmen müssen.
Er wollte keinen weiteren Zeugen.
„Du hast doch sicher eine Waffe dabei“, sagte Liana, nachdem sie an Bord gegangen waren. „Hast du für mich auch eine?“
„Wann hast du denn schießen gelernt?“
„Kurz nachdem ich wieder in San Francisco war.“
„Ich habe nur die 38er und ein Gewehr, unten in der Kabine. Wenn wir auf See sind, kannst du damit üben.“
Matthew hatte gerade zwei Dosen Rinderschmortopf aufgewärmt. Jetzt ging er damit nach oben zu Roman, der für die Nacht den Anker ausgeworfen hatte.
Roman saß mit geschlossenen Augen da. Ein Anflug von schlechtem Gewissen durchzuckte Matthew. Sein Großvater war offensichtlich erschöpft von ihrer abenteuerlichen Reise.
Schweigend aßen sie eine Weile, dann sagte Matthew: „Vielleicht sind wir weit genug gesegelt. Wir müssen ja nicht die genaue Stelle finden. Wir werfen die Perle hier ins Meer, dann ist es vorbei.“
„Das Gleiche habe ich mir auch schon gedacht – schließlich ist es nur eine Perle. Sie hat keine Zauberkräfte. Sie strahlt nur das aus, was andere in ihr sehen.“
Matthew starrte in die Dunkelheit. „Ich weiß, dass sie sehr wertvoll ist. Aber ich will mir nie wieder Gedanken um die Perle machen müssen. Ich will selbst entscheiden, werich bin und was ich tun möchte, ohne dabei an die Perle denken zu müssen.“
Roman schwieg einen Moment. „Dann sollten wir die richtige Stelle suchen, damit du endlich Frieden findest.“ Er lächelte. „Und du entscheidest, wann du sie endgültig verschwinden lassen willst.“
35. KAPITEL
W ährend Liana zwei große Schildkröten beobachtete, die neben ihrem Boot schwammen, meinte Cullen: „Wir werden bald beim Graveyard sein.“
Den ganzen Morgen hatte Liana Ausschau nach einem anderen Boot gehalten, doch soweit sie sehen konnte, lag das bewegte Wasser des King Sound verlassen da. Die grauen Wolken, die einen Sturm ankündigten, erschwerten die Suche noch. Das Meer und die Insel verschmolzen zu einer grauen Masse, während die Wellen immer höher schlugen.
Cullen, der Lianas besorgten Blick gesehen hatte, versuchte sie zu beruhigen. „Matthew und Dad geht es gut.“
Doch Liana
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