Das Geheimnis der Perle
wissen, dass du die Perle genommen hast. Du wolltest uns allen helfen, indem du sie hier verschwinden lässt. Ich vermute, sie ist inzwischen fort.“
Matthew tauschte einen Blick mit seinem Großvater. „Sie ist weg. Wir …“ Donnergrollen schnitt ihm das Wort ab.
„Nein, sie ist nicht weg“, erklärte Roman, als der Donner verebbt war. „Ich habe sie“, sagte er zu Cullen. Dann wandte er sich an Matthew. „Jetzt gilt es, aufrichtig zu sein.“
Matthew wurde blass. „Aber du hast gesagt, ich kann entscheiden, wann …“
Roman griff in seine Brusttasche und nahm ein winziges Schmuckkästchen heraus. „Deine Mutter hat immer ihre Ringe darin verwahrt, wenn sie das Haus geputzt hat“, sagte er zu Cullen. Er hob den Deckel. Die Köstliche Perle lag darin, auf einem winzigen Stück Leinen, und schimmerte in ihrer ganzen Schönheit.
Roman lächelte nicht. „Der Junge ist abergläubisch, ich wohl auch. Joan war eine gute Frau. Ich dachte, wir könnten ihren Segen brauchen.“
Liana sah, dass Roman die Perle zwischen Daumen und Zeigefinger nahm. Doch er gab sie nicht ihr, sondern drehte sich um. „Streck deine Hand aus, Matthew.“
Matthew sah ihn mit großen Augen an.
„Lass es, Dad“, bat Cullen. „Er ist erst vierzehn. Du kannst nicht erwarten, dass er so eine Entscheidung schon treffen kann.“
„Streck deine Hand aus, Matthew“, sagte Roman noch einmal.
Matthew sah seinen Vater an, dann seinen Großvater. Schließlich streckte er die Hand aus, die Handfläche nach oben. Das Boot schaukelte auf und ab, während Blitze inder Ferne den bleigrauen Himmel durchschnitten. Matthews Hand zitterte.
„Die Perle gehört dir, Junge. Schließlich hast du sie hierhergebracht. Und es ist deine Entscheidung.“ Roman legte die Perle in Matthews Hand und schloss dessen Finger darum. „Möge Gott dir beistehen.“
Liana wagte nicht zu atmen. Würde Matthew die Perle ins Meer werfen, wäre sie für immer verloren.
Reglos stand Matthew da. „Sie bringt die größte Schwäche bei dem ans Licht, der sie besitzt“, sagte er. „Bei dir wurde es immer schlimmer, Mom. Du konntest kaum noch aus dem Haus gehen. Und du warst sehr unglücklich …“
Liana spürte, dass ihr Tränen über die Wangen liefen. „Aber nicht wegen der Perle, Matty.“
„Du hast vieles nur wegen der Perle getan. Deswegen bist du bei Pacific International geblieben, obwohl du die Arbeit dort hasst.“
Sie fragte sich, ob er auch wusste, dass sie ihn wegen der Perle von Australien und seinem Vater ferngehalten hatte.
Die ersten Regentropfen prasselten auf das Deck. Matthew ballte die Hand zur Faust, bis seine Knöchel weiß hervortraten. „Ich habe ein paar Schmuckstücke von dir gesehen, Mom. Und Dad hat mir gesagt, dass es dir großen Spaß gemacht hat, sie zu entwerfen.“
„Wenn du die Perle ins Meer wirfst, beweist du damit nur, dass du deiner Mutter nicht vertraust“, rief Cullen. „Alles, was du ihr damit sagst, ist, dass du sie für nicht stark oder klug genug hältst, um auf sich aufzupassen. Aber sie ist beides! Deine Mutter wird ihren Weg gehen, ganz egal wie.“
Seine Worte klangen, als würde er ihr Anerkennung zollen. Aber Liana wusste genau, was Cullen damit meinte.
„Ich glaube an dich“, sagte Matthew zu ihr. „Aber du kannst die Perle nicht kontrollieren. Sie ist böse.“
„Meinst du wirklich zu wissen, was das Richtige für andereist, Matthew?“, sagte Cullen. „Ist das vielleicht deine größte Schwäche? Hat die Perle das bei dir zum Vorschein gebracht, als du sie gestohlen hast?“
Gequält sah Matthew ihn an, während das Boot heftig im Wasser schaukelte. Liana hielt sich mit einer Hand an der Rettungsleine fest, während sie die andere langsam ausstreckte. „Es ist nicht deine Entscheidung.“ Trotz des Donners sprach sie leise, als wollte sie einen jüngeren Matthew beruhigen. „Du willst mich beschützen, und auch dafür liebe ich dich. Aber das kannst du nicht. Denn im Grunde sind wir alle für uns selbst verantwortlich, ganz egal, wie sehr die Menschen, die uns lieben, helfen wollen.“
„Ich hasse sie!“ Seine Stimme klang erstickt vor Tränen.
„Es ist eine Perle“, sagte Roman. „Nur eine Perle. Sie ist weder gut noch schlecht. Eine Perle, die die Menschen dazu inspiriert, sich wie Narren zu verhalten oder zu töten. Das ist alles, Junge. Vielleicht kannst du das jetzt ändern – aber nicht, indem du sie ins Meer wirfst.“
Matthew schluckte schwer. Liana hätte ihn am
Weitere Kostenlose Bücher