Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman
nicht sein, eine gewisse Bewachung musste ja gewährleistet bleiben.
Florís entschied schließlich, dass Gerlin sich irgendwo zwischen Soldaten und Versorgungswagen befinden musste. Er wandte sich an seine Leute.
»Hört zu, meine Herren, ich werde mir das jetzt mal ansehen. Wenn sie das nächste Mal halten, schleiche ich mich ein. Da unten sind Hunderte von Rittern, die können sich nicht alle kennen. Was Euch angeht, so bleibt Ihr in der Nähe - außer Justin und Rüdiger, die reiten so schnell wie möglich zurück zum König. Berichtet ihm von den Truppenbewegungen, das Heer zieht Richtung Fréteval, und wie es aussieht, ist es völlig unzureichend gesichert. Wenn Herr Richard es schafft, soll er angreifen - dies ist die Gelegenheit!«
»Wo ist denn überhaupt König Philipp?«, erkundigte sich Guillaume, ein junger normannischer Ritter, und spähte angestrengt in die Menge der dahinziehenden Franzosen. »Ich seh die Standarte nirgends. Kann es sein, dass der nicht dabei ist?«
»Eigentlich nicht möglich, aber ein führerloses Heer wäre ein noch besseres Ziel«, beschied ihn Florís. »Ich finde das alles heraus, wenn ich unten bin. Also, packt Euch!«
Justin und Rüdiger setzten ihre Pferde in Galopp, Letzterer etwas unwillig. Er wäre lieber bei Florís geblieben und hätte geholfen, seine Schwester zu befreien, aber er schätzte, dass sein Waffenmeister ihn eben deshalb wegschickte. Florís tadelte ihn stets wegen seiner mangelnden Bedachtsamkeit und seines Draufgängertums. Wahrscheinlich befürchtete er, Rüdiger könnte zu früh angreifen und die Ritter verraten. Überhaupt hatte er ihn unter größter Strenge zum Stillschweigen über seine verwandtschaftlichen Beziehungen zu den Geiseln verpflichtet.
»Ich weiß nicht, was Eure Schwester da tut und vorgibt, Herr Rüdiger, wir müssen das erst herausfinden. Aber sie spielt ein gefährliches Spiel, und zumindest Ihr solltet darin nicht involviert werden. Also tut zumindest vorerst, als ob Ihr die Dame nicht kennen würdet!«
Nun, das hatte sich jetzt ja erledigt. Ungehalten, weil er sich um einen Kampf gebracht fühlte, folgte Rüdiger seinem Waffengefährten Justin, während die anderen Ritter um Florís dem Heer langsam hinterherritten. Es lagerte erst gegen Mittag, aber dann war es einfach, sich dem Tross zu nähern. Die Huren und Gaukler im Anhang der Streitmacht versammelten sich in einem Wäldchen, und Florís konnte sich an den Versorgungswagen leicht von hinten anschleichen: ein Ritter, der die Pause zu einem kurzen Besuch bei einem Mädchen oder einem Bader genutzt hatte. Gelassen holte er sich eine Portion Eintopf aus einem der Küchenwagen und fragte beiläufig nach der Geisel.
»Soll ja ein schönes Mädchen sein«, bemerkte er.
»Reicht's Euch noch nicht?«, erkundigte sich der Koch mit schiefem Grinsen. Er hatte Florís aus Richtung der Marketenderinnen kommen sehen. »Mir ein Rätsel, dass Ihr darauf noch Lust habt, nach all den Stunden im Sattel. Mir schmerzt schon der Hintern, wenn ich nur im Wagen hocke. Die Geisel hab ich aber auch noch nicht gesehen - die ist ja was Besseres, die wird von ihrer Zofe sogar selbst bekocht ...«
Eine Zofe? Florís wunderte sich. »Wird wahrscheinlich auch schwer bewacht«, mutmaßte
er.
Der Koch schüttelte den Kopf. »Nö. Aber man munkelt, der König habe die Königshure und ihr Balg in seinem Tross mitgenommen. Hauptsache, sie läuft ihm nicht noch weg. Ist ja ein herrliches Druckmittel gegen den Plantagenet. Mit ein bisschen Glück tauscht er sein Liebchen gegen die Normandie.«
Die Männer um den Küchenwagen herum johlten und lachten. Sie brannten zweifellos alle darauf, den Feldzug baldmöglichst zu beenden. An diesem Tag allerdings war die Stimmung im Heer hervorragend. Soldaten und Ritter schienen froh darüber, in die Krondomäne zurückzudürfen.
Florís jedenfalls verabschiedete sich so bald wie möglich von der fröhlichen Runde um den Küchenwagen und führte sein Pferd weiter nach vorn, an den Versorgungswagen vorbei. Zwischen dem Tross und den Fußsoldaten, die sich einfach auf die Straße gesetzt hatten und schnell ihr karges Mahl verzehrten, hielt ein kleiner Planwagen. Auf dem Bock teilten sich ein blonder junger Mann mit einem länglichen Gesicht und ein außergewöhnlich schönes, leicht verschleiertes Mädchen Brot und Käse. Der Mann kam Florís vage bekannt vor, aber von Herrn Salomon fand er keine Spur.
Florís beschloss, vor den offensichtlichen Bediensteten kein
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