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Das Geheimnis der Puppe

Das Geheimnis der Puppe

Titel: Das Geheimnis der Puppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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Vormittag hörte ich Lauras Stimme, die unentwegt erklärte, Worte vorsprach. Ende Oktober bekam sie zum erstenmal Antwort. Zuerst nur ein einziges Wort, durchaus verständlich:»Mama«, Annas Stimme war hell und so sanft wie sie selbst.
    »Nein«, sagte Laura.
    »Ich bin nicht Mama. Ich bin Laura. Versuch es einmal, sag Lau-ra.«
    Mittags war sie voller Begeisterung, führte ihren Erfolg vor wie eine kleine Zirkusnummer. Sie drückte den Finger gegen ihre Brust, schaute das Kind flehend an.
    »Sag Tom, wer ich bin, Püppchen. Du kannst es doch so fein. Sag es nur einmal, Lau-ra.«
    Danny blickte ebenso gespannt und erwartungsvoll wie ich. Anna hatte nur Augen für Laura. Dann sprach sie tatsächlich ihren Namen nach. Und Laura riß sie vom Stuhl hoch, drückte sie an sich, küßte sie, weinte fast.
    »Habe ich es dir nicht gesagt, Tom? Man muß sich nur Mühe geben mit ihr.«
    Nachmittags erteilte Danny noch ein wenig Sprachunterricht. Er ging etwas pragmatischer vor.
    »Das ist ein Bilderbuch. Siehst du die vielen Bilder? Das ist ein Pferd, und hier sind Kühe.«
    Sie spielten in seinem Zimmer. In Dannys Stimme hinein klang immer wieder ein helles:»Da.«
    Und noch eine Woche. Jeden Morgen stieg Anna an meiner Hand die Treppe hinauf, wartete in meinem Zimmer auf Lauras Rückkehr. Schaute sich vom Fenster aus die kahl werdenden Bäume und Büsche an. Tippte ab und zu mit dem Finger gegen die Scheibe.
    »Da.«

    »D.«
    war alles mögliche, ein Spatz, der aus einem der vorderen Sträucher aufflog; das Motorgeräusch in der Einfahrt, wenn Laura zurückkam. Vielleicht war
    »D.«
    auch einfach die Feststellung:»Ich bin da.«
    Auch am. November gingen wir beide gleich nach dem Frühstück hinauf. Anna stellte sich ans Fenster, ich begann mit einer ergreifenden Szene. Sandy vor dem Bett ihrer Mutter. Sie kommt zu spät, kann nur noch die gebrochenen Augen schließen. Ich achtete nicht auf die Zeit. Fünf Minuten, zehn Minuten, Laura brauchte meist eine gute Viertelstunde für die Fahrt zum Kindergarten und wieder zurück. Aber an diesem Montag wollte sie noch Einkäufe machen. Nur die Maschine klapperte. Anna hatte sich eines von Dannys Autos mitgebracht und schob es auf der Fensterbank hin und her. Aber im Gegensatz zu Danny schnurrte sie dabei nur wie eine kleine, zufriedene Katze. Im Haus war es still. Tessa schlief im zweiten Kinderzimmer. Ein Drehbuchtext schreibt sich relativ schnell, wenn man die Szene vorher genau durchdacht hat. Einfache, klare Sätze. Szenenwechsel. Der alte Wissenschaftler versucht noch, sich aus dem Staub zu machen. Ich war gerade dabei, seine lauernde, halb gebückte Haltung aufs Papier zu bringen, das vorsichtige Spähen um die nächste Biegung des Ganges, als ich Lauras Stimme hörte. Sie kam von unten, war nicht übermäßig laut, klang eher unterdrückt. Ich hatte nicht alles verstanden, nur den letzten Satz.
    »Wo bist du denn.«
    Und ich hatte den Wagen nicht gehört. Anna war ebenfalls aufmerksam geworden, drehte sich um und zeigte auf die Tür.
    »Da.«
    Es hatte so sehr nach Lauras Stimme geklungen, und ich dachte, sie hätte nach mir gerufen. Ich dachte, sie hätte eine Panne mit dem Wagen, sei zurückgekommen, um mich zu holen. Aber ich wollte nicht durch das ganze Haus brüllen und damit am Ende Tessa aufwecken. Ich erhob mich, wollte hinuntergehen. Und im Stehen sah ich Laura um die Hausecke kommen. Wieder rief sie:»Wo bist du denn, Püppchen.«
    So von oben betrachtet, sah sie im ersten Augenblick tatsächlich aus wie Laura. Das gleiche Haar, das gleiche Gesicht. Die Gardine vor dem Fenster ließ mich nicht auf Anhieb jede Einzelheit erkennen. Ich schob die Gardine zur Seite, wollte das Fenster öffnen und zu Laura hinunterrufen. Da fiel mir das Kostüm auf. Ein dunkles Kostüm, enger, knielanger Rock, taillierte Jacke, über dem Kragen noch der weiße Kragen einer Bluse. Ich konnte das alles deutlich erkennen. Solch ein Kostüm besaß Laura nicht. Und Laura trug auch das Haar nicht so festlich frisiert.. November, vor nicht einmal einer Stunde hatten wir über die Bedeutung dieses Tages für Bert gesprochen. Daß wir ihn gegen Abend anrufen mußten, sein dreißigster Hochzeitstag, der erst ohne Marianne. Marianne war tot. Marianne lag seit knapp drei Monaten auf dem Friedhof Melaten. Und Marianne stand direkt unter mir vor der Terrasse, hielt eine Hand an die Stirn, so daß die Augen ein wenig gegen das Licht geschützt waren. Und Marianne spähte angestrengt in den Garten

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