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Das Geheimnis der Puppe

Das Geheimnis der Puppe

Titel: Das Geheimnis der Puppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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Rippen fühlen. Und wie ich das kleine, blasse Gesicht so dicht vor dem meinen hatte, ging mir der Blick durch und durch. Es hatte so viel Angst. Machte sich auf meinem Arm steif wie ein Brett, bog den Rücken durch und brachte so den Kopf ein wenig von meinem weg. Es atmete nicht vor lauter Furcht. Zuerst wollte ich mit ihm zum Haus gehen, aber den Gedanken gab ich gleich wieder auf. Ich wollte das arme Ding nicht noch mehr ängstigen, stellte es behutsam auf seine Beine. Und sogleich rannte es los. Hüpfte, sprang in ungelenken Sätzen zurück auf das Haus zu. Ich ging ihm langsam nach. Als die Terrasse vor mir auftauchte, bog das Kind gerade um die Hausecke. Ich folgte ihm, ging noch vor bis zur nächsten Ecke, aber von dem kleinen Mädchen war nichts mehr zu sehen. Langsam ging ich zur Küchentür zurück. Davor lag die Puppe auf dem Boden. Ich hob sie auf und nahm sie mit ins Haus. Dort zog ich die Klappe auf, schob den gefüllten Sack und die weinroten Samtvorhänge so weit wie eben möglich zur Seite und warf den dunkelgrünen Balg hinter das Gerümpel. Es gab einen feinen, seltsam quietschenden Ton, als er irgendwo aufschlug. Ich hörte ihn zwar, aber ich maß ihm keine besondere Bedeutung bei. So ähnlich quietschten ein paar von den Plüschtieren, die auf Dannys Bett saßen, wenn man ihren Bauch drückte. Die Tür zu Lauras Zimmer war immer noch geschlossen. Es deprimierte mich. Ich hatte das dringende Bedürfnis, mit ihr zu reden, sie nur einmal für einen Augenblick in die Arme zu nehmen, bevor ich zu Wolfgang ging. Ein paar Sekunden lang stand ich unentschlossen vor der Tür. Dann stieg ich hinauf. Wolfgang hatte den Papierstapel fast bewältigt, als ich das Zimmer betrat. Er schaute mir mit einem zweifelnden Gesichtsausdruck entgegen.
    »Da du selbst schon zu der Erkenntnis gekommen bist, daß es so nicht geht«, begann er,
    »brauche ich dir keinen Vortrag zu halten. Obwohl, einige Szenen finde ich nicht so übel.«
    Er hatte sie bereits aussortiert. Erklärte gleich:»Der Einstieg ist phantastisch. Da kommt genau die richtige Stimmung auf. Bei dem Unfall könntest du noch etwas herausholen, aber ich bin mir noch gar nicht so sicher, ob du den überhaupt bringen sollst. Solch ein Film sollte nicht mit Krach-Bumm beginnen.«
    Dann erklärte er mir, wie der Film seiner Meinung nach aufgebaut werden mußte.
    »In der ersten halben Stunde muß jeder Mensch vor der Leinwand überzeugt sein, daß er es mit zwei Figuren zu tun hat. Dem wabbernden Fleischklops und einer jungen, hübschen Frau. Da muß jeder um Sandy zittern, wenn sie in den Keller geht. Da muß jeder damit rechnen, daß sie im nächsten Augenblick vor Entsetzen aufschreit.«
    Er grinste immer noch zufrieden.
    »Und dann zwanzig Jahre zurück. Das ist kein Problem, da müssen wir nur deinen Park auf Vordermann bringen. Cheryl am Fenster. Die Schwangere wird ins Haus gezerrt. Anschließend die Geburt, aber ohne den Fleischklops. Als nächstes die Flucht, dabei kannst du andeutungsweise ein bißchen was zeigen. Nur nicht gleich übertreiben. Die Leute müssen davon ausgehen, daß das Grauen im Keller hockt. Aber du machst das schon.«
    Wir saßen bis nach Mitternacht zusammen, besprachen alle Einzelheiten. Als ich Wolfgang endlich zu seinem Wagen brachte, sah ich noch Licht in Lauras Zimmer. Ich nahm an, daß sie noch arbeitete und wollte sie nicht stören. Aber es war schon so spät. Ich ging leise bis an das Fenster heran, hockte mich hin und spähte zu ihr herein. Das Fenster stand wie üblich einen Spalt offen, und Laura hätte mich eigentlich hören müssen. Sie saß vor dem Sekretär, den Kopf etwas vorgebeugt und mit beiden Händen gestützt, die Ellbogen auf der Platte. Eines von den oberen Fächern war aufgebrochen. Deutlich konnte ich die helle Kerbe erkennen, die Laura mit ihrer Nagelfeile im Holz hinterlassen hatte. Und vor ihr auf der Platte lag ein Fotoalbum. Laura war so vertieft in das Betrachten der einzelnen Fotos, daß sie darüber weder Wolfgangs Auto noch meine Schritte auf dem Kies beachtet hatte. Ich klopfte ganz sanft gegen die Scheibe, und Laura fuhr in sich zusammen wie vom Blitz getroffen. Mit schreckweiten Augen starrte sie zum Fenster hin, wurde augenblicklich wütend.
    »Was fällt dir ein? Mußt du jetzt selbst schon den Hausgeist spielen.«
    Dann kam sie zum Fenster, löste die Stange von dem Holzklötzchen und öffnete den einen Flügel, so daß ich einsteigen konnte.
    »Willst du mal einen Blick auf die

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