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Das Geheimnis der Puppe

Das Geheimnis der Puppe

Titel: Das Geheimnis der Puppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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daß Frau Greewald abfuhr. Und die Vorstellung, was das arme Geschöpf in diesem Augenblick empfunden haben mußte, versetzte mich in eine derartige Wut, daß ich am liebsten irgend etwas zertrümmert hätte. Ich marschierte um die Ecke zur Kellertür. Auf dem Tisch stand ein Karton mit Eiern. Laura war bereits wieder in ihrem Zimmer. Die Tür hatte sie geschlossen. Sie schaute nicht einmal auf, als ich eintrat. Erklärte nur:»Wenn wir noch mal telefonieren müssen, sollen wir abends kommen. Es war ihr peinlich, wie ihre Schwiegermutter dich abgefertigt hat.«

    »Wenn wir noch mal telefonieren müssen«, erwiderte ich mit einer Stimme, die Lauras Kopf in die Höhe brachte,
    »dann werden wir das ganz bestimmt nicht bei den Greewalds tun. Dann werden wir nämlich über die Greewalds reden. Mit dem Jugendamt oder einer anderen kompetenten Stelle.«

    »Was ist denn in dich gefahren.« fragte Laura verständnislos.
    »Sie hatte das Kind wieder bei sich«, erklärte ich.
    »Aber sie hielt es wohl für überflüssig, das arme Ding einzuladen, bevor sie losbrauste.«

    »Bist du völlig sicher, Tom.«
    Und ob ich mir sicher war. Gott, ich war so wütend.
    »Ich werde das nicht auf sich beruhen lassen«, schrie ich Laura an.
    »Und wenn wir uns damit gleich bei sämtlichen Dorfbewohnern unbeliebt machen und in Zukunft auf frische Eier verzichten müssen, ich denke, ein kleines Kind ist wichtiger.«
    Laura starrte mich nur an, das Gesicht ebenfalls wütend verzogen. Als ich schwieg, erkundigte sie sich mit sanfter Stimme:»Mußt du mich deshalb so anbrüllen.«

    »Nein, entschuldige.«
    Laura nickte kurz und gnädig.
    »Und sie hat es wirklich nicht wieder mitgenommen.«
    Ich schüttelte nur den Kopf.
    »Ist es immer noch draußen.«
    Laura machte Anstalten, sich zu erheben. Ich winkte ab.
    »Nein, vermutlich ist es ihr nachgelaufen.«

    »Das kann ich mir gar nicht vorstellen«, sagte Laura.
    »Sie macht einen so netten Eindruck.«

    »Du kannst ihr ja beim nächsten Besuch erklären, daß wir nichts gegen behinderte Kinder haben.«
    Laura nickte geistesabwesend. Ihr Blick schweifte von meinem Gesicht zum Bett hinüber.
    »Du meinst, es war dieses Kind, ja.«

    »Das meine ich nicht nur«, antwortete ich.
    »Ich bin mir ziemlich sicher. Es gibt nicht viele andere Möglichkeiten.«

    »Nein«, sagte Laura mit einem langen Seufzer.
    »Wahrscheinlich nicht. Und meist war ja eine Tür auf.«
    Sie seufzte noch einmal, zuckte andeutungsweise mit den Achseln.
    »Vielleicht sollte ich einfach mal mit ihr reden. Vielleicht wissen sie gar nicht, daß das Kind auch nachts draußen ist. Ich meine .«
    Laura brach ab und lächelte verlegen.
    »Man muß doch nicht gleich so ein schweres Geschütz auffahren und die Leute anzeigen. Am Ende nimmt man ihnen das Kind weg und steckt es in ein Heim. Das muß man auch bedenken. Damit ist dem armen Ding bestimmt nicht geholfen.«
    Was sie sagte, klang vernünftig. Das Kind begriff die neue Ordnung nicht, aber es fügte sich ein, still und geduldig wie immer. Zuerst füllte sich das Haus mit fremden Schritten und fremden Stimmen. Dazwischen waren noch die Stimmen der zweiten Frau und die des Mannes. Sie klang schwach. Dann wurde es still, und das Kind wartete auf die Frau. Der Eingang stand immer noch ein Stück weit offen. Ganz deutlich konnte es den fahlen Spalt in der Finsternis erkennen. Es kroch dorthin, drückte den Eingang zaghaft etwas weiter auf. Da war die Tür, sie stand offen, gab den Blick frei in den Raum der Frau, auf das Bett. Aber die Frau war nicht da. Das Kind ging hinüber, legte sich auf das Bett, hielt seine Puppe im Arm und wartete eine ganze Dunkelheit lang. Dann zog es sich wieder zurück. Und später kam die zweite Frau wieder. Sie hatte ein kleines Licht bei sich, leuchtete ihm damit in die Augen. Dann kniete sie nieder, legte ihm ein zartes, duftendes Stück Draußen auf die Brust und ließ ein paar Tropfen auf sein Gesicht fallen, strich ihm über das Haar, und wieder murmelte sie:
    »Armes Püppchen. Was mache ich denn nun mit dir.«
    Dann deckte sie es zu, und den Eingang ließ sie wieder offen. Das Kind teilte sich die neue Zeit ein in schlafen und warten. Manchmal ging es während der Dunkelheit in den Raum der Frau und wartete dort. Und wenn es sich dann wieder zurückzog, ließ es manchmal seine Puppe auf dem Bett, damit die Frau sie sah, wenn sie kam. Aber sie kam nicht. Dann kam die zweite Frau noch einmal. Sie nahm das Kind mitsamt der Decke hoch und trug

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