Das Geheimnis der Rose
beleidigt zu haben. »Pardon …«, murmelte er, aber sie tat die Entschuldigung mit einer leicht winkenden Handbewegung ab und sah ihn mit beunruhigendem Verständnis an.
»Mehr als alles andere«, sagte sie, »möchte meine Tochter selbst ihre Entscheidung treffen … und sie hat immer gegen die Tatsache rebelliert, dass ihr eine der wichtigsten Entscheidungen genommen wurde. Sie werden natürlich dasselbe Gefühl haben.«
Plötzlich gingen Damons Gefühle mit ihm durch wie ein Fluss, der gegen einen brüchigen Damm kracht. Es gab niemanden auf der Welt, dem er genügend vertraute, um sich ihm anzuvertrauen, nicht einmal William. Seine Probleme, seine Gefühle waren immer einzig und allein seine Last gewesen, und er allein war dafür verantwortlich.
Aber in diesem Moment war das Bedürfnis, sich jemandem mitzuteilen, einer der mächtigsten Zwänge, die er je erlebt hatte.
Damon winkelte die Hände an und legte die Handflächen auf die Knie. »ja, ich fühle genauso«, sagte er mit rauer Stimme. Er brachte es nicht fertig, Eva anzusehen. »Ich weiß, warum Julia rebelliert hat und warum sie unfähig ist, den Konsequenzen der Vereinbarung zwischen Lord Hargate und meinem Vater ins Gesicht zu sehen. Obwohl ich immer gewusst habe, dass es nicht ihr Fehler war, machte ich Julia für Dinge verantwortlich, mit denen sie nichts zu tun hatte. Jahrelang habe ich sie gehasst, beinahe ebenso sehr, wie ich meinen Vater dafür gehasst habe, ein Verschwender und Spieler zu sein. Ich habe versucht, ihre Existenz zu vergessen. Der Tod meiner Mutter und die Krankheit meines Vaters haben es mir ermöglicht, mich in einer Welt neuer Verantwortlichkeiten zu vergraben.
Aber Julia war unterschwellig immer in meinen Gedanken. Ich war niemals fähig, jemanden zu lieben, hatte immer das Gefühl, nicht das Recht dazu zu haben – ihretwegen. Mir wurde immer mehr klar, dass ich nur frei von ihr sein kann, wenn ich ihr gegenübertrete.«
»Mir ist nie klar gewesen, wie sehr die Heirat euch beide beeinflussen würde«, murmelte Eva. »Damals schien es seltsamerweise vernünftig zu sein. Zwei Familien mit gutem Stammbaum, die sicherstellen, dass ihre Kinder einen angemessenen Lebenspartner haben … ich war erleichtert, zu wissen, dass für die Zukunft meiner Tochter gesorgt war und dass sie eines Tages einen Titel trüge, den jedermann achten würde. Es wäre vielleicht eine annehmbare Vereinbarung für jedes andere Kind gewesen, nicht aber für Julia. Unglücklicherweise wusste ich nicht, dass meine eigene Familie durch eine Entscheidung zerrissen würde, der ich zugestimmt hatte. Ich verstand nicht, welch starken Willen sie hatte … hat«, korrigierte sie mit einem bedauerndem Lächeln.
»Wie ist sie?« fragte Damon mit belegter Stimme.
»Julia ähnelt weder mir noch ihrem Vater … Bereits als Kind verließ sie sich lieber auf ihre eigene Meinung und ihr eigenes Urteil, als sich uns zu beugen. Ich wünschte, sie wäre nicht so unabhängig – ich glaube nicht, dass das eine besonders nützliche Eigenschaft für eine Frau ist. Aber sie hat auch eine andere Seite: fantasievoll, leidenschaftlich und verwundbar. Sie hat unendlich viele Stimmungen und Neigungen. Ich konnte nie feststellen, dass sie auch nur im Geringsten berechenbar ist …«
Als Damon Lady Hargate anstarrte, wurde seine Aufmerksamkeit von den funkelnden Juwelen zwischen den Rüschen an ihrem Hals gefesselt. Sie sprach weiter, aber die Bedeutung der Worte war plötzlich nur noch schwer zu begreifen; jedes Geräusch wurde durch das erschreckte Klopfen seines Herzens gedämpft.
Er sah zur Seite, um seine Gedanken nicht zu verraten, aber in seinem Kopf brannte hell ein Bild, und eine plötzliche Erkenntnis erschütterte ihn. Er kämpfte darum, ruhig zu atmen.
Sie trug die Rubinbrosche, die er Jessica Wentworth geschenkt hatte.
Es gab sie nicht noch einmal auf der Welt und keine Möglichkeit, wie Lady Hargate sie hatte bekommen können, es sei denn …
Es war ein Geschenk ihrer Tochter gewesen … Jessica Wentworth … Julia Hargate.
Kapitel 5
Es fiel Damon schwer, nicht ständig auf die Rubinbrosche zu starren. Er hatte sie für Jessica Wentworth gekauft, und ihm hatte der Gedanke gefallen, dass sie vielleicht etwas trug, das er ihr geschenkt hatte. So viele Dinge machten plötzlich Sinn … ihr Ausweichen, ihr geheimnisvoller abwesender Ehemann, ihr sofortiges Wiedererkennen der seltenen Rosen, die vor vielen Jahren ein Geschenk ihrer Mutter an seine
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