Das Geheimnis der Rose
das grobe, gute Aussehen eines Schwerenöters, eines Mannes, der die weltlichen Freuden in vollen Zügen genossen und nicht einen Moment lang bereut hatte. Er liebte es, den vielen Freunden, die ihn immer noch regelmäßig besuchten, Geschichten seiner einstigen Ausschweifungen zu erzählen und sich an die gemeinsame Jugend zu erinnern.
Gestützt von einem Stapel üppiger Kissen und mit einem Glas dampfender Milch in der Hand, schien es dem Herzog wirklich gutzugehen. Es war schwierig zu sagen, was er mehr genoss: die Geschichte oder die Reize der hübschen Krankenschwester, die an seinem Bett saß. Die junge Frau unterbrach das Vorlesen, und der Herzog sah erwartungsvoll auf.
»Ich habe gewartet«, sagte sein Vater, dessen Stimme durch die Krankheit leicht verwaschen klang. »Weshalb bist du nicht … früher gekommen?«
»Ich musste noch etwas erledigen.« Damon machte eine Pause und fügte finster hinzu: »Eine Angelegenheit, die William betrifft.«
»Schon wieder?« Der Herzog hörte immer gern Geschichten über die Eskapaden seines jüngsten Sohnes, weil er offensichtlich das Gefühl hatte, dass er und William eine Menge gemeinsam hatten. »Erzähl es mir.« Mit einer Handbewegung bedeutete er der Krankenschwester, den Stuhl, auf dem sie saß, zu räumen.
Nachdem die Schwester das Zimmer verlassen hatte, setzte sich Damon zu dem Herzog. »Du siehst gut aus«, meinte er.
»Ja, es geht mir recht gut.« Frederick griff hinter sein Kissen, zog eine flache silberne Flasche hervor und schüttete einen ansehnlichen Schluck Brandy in seine heiße Milch.
»Du änderst dich nie«, sagte Damon bedauernd und schüttelte den Kopf, als sein Vater auch ihm die Flasche anbot.
Kurz schien der Herzog enttäuscht, weil sein Sohn den Brandy ablehnte, aber dann zuckte er signiert die Schultern.
»Du auch nicht.« Er nahm einen großen Schluck und schmatzte mit den Lippen. »Also … was ist mit William?«
So sachlich wie möglich erzählte Damon ihm von den Ereignissen der vergangenen beiden Tage. So wie Damon erwartet hatte, schien der Bericht Frederick außerordentlich zu unterhalten. Zunächst wirkte er leicht verstimmt, aber das wurde schnell durch ein unangebrachtes Gefühl männlichen Stolzes ersetzt.
»Dummer, hemmungsloser junge …«, lachte der Herzog. »William hat die Moral eines Schürzenjägers.«
Damon zog ein finsteres Gesicht. »Ist sein Verhalten verwunderlich nach dem Beispiel, das du ihm all diese Jahre gegeben hast?«
»Ach … so ist das«, sagte Frederick ärgerlich und machte eine Handbewegung mit seiner halb ausgetrunkenen Milch. »Du versuchst, mir das vorzuwerfen?«
Es hatte Damon immer wütend gemacht, dass sein Vater nichts bereute, dass er so vollkommen unwillig war, die Verantwortung für seine Handlungen zu übernehmen. »Ich mache mir Sorgen, dass William in deine Fußstapfen tritt«, murmelte er. »Er scheint die gleiche Vorliebe für Hurerei und Glücksspiel zu haben wie du.«
»Und wenn schon? Was könnte ihm denn schlimmstenfalls passieren?«
»Er könnte in einem Duell erschossen werden oder ein Vermögen an Schulden anhäufen.«
Sein Vater sah ihn mit unerträglicher Gleichgültigkeit an. »Ich würde mir um die Schulden keine Sorgen machen.
Das Geld kommt immer, auf die eine oder andere Art.«
»Wie gut ich das weiß!« Damon war voller Sarkasmus. »Vor achtzehn Jahren ist es ganz einfach zu dir gekommen, nicht wahr? Du hast die Familie an den Rand des Ruins gebracht und Lord Hargate die ideale Gelegenheit geboten, sich mit seinem Angebot einer reichlichen Mitgift einzuschalten. Du musstest lediglich deinen siebenjährigen Sohn mit seiner Tochter verheiraten, die damals kaum aus den Windeln war.«
Frederick seufzte und stellte sein leeres Glas auf den Nach tisch. »Du kannst mir alles vorwerfen, was du willst …
einschließlich Williams Eskapaden und deiner eigenen Unzufriedenheit mit dem Leben. Ich bezweifle nicht, dass ich nicht der Vater war, der ich hätte sein sollen. Aber Tatsache ist, dass ich getan habe, was ich tun musste.
Weshalb musst du in der Vergangenheit graben, anstatt auf die Zukunft zu schauen?«
»Weil ich jahrelang deinen Schlamassel ausbügeln musste, und jetzt scheint es so, als müsste ich das gleiche für William tun – und ich bin es verdammt leid!«
»Ich vermute, dass du es in gewisser Weise gern tust«, sagte der Herzog sanft. »Es gibt dir ein Gefühl der Überlegenheit, dein Leben mit der ganzen Korrektheit und Verantwortung zu
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