Das Geheimnis der Rose
schamloseste Person, die mir je untergekommen ist.«
»Pauline …«, sagte Damon mit drohender Stimme, aber Julia unterbrach ihn ruhig.
»Schamlos? Sie sind diejenige, die im Haus eines verheirateten Mannes herumstolziert und dabei nur ein Neglige trägt.« Sie brannte darauf, der anderen Frau die Wahrheit zu erzählen, dass sie die fragliche Ehefrau war und dass Pauline überhaupt kein Recht hatte, über jemanden zu urteilen.
Irgendwie gelang es ihr, zu schweigen, zur Haustür zu gehen und sie zu öffnen. Sie hielt inne, um noch einen Blick zurück auf Damon zu werfen, aber der schien sie nicht zu beachten und seine ganze Aufmerksamkeit auf Pauline zu richten. Eifersucht durchfuhr sie. Sie konnte nicht entscheiden, auf wen sie wütender war: auf ihn oder auf sich selbst.
Julia lief nach draußen und rief den Lakai. »Lassen Sie sofort die Kutsche bringen. Ich möchte nach Hause fahren.« Als er gehorsam fortlief, rieb sie sich die nackten Arme und begann in der kalten Brise zu zittern. Sie dachte daran, nach Hause zu fahren, verwarf den Gedanken aber sofort wieder. Sie musste gerade jetzt jemanden sehen, den einzigen Menschen auf der Welt, der ihre geistige Gesundheit wiederherstellen und sie wieder in der Wirklichkeit verankern konnte.
Damon schwieg ziemlich lange und starrte Pauline streng an, bis ihr siegessicheres Lächeln schwand und sie zerknirscht aussah. Sie sprach leise und bemühte sich, ungezwungen zu klingen. »Ich vermute, ich kann dich nicht für deine Tändelei mit ihr verantwortlich machen, Liebling. Sie ist recht hübsch, wenn auch auf billige, plumpe Weise …«
»Du hättest nicht herkommen sollen.« Bis zu diesem Moment hatte er Pauline niemals bewusst abgelehnt. Er war ihr gegenüber misstrauisch, wütend gewesen, aber niemals hatte er sie gehasst. Sie erschien ihm wie ein Mühlstein um den Hals, so wie sie sich mit rücksichtsloser Entschlossenheit an ihn klammerte und ihn an einen sehr dunklen, kalten Ort zog. Sie brachte das Schlimmste in ihm zum Vorschein. Er erstarrte, als sie auf ihn zukam und ihren parfümierten Körper an ihn drückte. »Ich musste bei dir sein«, murmelte Pauline. »Ich habe dich so vermisst.«
»Hast du schon mit Dr. Chambers gesprochen?«
Ihr Blick wich ihm aus. »Noch nicht, aber ich werde es bald tun.« Ihre seidigen Arme schlangen sich um seine Schultern. »In der Zwischenzeit …«
»Dann werde ich mich um einen Termin kümmern.« Er schob sie ein oder zwei Schritte zurück, so dass sie ihn nicht länger festhalten konnte. Er behandelte sie nicht grob, aber auch nicht sanft.
Pauline sah verärgert und beunruhigt aus. »Das kannst du nicht tun!«
»Weshalb nicht?«
»Dr. Chambers ist ein sehr beschäftigter Mann – du kannst ihn nicht wie einen Diener herumkommandieren. Und er wird mit dir nicht über meinen Zustand sprechen, wenn ich ihm nicht meine Einwilligung gebe.«
»Du spielst deine Spielchen mit mir«, sagte er mit gefährlicher Ruhe. »Das werde ich nicht dulden.«
Sie zuckte zurück und sah beleidigt aus. »Es gibt keinen Grund für dich, so bedrohlich zu sein. Ich kenne diese Seite an dir nicht und finde sie schlichtweg unangenehm.«
»Unangenehm?« wiederholte er mit belegter Stimme. »Mir fehlen die Worte, um die Seite zu beschreiben, die du kennenlernen wirst, wenn ich herausfinde, dass du lügst.«
Sie sah ihm in die Augen. »Ich habe dir die Wahrheit gesagt.«
»Dann besorg mir bald einen Arzt, Pauline … einen, der seinen Ruf dafür aufs Spiel setzt, dass er deine Schwangerschaft bezeugt. Das ist deine einzige Möglichkeit, mich davon abzuhalten, dir den Hals umzudrehen.«
»Du bist schlechter Stimmung, weil ich deine Pläne vereitelt habe, heute abend mit dieser kleinen Theaterhure ins Bett zu gehen …«
»Kein Wort gegen Sie!« Vor Wut zitterte seine Stimme.
Obwohl Pauline ebenfalls wütend war, erkannte sie die Ernsthaftigkeit seiner unausgesprochenen Drohung. Einige Augenblicke musste sie um ihre Beherrschung kämpfen. »Ich verstehe, dass du sie begehrst«, sagte sie schließlich.
»Vielleicht so sehr, wie du einst mich begehrtest. Aber ich werde nicht zur Seite treten; um dir freie Hand zu lassen. Ich werde bekommen, was ich will was man mir schuldet.« Sie sah in sein granithartes Gesicht, und ihre Stimme wurde sanfter, während ihr Gesichtsausdruck von Schmollen zu Überredung wechselte. »Es ist doch nicht unbedingt eine Qual, mit mir zusammen zu sein, oder? Du hast in der Vergangenheit meine Gesellschaft
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