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Das Geheimnis der Rosenkreuzerin

Das Geheimnis der Rosenkreuzerin

Titel: Das Geheimnis der Rosenkreuzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Klausen
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ist mir eine Freude, dich bei uns begrüßen zu dürfen.«
    Der Empfang verunsicherte Marta. Anscheinend sahen alle in ihr etwas, von dem sie nicht das Geringste geahnt hatte.
    Doch die Frau unterbrach Martas Sinnieren, indem sie erklärte: »Die Schwestern und Brüder sind zur Zeit unterwegs, aber ich schlage euch vor, den hinteren Teil des Hofes zu nutzen.«
    Das schien Alfonso zu freuen, und nachdem sie sich hatten Bettwäsche geben lassen, sollte Marta auch verstehen, warum.
    Sie betraten nämlich einen sonnendurchfluteten, runden Raum mit einem Glasdach. In der Mitte lag ein runder Teppich mit zarten Lavendeltönen in seinem Zentrum, die zur Peripherie hin immer dunkler wurden und schließlich in dem Kreisweg, der den Teppich umgab, in ein tiefes Blau mündeten. Von diesem Kreisweg aus ging es in vier Zimmer.
    »Wähle.«
    »Sind alle gleich?«
    »Gleich groß, doch verschieden gestaltet. Wir nennen sie die Zimmer der Elemente, weil eins der Erde, eins dem Wasser, eins dem Feuer und eins der Luft gewidmet ist.«
    Marta entschied sich für das Zimmer der Luft, während Alfonso das Zimmer des Feuers wählte.
    Sie hatte zwar durchaus mit etwas Besonderem gerech net, als sie ihre Unterkunft betrat, trotzdem verschlug es ihr die Sprache. Der Raum besaß kein Fenster, dafür überdeckte das Glasdach der Rotunde auch das Zimmer. Mit einer Kurbel ließ sich ein darin eingelassenes Dachfenster öffnen. Es bot sich ihr nur ein einziger Ausblick – in den Himmel. Die Einrichtung beeindruckte durch ihre karge Schönheit, sie bestand aus nicht mehr als einem Schrank, einem Bett, einem Stuhl und einem Tisch, alles mit dezentem, jugendstilhaftem Schnitzwerk verziert, dazu kam noch ein Waschtisch aus weißem Porzellan. Darüber hing ein kleiner, runder, in Elfenbeinschnitzwerk gefasster Spiegel. Der Tür gegenüber befand sich eine Wand mit einer Malerei, die eine idyllische Landschaft darstellte. Mit zartem Strich war ein Affe gezeichnet, der sich mit seinem Jungen im Arm hinter dem grünen Hügel verbarg, während sich Vögel, die Blumen im Schnabel trugen, mit ausgebreiteten Flügeln eine smaragdene Felswand hinunterstürzten, um auf diese Weise auf der Luft zu gleiten oder sie zu liebkosen. Martas Aufmerksamkeit wurde von den verschiedenen Stadien des Ausbreitens der Flügel gefesselt, von fast geschlossen bis zum fächerartigen Spreizen. Unter dem Bild standen in altdeutscher Schrift die Verse:
    Affen verziehen sich,
    das Junge im Arm,
    hinter die grünenden Hänge.
    Vögel stürzen sich,
    Blumen im Schnabel,
    vor die smaragdene Felswand.
    Die zweite Wand war weiß, an der dritten stand das Bett. Der Eindruck, den das Zimmer auf sie machte, war eindeutig: Es diente der Konzentration, der Ruhe, dem Zu-sich-selbst-Kommen, dazu, seine Mitte zu finden.
    Kaum hatte sie ihre Sachen ausgepackt, klopfte es an ihre Tür. Auf ihr Herein betrat Alfonso das Zimmer, der sie zum Abendessen abholen wollte.
    »Was sind das für Verse?«, wies sie ihn auf die altdeutsche Inschrift hin.
    »Der Inbegriff des Zen.«
    »Zen?«
    »Weisheit gibt es auf der ganzen Welt. Da sie aber überall so selten und darum so wertvoll ist wie bei uns, müssen wir dort von ihr lernen, wo sie sich zeigt.«
    »Aha«, nickte sie ironisch.
    Alfonso lächelte. Er schien kein Problem mit ihrer Skep sis zu haben. »Weißt du, was die Zen-Buddhisten sagen?«
    »Du wirst es mir sicher gleich verraten.«
    » Hinterm Berge Rauch sehen
    und schon wissen:
    dort brennt ein Feuer;
    hinter der Hecke Hörner erblicken
    und alsbald merken:
    da weidet Vieh.
    Aber jetzt komm, ich habe Hunger.«
    In einer malerischen Bauernküche, die allerdings nicht auf moderne Einbaugeräte verzichtete, tranken sie einen kräftigen Kräutertee, aßen dazu eine Kürbissuppe und dickes, krustiges Weißbrot, das noch warm war und betörend duftete.
    Beim Essen erklärte ihr Alfonso, dass sie nun in sich gehen müsse, weil ihr Großvater alles, was sie wissen musste, in sie gelegt und in ihrem Herzen versiegelt habe.
    »Du meinst, ich bin so eine Art Datenträger und weiß es nicht?«
    Unschlüssig, ob er diesem Vergleich zustimmen sollte, wiegte er den Kopf. »So würde ich es zwar nicht ausdrücken, aber wenn du es so sehen willst, meinetwegen.«
    »Wie geht denn Meditieren? Wie finde ich zur isra? «, fragte sie ungeduldig, denn sie wollte sich jetzt endlich auf den Weg begeben, der Katharina und Benjamin heim bringen sollte.
    »Nicht wie es sich all diese Esoterikverkäufer und die vielen

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