Das Geheimnis der Rosenkreuzerin
Mut.
Kapitel 15
M arta blinzelte. Im fast dunklen Zimmer stand ein Mann. Alfonso? Getrieben von einem unangebrachten Verlangen? Die Vorstellung erschreckte sie, weil sie sich misstraute. Sie wusste nicht genau, wie sie auf eine Annäherung reagieren würde. Doch je genauer sie hinsah, desto klarer wurde ihr, dass nicht Alfonso in der Tür stand. Der Mann wirkte älter, gebückter. Jetzt erkannte sie die Silhouette, die eingehüllt von der Morgendämmerung im Rahmen verharrte. Es war Daniel Valentin Luther.
»Großvater?«
»Ja. Ich bin da und bin doch nicht da. Höre, was ich dir zu sagen habe, denn ich komme zum letzten Mal zu dir. Alles, was du wissen musst, alles, was du brauchst, liegt in deinem Inneren verborgen. Es ist für dich bereit. Du musst die ganze Geschichte kennen.«
»Auch über die isra’ ?«
»Alles über die isra’ und alles über die fidawijja .«
»Aber wie komme ich an dieses Wissen?«
»Durch Nachdenken, durch Meditation.«
»Wie geht das? Meditieren?«
»Wenn du es wirklich willst, wirst du den Weg finden. Hab keine Angst. Vertrau dir!«
»Kann ich Alfonso vertrauen? Wer ist er wirklich?« Doch darauf bekam sie keine Antwort mehr, und ihr Großvater verschwand.
Ein Sturmläuten zerriss den Morgen wie ein Gespinst. Die Sonne stach mit tausend Nadeln, als sie die Augen aufschlug. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass es bereits zehn Uhr war und sie verschlafen hatte.
Das Klingeln ließ nicht nach und bekam mit der Zeit etwas Wütendes. Sie zog sich etwas über und eilte zur Eingangstür. Als sie öffnete, erschrak sie. Vor ihr stand Alexander. Den hatte sie vollkommen vergessen.
»Ruf die Kinder, ich habe keine Zeit zu verlieren!«, herrschte er sie an.
Kapitel 16
E r hatte es lange geschafft, sie einzuschüchtern, wenn er seine Brillanz und seine Entschiedenheit, die keinen Zweifel duldete, ausspielte. Jetzt kniff sie die Augen zusammen. »Zuerst sagt man Guten Morgen. Unsere Kin der wissen das.«
Sein stählerner Blick verriet, dass er Widerspruch hasste. »Guten Morgen, und jetzt hol die Kinder.«
Die Gedanken in ihrem Kopf überschlugen sich förmlich. Ja, er war der Vater der beiden, und nein, sie wollte ihm nicht sagen, dass Benjamin und Katharina entführt worden waren. Kein Wort würde er ihr glauben, Himmel und Hölle in Bewegung setzen, damit die Kinder gefunden werden würden. Himmel und Hölle hieße in diesem Fall das LKA, das BKA und alle, die er kannte und die irgendwie hilfreich sein konnten, Staatssekretäre im Innenministerium, denen er das Fett abgesaugt hatte, Ministe rialdirigenten im BND, deren Gattinnen er die Brüste ver größert hatte. Und damit aus reiner Eitelkeit, und weil er sie, Marta, für unfähig hielt, die Kinder am Ende umbringen, denn im Gegensatz zu ihr wusste er nicht, mit wem er es zu tun hatte. Nein, um das Leben von Benjamin und Katharina zu schützen, musste sie ihn außen vor halten.
»Du schickst per Einschreiben einen mit Drohungen gespickten Brief, und dann haben wir alle nach deiner Pfeife zu tanzen?«, fuhr sie ihn an. »Das kannst du dir aus dem Kopf schlagen. Ich darf dir die Kinder nicht vorenthalten, was ich auch nicht will, aber du hast bitte schön die Termine mit mir abzustimmen. Und an diesem Wochenende siehst du die Kinder nicht!«
Es war eine schmerzliche Methode, mit der Wahr heit zu lügen. Marta musste dabei all ihren Mut und ihre Selbstbeherrschung zusammennehmen.
»Das wollen wir doch mal sehen.« Er schob sie zur Seite und ging ins Haus. »Kari, Benni, Benni, Kari, euer Vater ist da.« Alexander Rubin lauschte in den Raum, aber nichts rührte sich im Haus. »Hast du sie etwa versteckt oder eingesperrt?«
»Sei nicht albern.«
Aber er hatte gar keine Antwort von ihr erwartet und reagierte nur mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Kari, Benni, kommt, wir wollen einen tollen Ausflug machen, mit meinem neuen Lamborghini!«
Angeber, dachte Marta. Banker, Schönheitschirurgen, allesamt Parasiten. Sie ekelte sich davor, mit diesem Mann einmal das Bett geteilt zu haben. War er damals ein anderer gewesen, oder hatte dieser ebenso dreiste wie brutale Egoismus schon immer in ihm gesteckt und sie hatte ihn nur übersehen? Wie sehr konnte man sich in einem Menschen täuschen?
Kurz darauf waren im Flur Schritte zu hören.
Rubin grinste breit. »Na bitte, geht doch.« Triumphierend wandte er sich zu Marta, die hinter ihm immer noch an der Tür stand. »Und dir mach ich die Hölle heiß. Das wird Folgen haben! Ach
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