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Das Geheimnis der Rosenkreuzerin

Das Geheimnis der Rosenkreuzerin

Titel: Das Geheimnis der Rosenkreuzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Klausen
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vergeblich. Irgendwann glaubte sie, dass diese Bilder wie bisher nur im Traum zu ihr kommen würden. Die Methode hatte sie gesucht, nicht sie die Methode. Warum also sollte sie die Vorgehensweise jetzt ändern? Abrupt stand sie auf, bereute es aber sofort, weil sie beinah gestürzt wäre, denn ihre Beine fühlten sich an wie Gummi. Natürlich, sie hatte sich in der unbequemen und ungeübten Position Adern abgeklemmt und dadurch die Blutzufuhr gedrosselt. Sie massierte ihre Unterschenkel, bis sie wieder ausreichend durchblutet waren. Verstohlen schaute sie zu Alfonso, der tief in die Meditation versunken war.
    Er saß weiterhin unbewegt und verzog keine Miene. Ihr kam das albern vor. Sollte er doch so lange sitzen bleiben, wie er wollte. Sie begab sich in ihr Zimmer und legte sich ins Bett. Der Schlaf kam sehr schnell. Als sie wieder erwachte, umgab sie tiefe Nacht. Verzweifelt stell te sie fest, dass sie nicht geträumt hatte und die Bilder ausgeblieben waren.
    Was, wenn die Träume nun nicht mehr kämen? Sowohl der Großvater in ihrer Vision als auch Alfonso hatten nicht vom Träumen als Weg gesprochen, sondern vom Meditieren. Sie stand auf und kehrte in die Rotunde zurück. Alfonso saß immer noch reglos da, als ob die Zeit stehen geblieben wäre. Überrascht stellte sie fest, dass sie bereit war zu glauben, er würde tatsächlich durch die Welt reisen und hätte nur seinen Körper, die materielle Hülle, zurückgelassen. Plötzlich empfand sie das alles als absurd, lächerlich und komplett verrückt. Wie hatte sie sich nur auf diese Spökenkiekerei einlassen können, statt gleich zur Polizei zu gehen? Vielleicht hatte Alexander ja Recht, und sie war wirklich unfähig, sich um ihre Kinder zu kümmern.
    Der schreckliche Gedanke, dass sie alles endgültig verdorben und damit ihr Leben zerstört hatte, schnürte ihr die Kehle zu. Sie musste unbedingt nach draußen. Marta lief den Gang entlang, verlor die Orientierung und fragte sich, ob sie jemals aus diesem Labyrinth herausfinden würde. Bei ihrer Ankunft war ihr das Gebäude gar nicht so groß vorgekommen. Aus ihrem Körper wich die Kraft, und der Flur, ja das gesamte Haus begann, sich um sie zu drehen. Um nicht hinzufallen, lehnte sie sich mit dem Rücken schnell an die Wand und ließ sich zu Boden gleiten. Wann hatten sie eigentlich die Gewissheiten verlassen, die sie ihr ganzes Leben begleiteten? Zumindest hatten die Träume die rationale Art, auf die sie die Welt sah, untergraben. Die Beine angewinkelt, stützte sie die Ellbogen auf die Knie und barg den glühenden Kopf zwischen den Händen.
    »Am Anfang flieht man immer vor der Ruhe«, sagte eine freundliche Stimme. Marta hob leicht den Kopf. Im Flur stand die Frau, die sie begrüßt hatte. »Man erträgt sie nicht. Sie ist zu laut. Kommen Sie, ich zeige Ihnen etwas.« Die Fremde streckte ihr die Hand entgegen.
    »Was machen Sie in diesem Kloster? Sind Sie eine Rosenkreuzerin?«
    »Wenn ich Ihnen sagte, ich sei eine Rosenkreuzerin, dann wäre ich es nicht.«
    Marta erinnerte sich an die Worte, die sie schon einmal von Alfonso gehört hatte.
    »Warum könnt ihr nicht zugeben, dass ihr es seid?«
    »Weil wir unterwegs sind und einem bestimmten Weg folgen. Wären wir etwas, dann hätten wir uns fangen und in das Gefängnis dieser Bezeichnung sperren lassen. Wir sind keine Parteimitglieder und gehören keiner Organisation oder Gewerkschaft an. Wir haben uns auf die Reise nach Hause begeben. Wie können wir also wissen, wer wir sind, wenn wir das erst auf dieser Reise zu unserem Selbst erfahren wollen?«
    Ihr offenes Lächeln verlieh ihrem Gesicht etwas Gütiges. Marta ergriff die ausgestreckte Hand, zog sich daran hoch und folgte der Frau. Unterwegs erzählte diese ihr in knappen Worten, sie habe einmal Biologie studiert und in der Forschung gearbeitet.
    »Genmanipulation von Fischen. Demnächst wird ein Lachs zugelassen, der aufgrund der Veränderung des genetischen Materials doppelt so groß wie die anderen Ex emplare seiner Spezies wird. Daran war ich beteiligt. Und habe begriffen, wie sehr wir uns versündigen. Die Schöpfung, der Mensch inbegriffen, wird zu einem In dustrieprodukt, nein, mehr noch zu einem Industrie design. Als ich begriffen habe, welch Sünde ich auf mich lade, habe ich mich so schuldig gefühlt, dass ich mir das Leben nehmen wollte.«
    »Und dann?«
    »Habe ich Alfonso getroffen. Seitdem lebe ich hier, sozusagen als Bibliothekarin des Lebens.« Sie liefen wei ter durch lange Gänge und

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