Das Geheimnis der Rosenlinie - Esch, W: Geheimnis der Rosenlinie
Theophil schüttelte sein Haupt.
»Ich muss zugeben, bis vor kurzem wusste ich auch nicht viel darüber. Doch ein Notar aus Salzburg erklärte mir, was unsichtbare Tinte ist und wie man sie wieder sichtbar macht. Man verwendet am einfachsten Essig oder Milch und schreibt damit seine Botschaft auf Papier. Erst wenn man eine Wärmequelle benutzt, wird es wieder sichtbar.«
»Aber wie kommt Ihr darauf, dass Caravaggio etwas mit unsichtbarer Tinte geschrieben hat?«
»Ist es nicht merkwürdig, dass es kaum ein geschriebenes Wort in diesem Skizzenbuch gibt, keinen Kommentar oder Hinweis, keine Notiz oder ähnliches. Caravaggio hätte bei dem Umfang des Werkes doch bestimmt gewisse Ideen, Skizzen kommentiert. Mit erscheint es seltsam, dass es keinen Hinweis geben soll.«
»Ja, schon, aber für einen Maler auch wieder nicht. Vielleicht soll es ja ein reines Bilderbuch sein!?«, meinte Theophil.
» Quod esset demonstrandum, was zu beweisen wäre, Pater. Haltet die Kerze, während ich die Buchseiten daran vorbei führe.«
Matthias musste höllisch acht geben, damit er die erste Seite nicht gleich ansengte. Nichts!
»Sagte ich doch«, maulte der Pater.
Ein wenig enttäuscht fuhr Matthias mit hochgezogenen Augenbrauen fort. Akribisch genau führte er Seite für Seite an der Kerzenflamme vorbei. Schließlich kam er zu einer Skizze, die eine Frau mit drei Kindern zeigte. Wahrscheinlich die Vorlage für das Magdalenenbild mit Melissa, das sie in Neapel entdeckt hatten. Ganz vorsichtig führte er die Seite an der Flamme vorbei. Plötzlich verfärbte sich das Papier und nach und nach wurde ein Schriftzug sichtbar.
»Das scheint Italienisch zu sein, Pater. Könnt Ihr das lesen?«
Aufmerksam betrachtete Theophil den Schriftzug. Angespannt trommelte Matthias mit den Fingern auf der Tischplatte.
»Hier steht: Das Geheimnis ruht in mir! «, las Theophil schließlich vor. »Versteht ihr, was er meint?«
»Mehr steht dort nicht?«
Der Pater verneinte kopfschüttelnd. Matthias strich sich über sein Kinn und ging nachdenklich einige Schritte im Zimmer auf und ab.
»Lasst uns die restlichen Seiten auch noch untersuchen!«, meinte er schließlich. Doch kein weiteres Blatt enthielt noch eine Botschaft. Matthias schlug das Buch zu und betrachtete den kleinen Ledereinband. Darauf klappte er den Buchdeckel wieder auf und zückte seinen Dolch.
»Commissarius, was habt Ihr vor?«, erschrak sich Theophil.
»Keine Angst, Pater. Ich will Euch nichts. Ich will nur sehen, welches Geheimnis in dem Buche noch ruht!«
Er setzte die spitze Klinge des Dolchs an und löste das Buch vorsichtig aus dem Ledereinband. Ein beschriebenes Stück Papyrus wurde sichtbar, das zwischen dem Leder und dem eigentlichen Buchrücken steckte.
»Was ist das?«, raunte der Pater. Bedächtig nestelte Matthias den beschriebenen Papyrus heraus und legte ihn vor sich auf den Tisch.
»Papyrus, würde ich sagen und damit ist es wohl ein sehr altes Dokument. Aber die Schrift! Hm, das könnte hebräisch oder aramäisch sein. Versteht Ihr etwas davon?«
»Nein, leider. Ich wollte immer schon hebräisch studieren, doch leider fehlte mir in Rom die Zeit. Meine Aufgaben im Vatikan, versteht Ihr?«, entschuldigte sich Theophil.
»Bedauerlich, dann werden wir so schnell wohl nicht erfahren, was der Inhalt dieses Papyrus ist.«
»Wir könnten uns hier nach einem Übersetzter erkundigen.«
Matthias lachte auf.
»Pater, warum geht Ihr nicht gleich mit unserem Fund zum Vizekanzler und händigt ihm das Dokument aus?«
Entgeistert, ob seiner eigenen Torheit schaute Theophil auf.
»Meint Ihr etwa, dass dieses Papyrus das gestohlene Dokument ist, jene Feuerschrift, von der Abela sprach?«
»Ich kann es zwar nicht lesen, aber ich würde meinen rechten Arm darauf verwetten, dass dieses Papyrus genau das ist.«
Des Paters Augen weiteten sich, er schluckte.
»Aber dann müssen wir zurück nach Rom. Ich habe einen Freund, der sich mit dem Hebräischem auskennt. Er ist verschwiegen und absolut verlässlich.«
Matthias schwieg und lächelte still in sich hinein. Der Pater hatte Recht. Hier konnte man den Fund unmöglich übersetzen lassen. Die Malteser würden sofort Wind davon bekommen und alles daran setzen, diesen Papyrus in die Hände zu bekommen. Maurus van Leuven war zu weit weg, irgendwo in Flandern unterwegs. Maurus hätte jetzt helfen können! Einen kurzen Augenblick versuchte Matthias sich vorzustellen, wie sein Freund wohl vorangekommen war, ob er schon Beweise für
Weitere Kostenlose Bücher