Das Geheimnis der Rosenlinie - Esch, W: Geheimnis der Rosenlinie
gleich als Amtsperson erkannt habe. Johann Hardenrath heiße ich. Liebknecht sagtet Ihr? Natürlich! Euer Name ist mir wohl bekannt, seid willkommen in unserer Stadt«, gab Hardenrath nun devot zurück.
»Habt Dank, Herr Bürgermeister Hardenrath.«
Matthias’ Mundwinkel umspielte ein überlegenes Lächeln. »Was geschieht mit dem Juden?«
Der Bürgermeister räusperte sich verlegen.
»Wenn ich Euch das in meinem Bureau erklären dürfte.«
»Sehr wohl, so gehen wir!«
Johann Hardenrath deutete mit einer Handbewegung die Treppe hinauf.
»Bringt den Mann endlich in die Amtsstube!«, herrschte er die Stadtwachen nochmals an.
»Ihr müsst wissen, dass die Juden in Cölln schon seit jeher große Schwierigkeiten bereiten und immer wieder großen Unmut hervorrufen,« begann Hardenrath.
»Vor zweihundert Jahren gab es in Cölln ein großes Judenviertel, sogar dieses Rathaus hier befand sich inter iudaeus, also unter den Juden. Zu Anfang betätigten sich die Juden als Händler. Als sich aber auch die Cöllner Kaufleute mit dem Fernhandel beschäftigten, kam es immer öfter zu Auseinandersetzungen mit den Juden. Die Juden gingen allmählich dazu über, ihrer cöllnischen Konkurrenz Geld zu leihen. Denn der Fernhandel war ein riskantes Geschäft. Die Kredite wurden dann oftmals nur gegen unverschämte Wucherzinsen gewährt. Letztendlich führte es dazu, dass der Rat der Stadt Cölln vor –«; Hardenrath stockte für einen Augenblick und überlegte, um dann fortzufahren. »Ja, es war vor zirka 200 Jahren. Da beschloss der Rat der Stadt Cölln, die hier lebenden Juden auf alle Ewigkeit aus der Stadt zu verbannen. Es gab damals einen heftigen Streit zwischen Bürgern und Erzbischof. Es ging um die Aufteilung der von den Juden zu entrichtenden Abgaben. Die Juden. Sie ließen nichts unversucht, um Unfrieden unter den gutgläubigen Christen zu säen. Seitdem leben die Juden mit ihren Familien in Deutz. Doch immer wieder kommt es zu Übergriffen und die Juden schleichen sich verbotenerweise in die Stadt.«
»Und was macht Ihr mit ihnen, wenn Ihr sie dingfest macht?«, erkundigte sich Matthias.
»Normalerweise sperren wir sie für zwei, drei Tage ein, peitschen sie aus und jagen sie wieder davon. So manches Mal stellen wir sie auch für ein paar Tage an den Pranger.«
»Und was geschieht mit jenem Juden von eben?«
Johann Hardenrath zuckte mit den Schultern. »Er hat einen Aufruhr verursacht und man wirft ihm wohl vor, für das Unwetter verantwortlich zu sein. Ich werde die Sache wohl untersuchen lassen müssen.« Hardenrath warf Matthias einen verstohlenen Blick zu, der den Hinweis sehr wohl verstand.
»Kraft meiner Autorität als Sonderermittler im Dienste unseres erlauchten Erzbischofs übernehme ich hiermit die Untersuchung des heutigen Vorfalles.«
»Gern, zu Euren Diensten, Herr Commissarius«, freute sich Hardenrath sichtlich erleichtert, diese unangenehme Sache wegdrücken zu können. »Ihr habt ja gewiss alle Befugnisse, ehrenwerter Commissarius, wie kann ich Euch zu Diensten sein?«, katzbuckelte der Bürgermeister.
Zwar angewidert von Hardenraths heuchlerischer Art, verkniff sich Matthias jedoch eine Bemerkung.
»Ich danke Euch, Bürgermeister Hardenrath, für Euer Angebot. In der Tat, ich bedarf Eurer geschätzten Hilfe, jedoch in einem anderen Falle. Ich bin auf der Suche nach alten Prozessunterlagen, sehr alten Prozessunterlagen. Vom Mordprozess gegen Friedrich von Isenberg, der einstmals den seligen Erzbischof Engelbert von Berg ermordete. Diese Akten befinden sich hier in den Archiven der Stadt Cölln.«
»Das sind in der Tat sehr alte Unterlagen, Commissarius. Wenn ich mich nicht irre, ist das bereits mehr als 400 Jahre her.«
»Ihr irrt Euch nicht.«
»Darf ich fragen, wofür Ihr diese Unterlagen benötigt?«
Matthias beugte sich jetzt vor und tat äußerst geheimnisvoll.
»Ich werde Euch etwas anvertrauen. Habe ich Euer Wort?«
»Aber selbstverständlich, Commissarius.«
So hört denn: Unser Erzbischof plant, Engelbert von Berg heilig sprechen zu lassen. Er möchte damit seinem Volk im Churfürstentum – und hier seien insbesondere die Cöllner genannt – seine besondere Gunst erweisen. Schließlich wird Engelbert doch schon von vielen als Heiliger verehrt.«
»Ja, das stimmt, Commissarius. Engelbert genießt in der Bevölkerung ein hohes Ansehen, hat er doch viel Gutes getan, wie man so hört«, ereiferte sich Hardenrath. »Ich werde sofort jemanden beauftragen, die Findbücher
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