Das Geheimnis der Rosenlinie - Esch, W: Geheimnis der Rosenlinie
das Wetter, van Leuven, wir sitzen hier im Trockenen, allein der Kutscher sollte uns Leid tun; er ist schlimmer dran. Doch lasst uns die Zeit nutzen, zeigt mir endlich Eure Zeichnungen.«
Maurus nestelte umständlich zwei größere Blätter aus seiner Tasche hervor.
»Hier seht Ihr die Sargdeckel eines Ritters und einer Frau. Interessant ist vor allem der Schild, der zusätzlich das Grab des Ritters ziert. Seht, ein Kreuz teilt den Schild in vier Teile. Erkennt Ihr da das Tatzenkreuz? An allen Punkten mit Rosen besetzt. Und da links oben das Lindenblatt! Es entspricht exakt dem auf der Münze, die ich Euch bereits übergeben hatte«, erklärte Maurus.
Sofort holte Matthias die besagte Münze aus der Brusttasche seines Rockes hervor. Akribisch verglich er beide Darstellungen: »Ja, ihr habt recht, die Ähnlichkeit ist nicht zu leugnen.
Maurus reichte Matthias jetzt das zweite Blatt:
»Hier die Abbildung der fünfblättrigen Rose, die sich auf dem Sarg befand, der in der separaten Kammer gefunden wurde.«
»Und am Stiel befinden sich drei Blätter«, bemerkte Matthias sehr ernst.
Maurus blickte auf: »Ja, und? Ist doch normal!«
»Seht ihr es denn nicht, van Leuven? Seht Euch doch einmal die Anordnung der Blätter an, sie bilden ein exaktes Dreieck, das in seiner Größe auch die fünfblättrige Rose umfasst. Der Stiel ist so auffällig geschwungen, dass man einen Fluss oder eine Straße darin erkennen könnte.«
»Mein Gott, Ihr habt Recht, Liebknecht. Wie konnte ich das übersehen? Und woher wisst Ihr so viel darüber?«
Matthias lächelte still und dachte augenblicklich an Frater Jakob. Ob er schon Santiago de Compostela erreicht hatte und sich nun endlich Jakobspilger nennen durfte?
»Ein guter Freund hat mir beigebracht, so manch Zeichen zu interpretieren. Fra Jakob, ein Zisterzienser.
»Und was ist mit dem dritten Blatt? Was sagt Ihr dazu?«, wollte Maurus nun wissen.
»Ich vermute, dass dieses dritte Blatt einen bestimmten Punkt markiert, aber wozu? Was meint Ihr, könnte das ein Hinweis sein? Aber worauf? Was hat sich tatsächlich in diesen Gräbern befunden?«
»Hegt Ihr etwa Zweifel, dass sich darin die Gebeine Verstorbener befinden?«
Erstaunt sah Maurus den Anwalt an.
»Ja und nein. Sicher werden sich in dem Grab des Ritters und der Dame auch deren Gebeine finden lassen. Aber merkwürdig ist es doch schon, dass man diesen dritten Sarkophag separat von den anderen versteckte.«
»Die Grabkammern sind durch die Sprengung im Februar verschüttet und der Churfürst hat verboten, Ausgrabungen anzustellen wegen der Totenruhe, die nicht gestört werden darf.«
»Ja, das ist schade. Aber vielleicht lässt sich auch da irgendwann ein Weg finden. Schließlich sollen wir ja auch nebenbei ermitteln, wer hinter diesem gemeinen Anschlag steckt.«
Eine Zeitlang saßen sich die beiden Männer schweigend gegenüber, hingen ihren Gedanken nach.
Kurz vor den Toren Cöllns, Brühl lag schon eine Viertelstunde hinter ihnen, zeigte Maurus aufgeregt aus dem kleinen Kutschenfenster.
»Liebknecht, es schneit!«
Auch Matthias sah jetzt, wie der Wind Schneeflocken durch die Luft wirbelte, die alsbald zu einem dichten Schneetreiben wurden.
»Mitten im Mai Schnee«, murmelte er und beobachtete fassungslos, wie sich der Wind zum Sturm entwickelte und aus dem Schnee Graupel wurde, um letztendlich als taubeneigroße Hagelkörner auf die Erde zu prasseln.
»Liebknecht, was hat das zu bedeuten, Schnee und Hagel im Mai?«, fragte Maurus mit tonloser Stimme.
»Ich weiß es nicht, jedenfalls ist dieses Wetter zu dieser Jahreszeit mehr als ungewöhnlich«, sagte er und dachte im gleichen Moment wieder an den Mann auf dem Kutschbock, der jetzt die Pferde zu großer Eile antrieb, da die Tore Cöllns schon in Sichtweite waren. Der Hagelschlag ging in Schneeregen über, als sie die Severinspforte passierten und der Kutscher weiter Richtung Rathaus fuhr. Die Straßen waren über und über mit dicken Hagelkörnern übersät, nicht ungefährlich für die Pferde. Vorbei an zerstörten Marktständen und aufgeregten Menschen, die bereits bemüht waren, die Sturm- und Hagelschäden an ihrem Hab und Gut zu beseitigen, zogen die Pferde unsicher die Kutsche.
Matthias ließ zuerst am Rathaus halten, da er dort in den alten Akten vom Mordprozess um Engelbert von Berg lesen wollte. Maurus, mit seinen großen Sprachkenntnissen, sollte ihm dabei behilflich sein, unwiderlegbare Hinweise für die Echtheit des Vermächtnisses der Sophie von
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