Das Geheimnis der Rosenlinie - Esch, W: Geheimnis der Rosenlinie
ihn stets zu verinnerlichen.«
»Darauf lasst uns trinken, van Leuven«, hob Matthias sein Glas. »Lasset uns auf die Freundschaft trinken – auf unsere Freundschaft. Ich glaube, es ist Zeit, dass ich Euch fortan Maurus nenne.«
Überrascht sah der Jesuit auf.
»Übrigens – das gilt auch für Euch. Ihr dürft mich fortan Matthias nennen«, fügte Liebknecht hinzu.
»Das – das – jetzt bin ich aber überrascht«, freute sich Maurus und stieß gelöst mit Matthias an.
*
Zu Christi Himmelfahrt am nächsten Tag bat Churfürst Ferdinand seine Ermittler gleich nach der Messe zu einer kurzen Unterredung, um beide nochmals auf ihre Aufgaben und die notwendige Wahrheitsfindung einzuschwören. Danach machten sich Matthias und Maurus auf den Weg nach Deutz zu Salman Schwarz.
»Hochverehrter Herr Commissarius, ich bin Euch für die Rettung meines Sohnes zu großem Dank verpflichtet. Habt tausend Dank!« Salman Schwarz war sichtlich bewegt. »Ich will mir gar nicht erst ausmalen, was geschehen wäre, hätte man ihn der Hexerei angeklagt. Habe ich doch gerade erst mein jüngstes Kind, meine geliebte Tochter Hannacha, verloren.«
»Ihr seid mir nicht zu Dank verpflichtet«, wehrte Matthias verlegen ab. »Ich tat es gern.«
»Was keine Selbstverständlichkeit ist!«, betonte Salman Schwarz wieder. »Jeder andere Ratsdiener in Cölln hätte ihm den Prozess gemacht. Ihr seid ein bemerkenswerter Mann.«
Matthias nickte dankend.
»Aber seid Ihr doch nicht hier, um meinen Dank zu empfangen. Mein Sohn berichtete mir, ihr begehrt Auskunft über Engelbert von Cölln.« Die Stimme des Alten, dessen Gesicht deutlich die Spuren des Alters, aber auch des ertragenen Leides trug, bekam auf einmal einen fröhlichen Klang.
»Nun denn, so lasst es mich erklären«, begann Matthias. »Mein Herr, Churfürst Ferdinand, wünscht, Engelbert I von Cölln heilig sprechen zu lassen. Daher beauftragte er uns beide, alles über seinen verstorbenen Amtsvorgänger zusammenzutragen, was möglicherweise von Belang in dieser Angelegenheit ist.«
»Ich verstehe«, entgegnete Salman Schwarz. »Den Katholiken war es schon immer wichtig, neben Gott noch weitere Götzen anbeten zu können. Verzeiht mir meine Worte, aber anders vermag ich die Verehrung von Heiligen nicht ansehen zu können. Nun denn, auch wir Juden verehren Engelbert von Cölln in hohem Maße. So schützte er uns gemäß dem Versprechen seiner Amtsvorgänger vor dem Zorn und den Unbilden der Christen und erlaubte uns, zu Cölln sogar unseren eigenen Friedhof bei Raderberg anzulegen. Seinem weisen Ratschluss entsprechend, siedelten wir uns später hier in Deutz an, damit uns unsere geliebte Heimatstadt Cölln nicht ganz verloren ginge. Grausame Herren waren das, die einst herrschten und uns aus Cölln gänzlich vertrieben. Der Hass der Christen auf die Juden ist allenthalben spürbar. Ihr macht uns schon seit vielen Jahrhunderten für den Tod Eures Gottessohns verantwortlich. Ihr gebt uns die Schuld, dass der Nazarener gekreuzigt wurde.
Es ist wohl der weise Ratschluss des Herrn der Heerscharen, dass die Dinge so sind, wie sie sind. Ich danke ihm für jeden guten Tag, den er mir in meinem Leben gewährt hat. Und ich danke dem Herrn dafür, dass er Euch gesandt hat, um meinen Sohn Moses zu beschützen.
So werde ich euch helfen, Advocatus, vielleicht nicht sehr viel. Ich weiß nicht sehr viel. Doch ein Vetter von mir, Aaron Trachmann, ein Tuchhändler aus Frankfurt, bewahrt den alten Familienschatz, der aus der Zeit stammt, als man in Cölln die Juden verfolgte und ermordete. Ihr müsst wissen, als zu Cölln im Jahre 1349 die Pest ausbrach, so wie in vielen Teilen Europas und diese binnen weniger Jahre die Hälfte aller Menschen tötete, machte man auch in Cölln uns Juden für den Tod der Menschen verantwortlich. Man bezichtigte uns, Brunnen vergiftet zu haben, um dadurch die Seuche zu verbreiten. Dabei lag es allein an der Reinlichkeit der Juden, dass wir die Seuche unbeschadeter als die Christen überlebten. Ja, auch Juden fielen ihr zum Opfer, oftmals jüdische Ärzte oder Seelsorger, die sich der armen Kranken annahmen, um ihnen zu helfen. Dabei infizierten sie sich auch mit dieser Pestilenz und starben letztendlich qualvoll. Viele der jüdischen Familien versteckten beziehungsweise vergruben ihre Schätze. Ganze Familien wurden ausgerottet und kaum einer überlebte diese Judenschlacht. Gott sei es gedankt und seinem weisen Ratschlusse, dass unsere Familie als eine der wenigen
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