Das Geheimnis der Rosenlinie - Esch, W: Geheimnis der Rosenlinie
nicht, dass der Hochmeister Johann Eustach von Westernach in diesem Moment sehr überrascht war. Seine Augenbrauen zuckten und seine Stirn legte sich kurz in Falten.
»Darf ich mir die bescheidene Frage erlauben, wie Euch ein Einblick in die Archive des Deutschordens helfen kann?«
»Eigentlich darf ich ja nicht darüber sprechen«, tat Matthias jetzt geheimnisvoll und hoffte, so die Neugierde des Mannes zu wecken, »aber Euch kann ich sehr wohl ins Vertrauen ziehen.«
Der Hochmeister war sich unschlüssig, ob das nur eine spielerische Offerte auf diplomatischem Parkett war oder Arglosigkeit eines obrigkeitshörigen, churfürstlichen Beamten.
»Ich denke schon, schließlich dienen wir beide ja dem gleichen Herrn .« Die Antwort klang verbindlich liebenswürdig, aber Westernach war im Umgang mit Diplomatie sehr geübt und daher gegenüber gewissen Angeboten zunächst misstrauisch. Das weitere Gespräch würde zeigen, wie er den churfürstlichen Commissar einzuschätzen hatte.
»Verzeiht, Exzellenz, aber dem gleichen Herrn, wie meint Ihr das?«
Der Ordensritter erhob sich und schritt zur gegenüberliegenden Wand, an der ein Bild mit Maria und dem Jesuskind hing. Westernach zeigte auf Jesus.
»Es gibt nur den einen Herrn , Liebknecht! Ihn meine ich. Ihr dient ihm, indem Ihr Churfürst Ferdinand dient und ich, weil ich den ihm am treuesten ergebenen Ritterorden führe, den Deutschorden. Unsere Chevaliers unterstützen die Katholische Liga im Kampf gegen die Protestanten und Feinde des Kaisers bereits vielerorts. Das weiß der Kaiser, das weiß besonders der Heilige Vater in Rom. Sie zählen auf uns und sind dankbar für jeden neuen Chevalier, den wir hinzugewinnen können.«
»Verstehe«, murmelte Matthias und es war ihm klar, dass er Westernach beinahe falsch eingeschätzt hätte. Der Hochmeister war kein blasierter Adliger, der nach dem Ausscheiden aus dem Amte auf eine beträchtliche Apanage hoffte, sondern ein kühler, intelligenter Machtmensch, der sich seiner Stärken durchaus bewusst war. Der Hochmeister registrierte Matthias’ Verblüffung mit einem kaum merklichen Lächeln, faltete zufrieden die Hände auf dem Rücken und kam auf Matthias zu. Seiner augenblicklichen Überlegenheit durchaus bewusst, durfte er dies jedoch nicht zu deutlich zeigen, um den Commissarius nicht noch mehr zu verunsichern, denn er wollte ihn ja für den Orden gewinnen.
»Nun denn, dann berichtet mir doch von Eurem delikaten Auftrag. Geht es um eine Dame von Ehre und Rang?« Liebenswürdig lächelnd klopfte Westernach dabei Matthias auf die Schulter, der den Hochmeister jetzt noch erstaunter ansah.
»In der Tat, Exzellenz. Woher wisst Ihr?« Matthias erhob sich ebenfalls, denn er wollte nicht unhöflich erscheinen. Der Deutschordensmann winkte nonchalant ab.
»Reine Intuition, Liebknecht. Ich habe es nur geraten. So lasst denn hören!«
In knappen Worten berichtete Matthias dem Hochmeister von Churfürst Ferdinands Bemühungen, dessen vierhundert Jahre zuvor ermordeten Amtsvorgängers Engelbert von Berg in den Stand der Heiligen erheben zu lassen, und dass diesen Bemühungen das Vermächtnis der Sophie von Limburg entgegen steht. So seien er und ein Jesuit namens Maurus van Leuven beauftragt worden, die Echtheit dieser Hinterlassenschaft zu überprüfen.
»Eine spannende Geschichte wie mir scheint. Aber was daran führt Euch nun nach Mergentheim?«, hinterfragte Westernach.
»Exzellenz, es gibt ein paar Hinweise, die in diesem Zusammenhang auf eine Auseinandersetzung zwischen dem Deutschen Orden und …«, Matthias stockte einen kurzen Moment, suchte nach den passenden Worten. Westernach sah ihn erwartungsvoll an. »… und einer, sagen wir bisher unbekannten, geheimen Bruderschaft, die sich Johannisritter nannten.«
»Geheime Bruderschaft, hm, Ritter – wie sagtet Ihr gleich?«
»Johannisritter, Exzellenz!«
»Dieser Engelbert lebte im frühen 13. Jahrhundert, sagtet Ihr?« Mit Daumen und Zeigefinger seiner Linken hielt er sein Kinn, blickte versonnen drein und drehte sich leicht von Liebknecht weg. War er wirklich überrascht oder war dies das Spiel eines Komödianten? Auf jeden Fall war er nachdenklich, dessen war sich Matthias sicher. »Ja!« antwortete er kurz.
Westernach drehte sich wieder zu ihm hin. »Wir verfügen in der Tat über umfangreiche Aufzeichnungen seit Bestehen unseres Ordens, aus den Jahren seiner Gründung in Jerusalem, als wir noch der Ordo fratrum domus Sanctae Mariae Theutonicorum
Weitere Kostenlose Bücher