Das Geheimnis der Rosenlinie - Esch, W: Geheimnis der Rosenlinie
ist alles aufgezeichnet und katalogisiert, was sich in unserer Bibliothek und dem Archiv befindet«, fuhr er beflissen fort. Matthias dankte mit einem freundlichen Kopfnicken.
»Seine Exzellenz hat mich angewiesen, Euch beratend zur Seite zu stehen. Darf ich den ehrenwerten Commissar fragen, wonach wir suchen müssen?«
Matthias erklärte Bodo von Stockhausen kurz sein Anliegen.
»Oh, das erleichtert die Suche aber kaum. Das heißt, wir müssen alle Aufzeichnungen von etwa 1200 bis etwa zum Jahr 1480 nach Hinweisen durchforsten. Keine leichte Aufgabe«, stellte der Bibliothekar beinahe entmutigt fest.
»Niemand sprach von einer leichten Arbeit, werter Bibliothekar. Dann lasst uns sogleich beginnen.«
Bodo von Stockhausen wollte damit beginnen, die Findbücher mit Aufzeichnungen jüngeren Datums wegzulegen, als Matthias ihn unterbrach.
»Lasst alle Bücher hier. Wer weiß, was wir für Hinweise finden, Vielleicht brauchen wir sie noch. Habt Ihr genug Papier und Tinte, damit wir die Fundstellen herausschreiben können?«
»Nein, ich wusste nicht ... verzeiht, ich lasse sofort Papier, Tinte und Feder bringen.« Bodo nahm eine kleine Glocke, die auf dem Tisch stand, läutete und gab dem sofort herbeieilenden Diener auf, die gewünschten Dinge zu bringen.
Danach saßen sich Matthias und der Bibliothekar schweigend gegenüber und gingen die Findbücher durch.
»Hier, hier! Ich habe einen Eintrag gefunden«, meldete sich der feiste Bibliothekar zur Wort. Es ist ein Eintrag über einen Brief an Hermann Salza, wohl einer der bedeutendsten Hochmeister unseres Ordens.«
»Was ist daran für uns wichtig?«, wollte Matthias wissen.
»Es geht um die Einrichtung der Ballei Coblentz im Jahre 1216. Ein Sekretär des Trierer Erzbischofs Theoderich von Wied spricht von einer Bastion gegen die Ketzer.«
»Notiert die Fundstelle. Wir werden uns das später genauer ansehen.«
Wenig später notierte Matthias selbst eine Fundstelle: Inquisitionsverfahren gegen Heinrich III von Sayn
Er überlegte, Heinrich von Sayn schlug einst seinen mutmaßlichen Urahn, Wilfred vun de Lynde, zum Ritter. Ein Ketzerprozess gegen diesen Mann? Das erschien Matthias höchst interessant. Direkt darunter fand er eine weitere Eintragung: Ermordung des Inquisitors Konrad von Marburg
Auch diese Stelle schrieb er heraus.
»Sagt Euch der Name Caesarius von Heisterbach etwas?«, fragte der Bibliothekar, ohne dabei aufzusehen, die Nase dicht über dem Findbuch, um die stellenweise verblichenen Eintragungen besser lesen zu können.
»Ja, was ist damit?«, antwortete Matthias.
»Er beklagt sich über Inquisitionsverfahren, wobei sogar eine Kirche bei Bonn vernichtet wurde. Das steht direkt unter einem Eintrag hinsichtlich einer Hagiographie über Engelbert von Cölln. Das ist doch das, was Ihr sucht?«
»Aber ja, los, schreibt es sogleich auf.«
Sie arbeiteten noch Stunden, fanden aber keine weiteren Fundstellen mehr. Schließlich wurde es Abend und Matthias musste sich für den bevorstehenden Empfang noch umkleiden.
»Wir machen morgen weiter, Stockhausen. Während wir die restlichen Findbüchern nach Quellen untersuchen, könnt Ihr die Unterlagen zu den Fundstellen schon heraussuchen lassen.«
Während sich Matthias auf dem Empfang vorbereitete, eilte Bodo von Stockhausen zu Hochmeister Johann Eustach von Westernach und unterrichtete ihn über die Fundstellen.
»Sehr schön, Stockhausen. Er soll die Unterlagen bekommen. Aber bleibt wachsam. Darum sucht sie jetzo selbst heraus. Geht sie durch und erstattet mir noch vor Eurer nächsten Zusammenkunft Rapport.«
»Sehr wohl, Exzellenz. Ich werde mich sogleich an die Arbeit machen.«
Hochmeister Westernach rieb sich die Hände. Alles schien sich so zu entwickeln, wie er es geplant hatte.
Als Matthias den Speisesaal des Schlosses betrat, waren bereits alle Gäste und der Hochmeister des Deutschen Ordens versammelt. Westernach stellte Matthias den Bürgermeister von Mergentheim vor, einige seiner Offiziere, die Vertreter des Klerus und bedeutende Bürger der Stadt. Alle waren in festlicher Gewandung erschienen, so dass es Matthias beinahe wie eine Modenschau vorkam. Man zeigte, was man hatte und wer man war. So trugen die Frauen lange, weich fallende Kleider in eleganten Formen aus verschiedenen Stoffen wie feiner und grober Seide, Tuch, Wolle, Fries, Leinen, Barchent – ein Mischgewebe aus Leinen und Baumwolle – oder dem gröberen Zwillich in dunklen Farben. Die Stoffe waren zumeist ungemustert.
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