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Das Geheimnis der Rosenlinie - Esch, W: Geheimnis der Rosenlinie

Das Geheimnis der Rosenlinie - Esch, W: Geheimnis der Rosenlinie

Titel: Das Geheimnis der Rosenlinie - Esch, W: Geheimnis der Rosenlinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilfried Esch
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Hinrichtung zurück und bereitete sich auf seine Weiterreise vor.

Kapitel 26
Der Anschlag
    Abtei Villers, etwa zur selben Zeit.
    Maurus saß reglos am Tisch, starrte vor sich hin ins Leere. Die Worte Frater Jeans klangen in ihm nach. Natürlich kannte er die Monita Secreta, die geheimen Ermahnungen! Doch was war noch geheim daran, wenn sie auch Brüdern anderer Orden bekannt waren, und vielleicht nicht nur ihnen, sondern auch vielen anderen Christen, die deshalb die Jesuiten verachteten und zugleich fürchteten.
    Er war Maurus van Leuven SJ. Als Jesuit gehörte er zu den Regularklerikern, besaß daher keine besondere Ordenskleidung und kannte auch kein gemeinsames Chorgebet. Als Mitglied des Ordens trug er nur den Namenszusatz SJ für Societas Jesu, dereinst gegründet von Ignatius von Loyola. Maurus gehörte zu einer aus seiner Sicht freigeistlichen Ordensgemeinschaft, lebte aber nicht zurückgezogen wie Mönchsgemeinschaften, zum Beispiel die Zisterzienser von Villers, in deren Mitte er im Augenblick aufgenommen worden war. Auch er trug damit zur Gegenreformation bei, gegen die von der heiligen Mutter Kirche als Häresie betrachtete protestantische Reformation. Und auch er unterlag den strengen Regeln, wie dem absoluten Gehorsam gegenüber seinem Orden, was bedeutete, sich fremdem Willen uneingeschränkt, gleich einem willenlosen Kadaver, zu unterwerfen. Die Menschen spotteten daher oft über den unbedingten Gehorsam der Jesuiten als Kadavergehorsam. Trotzdem war es für ihn nicht nur Pflicht, sondern auch Berufung, den Wünschen der Gesellschaft Jesu nachzukommen. So hatte er auch die Freundschaft seines Herrn, Churfürst Ferdinand von Cölln, zu den Jesuiten nicht nur zu erwerben, sondern auch unbedingt zu erhalten. Er musste insbesondere alle Anstrengungen unternehmen, um überall das Ohr und das Herz seines Fürsten zu gewinnen, damit später niemand es wagte, sich gegen SJ zu erheben, damit im Gegenteil sich jedermann in ein Abhängigkeitsverhältnis zu SJ gedrängt sähe. Da aber die Erfahrung lehrt, dass Fürsten und Große sich besonders dann geistlichen Personen geneigt zeigen, wenn diese Letzteren deren hassenswerte Taten zu ignorieren scheinen, wenn sie dieselben vielmehr zum Besseren kehren, wie man dies bei der beabsichtigten Eingehung von Ehen mit Verwandten oder Blutsverwandten oder ähnlichen Dingen beobachten kann, so müssen diejenigen, welche dieses oder Ähnliches erstreben, ermutigt werden, indem man ihnen die Hoffnung zeigt, dass dergleichen Dispense vom Papste durch unsere Vermittlung, sprich des Ordens, leicht zu erlangen seien. Der Letztere wird dieselben gewähren, wenn die Gründe auseinandergesetzt, Vorgänge angeführt und günstige Aussprüche erwähnt werden unter dem Vorwand der Rücksicht auf das öffentliche Wohl und die Erhöhung des Göttlichen Ruhmes, welcher der Zielpunkt von SJ ist.
    Erst jetzt bemerkte Maurus van Leuven entsetzt, dass er diese Zeilen gerade abgelesen hatte aus einem Text, den ihm Frater Jean heimlich zwischen die erwünschten Dokumente geschmuggelt hatte und der jetzt ausgebreitet vor ihm lag. Maurus schreckte zurück. Was sollte das? Wollte dieser unheimliche alte Mönch ihn manipulieren? Angestrengt dachte Maurus nach. Konnte es wirklich sein, dass er Churfürst Ferdinand zu Willen war, um die Macht und den Einfluss der Gesellschaft Jesu am churfürstlichen Hof zu Cölln zu mehren?
    Ferdinand hatte schon immer jesuitische Berater am Hofe bevorzugt, war ein ausgesprochener Gegner der Reformation und führendes Mitglied der Gegenreformation in deutschen Landen.
    Maurus glaubte, seinen Churfürsten durch Kompetenz überzeugt zu haben, doch besaß er wirklich sein Vertrauen? Oder war es eher so, dass Ferdinand ihn manipuliert hatte, um ihn für seine Zwecke und Ziele zu benutzen? Maurus sah sich wie den Hierophanten, eine Spielkarte im Tarot, die für Fragen nach dem Sinn und der Wahrheitssuche steht. In diesem Kartenspiel kann der Hierophant als Offenbarung, auch als Erleuchtung gedeutet werden, bedeutet aber gleichzeitig auch Intoleranz, sogar Anmaßung.
    So blätterte Maurus, ohne den Inhalt wirklich wahrzunehmen, die vor ihm liegenden Unterlagen durch.
    Konnte es wirklich sein, stimmten die Vorwürfe, die man gegen seine Glaubensbrüder, gegen seinen Orden und somit auch gegen ihn selbst erhob? Laxheit in der Moral warf man ihnen unter anderem vor. Doch was er hier mit eigenen Augen sah, war das nicht ebenfalls lax und unmoralisch? Maurus sah sich gar

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