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Das Geheimnis der Salzschwestern

Das Geheimnis der Salzschwestern

Titel: Das Geheimnis der Salzschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Baker
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irgendeine Vorschrift verstoße. Er hat damit gedroht, jeden zu verhaften, der Chemikalien ins Feuer werfen würde. Das hat irgendwie die ganze festliche Stimmung kaputt gemacht. Claire hat nie was dazu gesagt, aber wir wussten alle, dass das auf ihrem Mist gewachsen war. Ich möchte gar nicht wissen, wie viele Spenden die lokalen Ordnungshüter dafür von ihr eingestrichen haben.«
    »Und warum gibt es das Feuer dann überhaupt noch?«, fragte Dee.
    Mr Weatherly setzte seine Kappe auf. »Manchmal ist es gar nicht so wichtig, was man tut, sondern vielmehr, aus welchem Grund. Und wahrscheinlich ist es jetzt auch längst zu spät, um unsere Bräuche noch zu ändern. Also machen wir einfach weiter, so gut es geht.« Dee sah zu, wie er sich hinaus in die eisigen Krallen des kalten Nachmittags wagte, während Schneeflocken um ihn herumtanzten wie kleine Teufel mit bösen Absichten. Sie fragte sich, ob er sich vielleicht nicht nur auf das Feuer bezog, sondern vielmehr auf diese ganze bescheuerte Stadt – die nun ihres Salzes beraubt und bis ins Mark verfroren war, und unter dem Gewicht von Claires ungeborenen Babys ächzte. Dee griff wieder nach dem Lappen und wrang ihn aus. Wenigstens dem konnte sie Erleichterung verschaffen.
    Schließlich konnte Dee beruhigt feststellen, dass beim Dezemberfeuer alles genauso ablief, wie von Mr Weatherly prophezeit. Die Nacht war klar und beinahe klinisch kalt. Die Sterne schwirrten wie kleine Insekten am Himmel, und wie aus Protest ächzte und knackte das Holz des innovativen Quadrates, als es in Brand gesetzt wurde. Dee beobachtete, wie die Gesichter der Menschen im orangefarbenen Licht der Flammen tanzten und von ihnen verzerrt wurden. Die Bürger von Prospect standen in kleinen Grüppchen zusammen, die Hände in den Taschen vergraben. So mancher nahm einen tiefen Schluck aus einem Flachmann, und es wurden Pläne für den nächsten Sommer geschmiedet, obwohl Dee sich überhaupt nicht vorstellen konnte, dass die Welt je wieder auftauen und sie noch einmal leuchtend grünes Gras zu Gesicht bekommen würde.
    Sie war allein. Ihr Vater hatte trotz allem beschlossen, den Imbiss heute Abend nicht zuzumachen, und obwohl die Leute wussten, wer sie war, kannte man sich doch nicht gut genug, um sie aufzufordern, sich einer Gruppe anzuschließen. Sie beobachtete ein paar etwa gleichaltrige Highschoolmädchen, die sich kichernd über einen Jungen ausließen, der ihnen gefiel, aber als sie ihren Blick bemerkten, verhärteten sich ihre Mienen zu leeren Masken, und Dee ging schnell weiter, auf die andere Seite des Feuers. Sie dachte daran, dass sie vor ein paar Monaten noch die Gelegenheit gehabt hätte, an den Plänen und Intrigen dieser Mädchen teilzuhaben. Sie trat näher an die Hitze des Feuers heran und ließ einen Moment lang den bedrückenden Gedanken an den Tod ihrer Mutter zu. Was die wohl von dieser Feier gehalten hätte? Aber noch bevor Dee sich zu sehr in ihrer Trauer suhlen konnte, packte sie jemand an der Schulter. Whit hatte sie also wie verabredet gefunden.
    »Lass uns hier verschwinden«, drängte er, »bevor noch jemand merkt, dass ich hier bin.« Dee hätte ihn selbst kaum erkannt. Wie viele der anderen Männer trug er eine Wollmütze, einen dunklen Parka und Jeans. Ihm war in den Klamotten so unbehaglich zumute, dass Dee beinahe gelacht hätte, aber dann zog sich bei ihr in der Magengegend alles zusammen, als ihr klar wurde, welchen Aufwand er da gerade betrieb, nur um sie zu sehen. Sie fragte sich, woher er die Sachen wohl hatte, beschloss aber, lieber nicht zu fragen. Bei Whit war es immer besser, nicht die Details des großen Ganzen zu kennen.
    Als sie die Schatten erreichten und weit genug vom Feuer entfernt waren, ließ er zu, dass sie ihm den Arm um die Hüfte legte. Wenn sie jetzt jemand beobachtete, dachte Dee, dann würde er sie wohl für ein Paar halten. Ein Außenstehender würde nur ihre vertraute Haltung sehen und nicht all das, was sie eigentlich voneinander trennte: ihre ungleiche soziale Stellung, seine Ehe, der Altersunterschied. Wortlos umrundeten sie den Park und hielten dann im Schutze der Dunkelheit auf Plover Hill und den Birnbaum zu. Von Zeit zu Zeit flog ein vereinzelter Funken über sie hinweg, leuchtete zunächst hell und verglühte dann zu einem weißen Fleck sinnloser Asche. Ohne Vorwarnung lehnte Whit Dee gegen den Baum und begann, ihr die Hose aufzuknöpfen.
    »Komm schon, lass mich rein.« Seine Stimme war ein heißes Brummen an ihrem Ohr, und einen

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