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Das Geheimnis der Salzschwestern

Das Geheimnis der Salzschwestern

Titel: Das Geheimnis der Salzschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Baker
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Babys, die Claire nicht hatte austragen können, lähmte ihr die Zunge. Whit wartete darauf, dass sie weitersprach. »Und jetzt machen sie es eben nicht mehr«, endete sie lahm.
    Whit trat einen Schritt von ihr weg, so dass sie sein Gesicht nicht sehen konnte. Als er sprach, ächzte seine Stimme: »Du weißt gar nichts über meine Vergangenheit, Dee.«
    Und dann war er plötzlich fort, verschmolzen mit der Nacht. Allerdings nicht völlig, so geschickt war er dann doch nicht. Zum einen hörte man seine Schritte im Schnee, als er den Hügel hinaufeilte, heim zu Claire, und zum anderen sah man seine bloßen Hände in der Finsternis leuchten. Und sein Geruch löste sich nur langsam von ihr, in langen Streifen, so wie das Papier um ein Geschenk, welches man in der Hoffnung auspackte, es würde lange halten.
    Dee wischte sich über die Jeans und machte sich auf den langen Rückweg zur Bank Street. Sie wollte die Ruhe der Nacht nur ungern gegen die Geschäftigkeit des Lokals eintauschen. Ihre Schritte wurden immer langsamer, aber fast gegen ihren Willen war sie da, ehe sie sich’s versah. Mit einem Mal stand sie schon vor den schiefen Fenstern, der krummen Tür und, am schlimmsten von allen, der Silhouette ihres Vaters, der wie eine Kriegsflagge hinter dem Tresen thronte, bereit für die Schlacht. Und Dee wusste bereits, dass sie diesen Kampf längst verloren hatte.
    Wochen nach dem Dezemberfeuer bekam sie auf einmal unheimlich Lust auf Cashewnüsse. Sie hatte jetzt immer welche dabei, und ihre Taschen waren ausgebeult wie die Backen eines Eichhörnchens.
    »Was soll denn das mit den Nüssen plötzlich?«, wollte Cutt wissen, als sie sich einen gebogenen Kern nach dem anderen in den Mund schob. In der letzten Woche hatte sie so viele Cashewpnüsse gegessen, dass ein seltsamer weißer Belag auf ihrer Zunge lag, den sie auch beim morgendlichen Zähneputzen nicht wegbürsten konnte.
    Sie zuckte mit den Achseln. »Nichts. Ich hab einfach nur Lust drauf.«
    »Seit wann? Ich dachte, dein Lieblingsessen wären Hamburger und Pommes.«
    »Das esse ich ja auch weiterhin«, erklärte sie. »Aber jetzt mag ich außerdem noch Cashewnüsse.«
    Cutt kniff die Augen zusammen. »Du hast Ringe unter den Augen.«
    Dee verschränkte die Arme. Ihre Brüste taten weh, und sie hatte schlechte Laune. »Ich schlafe in letzter Zeit nicht so gut.«
    »Und was ist mit deinen Klamotten? Bist du etwa unter einen Rasenmäher gekommen?«
    Sie sah an sich herunter, auf die verblichene graue Cordhose und den dunkelblauen Pulli mit dem Loch im Ellbogen. »Die sind doch sauber.«
    Cutt schnaubte. »Die sehen aus, als hätte man damit sauber gemacht. Zieh die Uniform an, die hängt im Besenschrank.« Während sie ihre Arbeitskleidung holte, schloss Dee die Lider, und vor ihren Augen erschien Whits ernster, kantiger Kiefer, gefolgt von der Erinnerung an seine fleischigen Hände, die Mulde an seinem Hals und die breite Muskelmasse, aus der sein Rücken bestand. Es gab da eine Stelle, an der Dee seinen Herzschlag fühlen konnte, wenn sie die Hand zwischen seine Rippen legte. Sie hatten sich zwar nach dem Dezemberfeuer getroffen, aber sie sprachen jetzt noch weniger als früher, und seit dem Medaillon hatte er ihr auch keine Geschenke mehr mitgebracht. Der Boden schien sich unter ihren Füßen zu bewegen, und sie musste aufstoßen, und dann fiel ihr wieder ein, dass sie sich ja umziehen sollte. Als sie zurückkam, wartete ihr Vater schon mit dem Mopp auf sie.
    »Du hast doch nicht etwa einen Freund, oder?«, fragte er und sah sie misstrauisch an. Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn. Whit hatte sie tausendundeinmal gewarnt, bloß niemandem etwas zu verraten – vor allem nicht ihrem Vater, hatte er immer betont und ihr dabei die Fingerspitzen in die weichen Oberarme gebohrt. Als er die Hände weggenommen hatte, waren kleine Dellen zurückgeblieben. In dem Moment hatte es Dee gefallen, aber jetzt wünschte sie sich, sie könnte das Gefühl abschütteln. So langsam begann sie zu ahnen, dass man Whits Geschenke nicht so schnell wieder loswurde, und darüber hatte sie sich bisher überhaupt keine Gedanken gemacht. Es wäre ihr nie in den Sinn gekommen, dass er ihr vielleicht einmal etwas geben könnte, das er nicht mehr zurückhaben wollte.
    »Nee«, verkündete sie, griff nach dem Mopp und vermied es, ihrem Vater in die Augen zu sehen. »Keine Jungen mehr. Mit Jungs bin ich fertig.« Was ja auch stimmte. Whit war ein ganzer Mann.
    »Na gut«, meinte Cutt und

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