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Das Geheimnis der Salzschwestern

Das Geheimnis der Salzschwestern

Titel: Das Geheimnis der Salzschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Baker
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früher ans Licht gekommen wäre. Das muss wohl die Nachwelt entscheiden. Lass mich Dir, da wir ja verwandt sind und vielleicht nicht so vieler Worte bedürfen wie andere, doch bitte einen Rat geben: Nun, da so viele alte Wahrheiten ans Licht gekommen sind, ist es vielleicht an der Zeit, noch einmal ganz von vorn anzufangen, und die Geschichte der Gillys fröhlicher und heller neu zu schreiben. Bleib Deinem Herzen und Deinem Glauben treu, meine Tochter.
    Magna est veritas, et praevalibet ,
    Patrick Flynn.
    Jo ließ den Brief sinken und schloss die Augen. Wieder einmal versuchte sie sich an den altbekannten Gleichungen. Drei Frauen und ein Kind, mit nur einem Mann als gemeinsamem Nenner. Zwei Schwestern und derselbe Mann. Eine Frau ohne Gesicht und ein Mann ohne Namen. Eine Frau mit halbem Gesicht. Auf was Jo die Geschichte auch zu reduzieren versuchte, die Sache ging einfach nicht auf, aber was hatte sie denn erwartet? Wenn es um die Gillys ging, haderte die Geschichte doch immer mit sich selbst, und Jo musste einfach lernen, das zu akzeptieren.
    Es war sieben Uhr morgens auf der Salt Creek Farm. Trotz der bitteren Kälte marschierte Timothy Weatherly schon draußen herum und machte sich Notizen für die neue Scheune. Er hatte versprochen, sie dieses Mal so robust und widerstandsfähig zu bauen, dass nichts ihr je wieder etwas anhaben könnte – kein Blitz, kein Streichholz, nicht einmal das Temperament der Gilly-Frauen.
    In der Küche gab Claire Jordy sein morgendliches Fläschchen und backte jede Menge Zimtbrot. Der Kleine hatte letzten Monat zu krabbeln angefangen, und jetzt stolperte man ständig über ihn. Cutt hatte nach dem Brand die Stadt verlassen und war seitdem nicht mehr ausfindig zu machen (nicht dass irgendwer es wirklich versucht hätte), also wurde Claire ihr Herzenswunsch erfüllt, und man sprach ihr das Sorgerecht für Jordy zu. Sie wusste, dass sie dem Jungen eines Tages erzählen musste, was wirklich geschehen war, aber bis dahin hatte sie hoffentlich noch Jahre Zeit, und vielleicht würde sie mit der Zeit auch einen Weg finden, die Geschichte richtig zu erzählen.
    Jo ging zu ihr hinüber, schnappte sich Jordy und nahm ihn auf den Arm. Seit dem Feuer wurde Claire langsam grau, so als ob ihr Haar für immer von der Asche zeugen wollte, aber Jo fand, dass die matten Strähnen ihrer Schwester eigentlich ganz gut standen. Sie ließen Claire sanfter wirken und nahmen ihr etwas von ihrem Gift. Oder vielleicht lag das auch an dem ganzen Fisch. Ethan hatte nämlich beschlossen, in der Stadt zu bleiben und wieder seinem Onkel Chet im Hafen zur Hand zu gehen. Von Schuldgefühlen geplagt und von der Erinnerung an Dee gezeichnet, wollte Claire zunächst nichts mehr von ihm wissen. Ethan hatte ihr im Verlauf der letzten zwei Monate aber jeden Tag etwas zu essen aus dem Meer mitgebracht, bis sie zu seiner großen Erleichterung schließlich eingesehen hatte, dass Salz und Fisch doch zusammengehörten. Mit einem feierlichen Nicken und einem Kuss hatte sie seinen Antrag in den Dünen angenommen.
    Nun blickte Jo auf das Silbermedaillon, das um Claires Hals baumelte. Claire hatte beim Juwelier Idas Perle darin einsetzen lassen. Im Inneren zeigte das Schmuckstück auf der einen Seite ein Bild von Jordy und Claire, wie sie mehlbedeckt in die Kamera lachten, und auf der anderen eine Fotografie von Dee mit Jordy im Arm.
    »Bist du sicher, dass du ihn nicht behalten willst?«, hatte Claire Jo gefragt, als sie sie um den Anhänger gebeten hatte. »Denn eigentlich sollte die Perle doch dir gehören. Vom Medaillon ganz zu schweigen.«
    Aber Jo hatte den Kopf geschüttelt. »Ich wollte es doch schon beim ersten Mal nicht«, hatte sie erklärt, »und jetzt erst recht nicht.« Ehrlich gesagt schmerzte es sie, dadurch an Dee erinnert zu werden. Sie wusste ganz genau, dass ein Teil von ihr immer vor der brennenden Scheune verharren würde, genauso gefangen wie Whit und Dee, was auch immer sie in Zukunft tun würde. Und sie konnte nur erahnen, wie viel schlimmer es für Claire sein musste. So schlimm, dass sie wie ein Büßergewand diese Kette trug, die sich mit jeder Bewegung an ihrer Brust rieb und drehte und sie so an ihre Tat erinnerte. Jo streckte die Hand aus und strich Jordy über die Nase, die er von seiner Mutter hatte.
    »Bist du fertig?«, fragte sie.
    Claire schluckte und nahm Jordy wieder an sich. »Eigentlich nicht«, gab sie zu.
    Auf dem Weg hinaus nach St. Agnes sprachen sie kaum ein Wort und noch viel weniger,

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