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Das Geheimnis der Schnallenschuhe

Das Geheimnis der Schnallenschuhe

Titel: Das Geheimnis der Schnallenschuhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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zu.»
    «Haben Sie irgendetwas über Amberiotis in Erfahrung gebracht?», fragte Poirot abwesend.
    «Ja, ziemlich viel. Er war ein Spion und außerdem ein übler Erpresser. Es hätte einer schon Grund genug haben können, ihn zu ermorden. Aber Morley beabsichtigte dies bestimmt nicht. Er tötete ihn durch Zufall – und bezahlte dafür selber mit dem Leben. Morley beging Selbstmord – glauben Sie mir, Poirot!»
    «Wir werden sehen!», murmelte der kleine Mann.
     
    Hercule Poirot saß an seinem schönen, modernen Schreibtisch. Er liebte moderne Möbel. Ihre eckigen, soliden Formen sagten ihm mehr zu als die weichen Konturen älterer Stilrichtungen.
    Vor ihm lag ein quadratisches Blatt Papier mit säuberlichen Überschriften und Bemerkungen. Manche davon waren mit Fragezeichen versehen. Zuoberst stand:
     
    Amberiotis. Spionage. Zu diesem Zweck in England? War letztes Jahr in Indien. Während dieser Zeit Unruhen und Aufstände. Könnte kommunistischer Agent sein.
     
    Es folgte ein leerer Zwischenraum. Dann kam die nächste Überschrift:
     
    Frank Carter? Morley hielt nichts von ihm. Ist kürzlich von seiner Firma entlassen worden. Warum?
     
    Dann kam ein Name, hinter dem nur ein Fragezeichen stand:
    Howard Raikes?
     
    Auf diesen folgte ein Satz in Anführungsstrichen:
     
    « Aber das ist doch absurd! » ???
     
    Hercule Poirots Kopf war fragend zur Seite geneigt. Vor dem Fenster flog ein Vogel vorbei, einen Zweig im Schnabel, mit dem er ein Nest bauen wollte. Hercule Poirot sah ebenfalls wie ein Vogel aus, als er so dasaß und den eiförmigen Kopf zur Seite neigte.
    Etwas weiter unten auf dem Blatt machte er eine weitere Eintragung:
     
    Barnes?
     
    Nach einer Pause schrieb er:
     
    Morleys Büro? Spur auf dem Teppich. Möglichkeiten.
     
    Die letzte Notiz betrachtete er längere Zeit. Dann stand er auf, ließ sich Hut und Stock geben und ging aus.
     
    Dreiviertelstunden später verließ Hercule Poirot die Untergrundstation Ealing Broadway, und fünf Minuten später war er am Ziel. Castlegardens Road 88.
    Es war ein kleines Zweifamilienhaus, dessen sorgfältig angelegter Vorgarten Poirot ein beifälliges Nicken abnötigte. «Wunderbar symmetrisch», murmelte er vor sich hin.
    Mr Barnes war zu Hause. Poirot wurde in ein kleines, steif eingerichtetes Esszimmer geführt, in das ihm Mr Barnes alsbald folgte.
    Er war ein kleiner Mann mit blinzelnden Augen und nahezu kahlem Kopf.
    «M. Poirot? Nun, das ist wirklich eine große Ehre!», sagte er.
    «Sie müssen verzeihen, dass ich Sie so unvorbereitet überfalle», sagte Poirot betont höflich.
    «Das ist immer bei weitem das beste», antwortete Mr Barnes. Er machte eine einladende Handbewegung. «Setzen Sie sich, M. Poirot. Wir haben zweifellos über eine Menge Dinge zu reden. Ich vermute, es handelt sich um die Queen Charlotte Street 58?»
    «Sie vermuten richtig – aber wie kommt es, dass Sie überhaupt so etwas vermuten?», fragte Poirot verblüfft.
    «Mein lieber M. Poirot», sagte Mr Barnes, «ich bin zwar schon vor längerer Zeit aus dem Innenministerium ausgeschieden – aber ganz eingerostet bin ich deswegen doch noch nicht. In einer streng geheimen Angelegenheit ist es besser, sich nicht der Polizei zu bedienen. Erregt nur unnützes Aufsehen!»
    «Lassen Sie mich noch eine weitere Frage stellen. Warum vermuten Sie, dass diese Angelegenheit streng geheim ist?»
    «Ist sie das vielleicht nicht?», fragte der andere zurück.
    «Nun, wenn sie es nicht ist, dann bin ich der Meinung, dass sie es sein sollte.» Er beugte sich vor und klopfte mit seinem Zwicker auf die Stuhllehne. «Beim Geheimdienst will man nie das kleine Gesindel fangen, sondern die großen Drahtzieher – aber um an sie heranzukommen, muss man sich davor hüten, das kleine Gesindel kopfscheu zu machen.»
    «Mir scheint, Sie wissen mehr als ich, Mr Barnes», entgegnete Poirot immer erstaunter.
    «Ich weiß überhaupt nichts», erwiderte Mr Barnes. «Ich versuche nur, zwei Tatbestände zu kombinieren.»
    «Und welches ist der eine Tatbestand?», fragte Poirot.
    «Amberiotis», sagte Barnes schnell. «Sie dürfen nicht vergessen, dass ich ihm ein paar Minuten lang im Wartezimmer gegenübergesessen habe. Mich hat er nicht erkannt. Ich bin immer ein unauffälliger Mensch gewesen. Das ist manchmal sehr nützlich. Aber ich habe ihn sehr wohl erkannt. Und ich konnte mir denken, was er hier bei uns in England vorhatte.»
    «Und was war das?»
    «Seine Politik richtet sich gegen die konservative

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