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Das Geheimnis der Schnallenschuhe

Das Geheimnis der Schnallenschuhe

Titel: Das Geheimnis der Schnallenschuhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Sainsbury Seale gut gekannt haben konnte. Ein Mensch aus der gleichen Lebenssphäre wie sie. Eine Engländerin in Indien, eine Missionarin oder – um noch weiter zurückzugreifen – vielleicht… eine Schauspielerin. Jedenfalls nicht Rebecca Arnholt! Verstehen Sie jetzt, Mr Blunt, woran ich dachte, als ich von einem öffentlichen und einem privaten Leben sprach? Sie sind ein bekannter Großbankier. Aber Sie sind auch ein Mann, der eine reiche Frau geheiratet hat. Und bevor Sie diese heirateten, waren Sie bloß jüngerer Teilhaber in einer Firma, einige Zeit nach Beendigung Ihrer Studien in Oxford.
    Sie begreifen: Ich begann den Fall aus der richtigen Perspektive zu betrachten. Kosten spielen keine Rolle? Natürlich nicht – für Sie. Rücksichtslose Opferung von Menschenleben? Auch das macht Ihnen nichts aus, denn Sie sind praktisch seit langer Zeit ein Diktator – und für einen Diktator wird sein eigenes Leben übertrieben wichtig und das der anderen immer unwichtiger.»
    «Was wollen Sie damit sagen, Monsieur Poirot…?», fragte Blunt leise.
    «Ich will damit sagen, Mr Blunt, dass Sie, als Sie die Ehe mit Rebecca Arnholt schlossen, bereits verheiratet waren. Dass Sie – geblendet durch die Hoffnung weniger auf Reichtum als auf Macht – Ihre erste Ehe verschwiegen und mit Vorbedacht Bigamie getrieben haben. Und dass Ihre richtige Frau sich mit dieser Situation abgefunden hat.»
    «Und wer soll diese richtige Frau gewesen sein?»
    «Als Mrs Albert Chapman war sie in den King Leopold Mansions bekannt – ein bequemer Ort übrigens, zu Fuß keine fünf Minuten von Ihrem Haus am Chelsea Embankment entfernt. Sie entliehen für sie den Namen eines wirklich existierenden Geheimagenten, weil Sie wussten, dass das die Glaubwürdigkeit der Andeutungen über den ständig abwesenden Gatten erhöhen würde. Ihrer Komödie war ein voller Erfolg beschieden. Niemand schöpfte den geringsten Verdacht. Trotzdem blieb die Tatsache bestehen, dass Ihre Ehe mit Rebecca Arnholt gesetzlich ungültig war und dass Sie sich des Verbrechens der Bigamie schuldig gemacht hatten. An eine Gefahr haben Sie nach so vielen Jahren nicht gedacht. Sie kam wie ein Blitz aus heiterem Himmel – in Gestalt einer lästigen Frauensperson, die Sie nach fast zwanzig Jahren als Gatten ihrer Freundin erkannte. Der Zufall hatte sie nach England zurückgeführt, der Zufall führte sie in der Queen Charlotte Street mit Ihnen zusammen – und der Zufall wollte es, dass Ihre Nichte dabei war und hörte, was sie zu Ihnen sprach. Sonst hätte ich es wahrscheinlich nie erraten.»
    «Ich habe Ihnen selbst davon erzählt, mein lieber Poirot.»
    «Nein, es war Ihre Nichte, die darauf bestand, dass ich es erfahren sollte – und da konnten Sie, um keinen Verdacht zu erregen, nicht gut protestieren. Und nach diesem Zufallstreffen passierte noch ein weiteres Malheur – von Ihrem Standpunkt aus betrachtet. Mabelle Sainsbury Seale traf Amberiotis, ging mit ihm essen und erzählte ihm von dieser Begegnung mit dem Mann einer Freundin: ‹Denken Sie nur, nach all den Jahren! Hat natürlich älter ausgesehen, aber sonst kaum verändert!› Ich gebe zu, dass das meinerseits bloßes Rätselraten ist – aber so ungefähr muss es sich abgespielt haben. Ich glaube nicht, dass Mabelle Sainsbury auch nur eine blasse Ahnung gehabt hat, dass es sich bei diesem Mr Blunt, den ihre Freundin geheiratet hatte, um den großen internationalen Finanzgewaltigen handelte. Der Name ist schließlich nicht ungewöhnlich. Aber Amberiotis, müssen Sie bedenken, war nicht nur Geheimagent, sondern auch Erpresser – und Erpresser besitzen einen unheimlichen Riecher für Geheimnisse. Amberiotis überlegte. Er beschloss festzustellen, um welchen Blunt es sich handelte. Und dann – ich zweifle nicht daran – hat er Ihnen geschrieben – oder telefoniert. Ah – gewiss! Für Amberiotis war das eine Goldgrube!»
    Nach einer Pause fuhr Poirot fort: «Es gibt nur eine einzige wirksame Methode, um mit einem tüchtigen und erfahrenen Erpresser fertig zu werden: Man muss ihn zum Schweigen bringen. Das Leitmotiv des Falles lautete also nicht – wie ich zunächst irrtümlich angenommen hatte –, ‹Blunt muss verschwinden›. Es lautete im Gegenteil: ‹Amberiotis muss verschwinden›. Aber die Antwort war die gleiche. Am leichtesten kommt man an ein Opfer heran, wenn es nicht auf der Hut ist. Und wo ist man weniger auf der Hut als im Behandlungsstuhl beim Zahnarzt.»
    Wiederum machte Poirot eine Pause.

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