Das Geheimnis der schönen Catherine
liebten sie sich wieder.
»Jetzt musst du mich heiraten«, sagte er, setzte sich auf und griff nach seinen Pantalons.
»Du weißt, dass ich das nicht kann!«
Er wandte sich zu ihr und küsste sie besitzergreifend. »Meine liebste Catherine, davon weiß ich überhaupt nichts. Wir werden so bald wie möglich heiraten.«
Sie entwand sich ihm und streifte ungeschickt ihr Unterhemd über. Unbekleidet fühlte sie sich im Nachteil. Er brauchte sie nur anzusehen, und schon schmolz sie dahin. Schon vorher war es ihr schwer gefallen, ihm zu widerstehen. Aber nach dem, was sie miteinander geteilt hatten, kam es sie noch härter an. Aber sie musste ihm widerstehen.
Sie konnte ihn nicht heiraten. Eine solche Schande wollte sie ihm nicht bereiten.
»Möchtest du lieber in London oder in Gelliford House heiraten?«
»Ich möchte überhaupt nicht heiraten!« erklärte Catherine. »Wenn du dich wegen dem, was gerade …
passiert ist, schuldig fühlst, nun, das brauchst du nicht. Ich wollte es ebenso sehr wie du.«
Bei diesem letzten Satz verblasste der Ärger in seinen Zügen, und ein zärtlicher, verlangender Ausdruck trat in seine Augen. Catherine wusste nicht, wie sie diesem Blick standhalten sollte. Hastig sprach sie weiter: »Männer gehen doch die ganze Zeit mit Frauen ins Bett. Deswegen muss man doch nicht heiraten …«
Hugo schlug mit der Faust gegen die Wand. »Ich bin nicht mit dir ins Bett gegangen! Wir haben uns geliebt! Und das werden wir wieder und wieder tun, so oft wir wollen. In unserem Ehebett und wo auch immer wir sonst …« Er brach ab. Anscheinend hatte er in ihrer Miene etwas von ihrem Kummer erkannt, denn er fuhr ein wenig ruhiger fort: »Ich vergaß, wie unerfahren du bist, meine Liebste. Das war nicht nur der bloße, äh … Geschlechtsakt. Es war … es war …«
Abweisend verschränkte Catherine die Arme vor der Brust. Sie musste auf Abstand gehen. Es war fast unmöglich, ihm zu widerstehen, während sie sich körperlich so sehr zu ihm hingezogen fühlte.
In seiner tiefen Stimme schwang Gefühl. »Es war eine Verlobung. Ja, genau das war es. Wir haben uns vermählt. Wir sind ein Fleisch geworden, wie es in der Bibel steht. Ich frage dich noch einmal, Catherine: Willst du …« Er fischte in seiner Manteltasche und förderte die Krawattennadel mit dem glitzernden goldenen Phönix zu Tage. »Was soll es sein, die Asche der Vergangenheit oder eine goldene Zukunft?«
Die Tränen rollten Catherine über die Wangen. Sie wischte sie fort. Seine Worte, seine Taten zerrissen sie förmlich. Sie wollte ihm so gerne ihr Jawort geben, wollte ihn so gerne heiraten, mit ihm gehen und für immer bei ihm bleiben, aber sie war sich ihrer Vergehen, ihrer Schande nur allzu sehr bewusst. Und deswegen schwieg sie. Er war so ein guter Mensch, ein großzügiger, anständiger, attraktiver Mann.
Catherine wusste um die Demütigungen, denen er auf Grund der Herkunft seiner Mutter, seiner langjährigen körperlichen Arbeit und seiner eigenen Geschäftstüchtigkeit ausgesetzt gewesen war.
Auch wenn er es schaffte, sie vor der Justiz zu schützen – und davon war sie eigentlich überzeugt –, würde über den Skandal geflüstert werden. Sie war sich sicher, dass Lady Marsden mittlerweile all ihren Freundinnen von der scheußlichen Szene im grünen Zimmer in Woodsden Manor erzählt hatte und dass bereits der gesamte ton darüber klatschte, dass Rose Singleton eine Diebin in die Gesellschaft eingeführt hatte.
Was sie ihrer Tante Rose angetan hatte, war schlimm genug. Aber im Lauf der Zeit würde man schon zu der Überzeugung kommen, dass sie Rose arglistig getäuscht hatte. Doch keiner würde glauben, dass Hugo sich ebenfalls von ihr hatte täuschen lassen. Wenn sie ihn heiratete, würde sie vor allem den bösartigen Klatschmäulern weitere Munition in die Hände geben. Sie konnte es sich schon lebhaft vorstellen: Devenish? Ein Kaufmann, meine Liebe – nun, das schlechte Blut, Sie wissen doch. Und jetzt hat er auch noch eine Diebin geheiratet – nicht zu fassen. Wie sich herausstellte, war der Chinese eine Frau. Aber im Grunde genommen sind Kaufleute ja auch nichts anderes als Diebe, nicht wahr?
Das Ganze natürlich unter vornehmem, hämischem Gekicher.
»Nein«, sagte sie und trat einen Schritt zurück. »Ich werde dich nicht heiraten.« Sie versuchte die Krawattennadel zu lösen, die er ihr an den Kragen geheftet hatte, doch ihre Finger zitterten so, dass sie sie nicht aufbekam.
»Behalte sie«, knurrte er.
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