Das Geheimnis der schönen Catherine
wirst mich nicht davon abhalten. Einverstanden?«
»Einverstanden.«
Dass er so einfach einlenkte, verblüffte sie. Argwöhnisch hakte sie nach: »Du lässt mich dann ohne weitere Diskussion abreisen?«
»Ja, natürlich. Sobald du dich unwohl fühlst, reisen wir sofort ab. Wir lassen uns von Patchett trauen und gehen dann zusammen nach … nach Italien wolltest du, stimmt’s? Oder vielleicht nach Irland? Wo immer du wünschst.«
Catherine war einen Moment sprachlos vor Rührung, doch dann schüttelte sie den Kopf. »Hugo, ich habe mein ganzes Leben im Ausland gelebt. Ich möchte nicht mit ansehen müssen, wie du mit jedem Jahr verbitterter wirst. Jetzt wünschst du es dir vielleicht, aber irgendwann würdest du es hassen, im Ausland leben zu müssen. Und du würdest mir die Schuld daran geben.«
Er deutete auf die Wände, die sie umgaben. »Du vergisst, dass ich diese Erfahrung schon einmal gemacht habe. Ich wurde als kleiner Junge weit weggeschickt, und meine reizende Familie hat natürlich darauf gehofft, dass ich nie zurückkehre.«
»Aber du bist zurückgekommen.«
Er neigte den Kopf.
»Du hast hier Fuß gefasst und dir entgegen allen Widrigkeiten einen Platz in der Gesellschaft geschaffen. Ich kann mir vorstellen, dass das nicht einfach für dich war. Glaubst du, ich würde zulassen, dass du das alles einfach aufgibst – für mich?«
Er zuckte mit den Schultern. »Ich gelte als Mann, der weiß, wann er ein gutes Geschäft macht. Wie sagt der Dichter? ›Mit Freuden geb’ ich hin die Schätze dieser Welt für wahre Liebe.‹ Wenn ich mich zwischen dir und der Welt entscheiden müsste, mein liebster Sturkopf, würde ich mich jederzeit für dich entscheiden. Die Welt ist grausam und schert sich keinen Deut um Hugo Devenish. Aber Catherine Singleton, ah, Catherine Singleton liebt mich. Das hat sie gesagt. Und sie lügt nicht.«
»Nein. Sie stiehlt nur«, entgegnete sie betrübt.
Er lächelte, umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen und sagte mit weicher Stimme: »Fass dir ein Herz, mein Engel. Du kannst mir nicht in der einen Minute sagen, dass du mich liebst, und mir das Paradies auf Erden schenken und dann erwarten, dass ich dich einfach gehen lasse. So oder so wirst du mich heiraten. Und das verspreche ich dir!« Er küsste sie, heftig und stürmisch.
Und da nannte er sie störrisch! Catherine gab seinem Drängen zeitweise nach und erwiderte seinen Kuss mit derselben Leidenschaft. Schließlich gab es eine Grenze dafür, wie lange man einen Mann nur zu seinem eigenen Besten zurückweisen konnte. Und diese Grenze hatte Catherine jetzt erreicht.
Sie würde ihre Willenskraft schon wiederfinden – wiederfinden müssen. In Woodsden Manor.
Kapitel 13
Catherines Puls beschleunigte sich, als die Kutsche das große Tor passierte, das zum Landsitz der Marsdens führte. Ihr war schlecht; den ganzen Tag hatte sie schon nichts zu sich nehmen können.
Knirschend fuhr der Wagen über die gewundene kiesbestreute Auffahrt, brachte sie ihrem Ziel immer näher.
Sie hatte sich immer für mutig gehalten. Aber jetzt wusste sie es besser. All die Risiken, die sie so leichtfertig eingegangen war, waren kein Beweis ihres Mutes, sondern ihrer Dummheit. Bisher war es immer gelungen, vor den Folgen ihrer Taten davonzulaufen, aber diesmal ging es um Menschen – um Menschen, die sie liebte. Und um Gefühle. Um Gefühle, auf denen sie achtlos herumgetrampelt war.
Sie wollte diesen Leuten nicht unter die Augen treten.
Der Wagen nahm eine letzte Kurve, und dann stand das alte elisabethanische Haus vor ihnen. Die Nachmittagssonne glitzerte in den gotischen Fenstern und dem See vor dem Haus. Catherine lief ein Schauer über den Rücken. Der dunkle Stein, aus dem das Gebäude gebaut war, die Mauern, welche die Gärten umgaben, und das tiefe, verschattete Tal ließen das Haus in ihren Augen wie ein Gefängnis wirken.
Aber sie hatte sich entschieden.
Dass Sir William, Lady Marsden oder Tante Rose ihr vergeben würden, war mehr als unwahrscheinlich. Catherine würde Hugo Devenish niemals heiraten. Sie würde sich bei den Marsdens entschuldigen und dann so schnell und so leise wie möglich das Weite suchen. Und Hugo in der Welt zurücklassen, deren Wohlwollen er sich so hart erkämpft hatte.
Es war ja sehr romantisch, die Schätze dieser Welt für die wahre Liebe hingeben zu wollen, aber Catherine kannte das Leben im Exil. Sie wusste, wie es war, wenn man nirgendwo dazugehörte, wenn man sich nicht einmal unbesorgt mit
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