Das Geheimnis der schönen Catherine
»Wenn du sie mir noch einmal zurückgibst, kann ich für nichts garantieren.«
Ein Muskel an seiner Wange zuckte.
Schweigen herrschte, während sie sich ankleidete. Mit zorniger, düsterer Miene sah er zu. Es hätte sie verlegen machen müssen, dass sie sich die Strümpfe vor einem Mann anzog, aber dies war das erste und zugleich das letzte, das einzige Mal, dass so etwas passieren würde. Es hatte etwas wunderbar Intimes, sich die Strümpfe vor dem Mann wieder anzuziehen, der sie kurz zuvor abgestreift hatte, der ihr mit warmen, zitternden, rauen Händen an den Beinen entlanggefahren war. Sie erschauerte bei dem Gedanken. Auch wenn dieser Mann jetzt verletzt und voll Zorn war.
»Und wenn wir heute ein Kind gezeugt haben?« drang seine Stimme in ihre Gedanken ein.
Sie erstarrte und berührte staunend ihren Bauch. »Dann werde ich es von ganzem Herzen lieben.«
»Und doch würdest du ihm eine legitime Geburt, einen Vater, ein Erbe verwehren. Und mir mein Kind vorenthalten.«
Darauf hatte sie keine Antwort. Was er sagte, stimmte. Was wäre wohl schlimmer: eine Mutter, die als Diebin bekannt war, oder …?
»Das ist Wahnsinn!« explodierte er. »Ich werde Captain Patchett bitten, uns hier an Ort und Stelle zu trauen, und damit Schluss der Debatte.«
»Nein, Hugo! Ich werde dich nicht heiraten. Es ist mein voller Ernst.«
Er ballte die Fäuste. »Aber du hast gesagt, dass du mich liebst! War das eine Lüge?«
Unglücklich blickte Catherine ihn an. »Nein. Ich liebe dich wirklich. Ich liebe dich viel zu sehr, um zuzulassen, dass du eine Frau heiratest, die eine stadtbekannte Diebin …«
»Wieso stadtbekannt? So ein Unsinn! Kein Mensch weiß Bescheid. Und die Leute lieben Geheimnisse. Kann es etwas Geheimnisvolleres geben als einen chinesischen Einbrecher, der auf geheimnisvolle Weise auftaucht, eine Reihe berühmter Schätze stiehlt, sie dann auf genauso geheimnisvolle Weise zurückgibt und wieder im Nichts verschwindet?«
»Kein Mensch weiß Bescheid? Was ist denn mit Sir William und Lady Marsden?«
»Die werden niemandem davon erzählen.«
»Also wirklich! Sir William ist Friedensrichter, und Lady Marsden verachtet mich zutiefst!«
»Das tut sie nicht!« Als Catherine ihm einen ungläubigen Blick zuwarf, verbesserte er sich hastig:
»Selbst wenn sie das tut – sie wird ihre Meinung ändern.«
»Und was ist mit Rose und Mr. Cranmore?«
»Rose wird nichts …«
»Und dem Butler?«
»Mit Geld …«
»Willst du auch die Lakaien bezahlen, die mich eingesperrt haben, und die Zimmermädchen und …«
»Herrgott! Keiner dieser Leute wird auch nur ein Sterbenswörtchen verraten!«
»Woher willst du das wissen?«
»Weil sie dich mögen, du störrische, sturköpfige Hexe! Du glaubst mir nicht? Nun, machen wir die Probe aufs Exempel. Wir werden nach Woodsden Manor fahren, sofort, und dann wirst du begreifen, dass ich die Wahrheit sage!«
»Und wenn mich Sir William verhaften lässt?«
»Himmel, Catherine, das wird er nicht. Ich kenne ihn!« Hugo hob die Hand, um ihr zuvorzukommen.
»Und wenn er trotzdem Anstalten machen sollte – was ich für sehr unwahrscheinlich halte –, werde ich dich mit dem nächsten Schiff davonsegeln lassen. Ich werde im nächsten Hafen ein Schiff für dich bereithalten. Aber er wird dich nicht einsperren lassen!«
Catherine holte tief Atem und sah auf den grauen Horizont hinaus. Es gab nur eine Möglichkeit, Hugo davon zu überzeugen, dass eine Heirat völlig unmöglich war. Sie würde es ihm beweisen müssen.
Aber der Gedanke daran, an den Ort zurückkehren zu müssen, an dem sie ihre Freunde betrogen hatte, wo man sie verurteilte und verachtete … Schon bei dem Gedanken überkam sie eine leichte Übelkeit.
»Also gut. Fahren wir nach Woodsden Manor. Wir werden ja sehen, was geschieht.«
»Was geschehen wird, meine störrische Geliebte, ist, dass wir heiraten werden. Und darauf möchte ich dein Wort, wenn es dir nichts ausmacht.«
»Ich … ich …«
»Versprich es mir, Catherine, oder ich hole Captain Patchett, damit er uns auf der Stelle traut.«
»Also schön. Wenn es keinen Skandal gibt und Rose und die Marsdens mir vergeben, werde ich dich heiraten.« Sie wusste, dass das unmöglich war.
»Schön!« entgegnete er triumphierend.
»Aber wenn sie so reagieren, wie ich erwarte, voll Zorn und Ablehnung …«, sie schloss die Augen und dachte an die Szene im grünen Zimmer, »… wenn sie mich verachten und … dann werde ich England unverzüglich verlassen. Und du
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