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Das Geheimnis Der Schönen Toten

Das Geheimnis Der Schönen Toten

Titel: Das Geheimnis Der Schönen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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vernahm in sich die Fragen, die nicht gestellt wurden: Warum hast du mir den Ring nicht gezeigt? Wenn du ihn mir aus Gründen, die ich nur vermuten kann, nicht zeigen wolltest, hättest du mir nicht zumindest erzählen können, daß du in letzter Zeit von ihr gehört hast, daß sie noch lebt und wohlauf ist? Doch alles, was Ruald sagte, ohne den Blick von Suliens Gesicht abzuwenden, war: »Ich kann ihn nicht behalten. Ich habe allem Eigentum abgeschworen. Ich danke Gott, daß ich ihn gesehen habe und daß es Ihm gefallen hat, Generys zu beschützen. Ich bete, er möge sie auch künftig umsorgen.«
    »Amen!« sagte Sulien kaum hörbar. Der Laut war ein bloßes Seufzen, aber Cadfael sah, wie seine fest zusammengepreßten Lippen erzitterten und sich bewegten.
    »Da du ihn schon nicht behalten darfst, Bruder, darfst du ihn verschenken«, sagte der Abt, der die beiden mit klugen Augen beobachtete, die abwogen und bedachten, sich jedoch jedes Urteils enthielten. Der Junge hatte ihm schon gebeichtet, weshalb er den Ring erworben hatte und weshalb er die Absicht hatte, ihn zu behalten. Er war ein kleines Ding in sich, doch groß in dem, was er bewirken konnte, und jetzt hatte er seine Rolle ausgespielt und war nicht mehr von Bedeutung. Es sei denn dadurch, vielleicht, wie darüber verfügt wurde? »Du darfst ihn verschenken, an wen du willst«, sagte Radulfus.
    »Wenn der Herr Sheriff ihn nicht mehr braucht«, sagte Ruald, »gebe ich ihn wieder Sulien zurück, der ihn wiedergefunden hat. Er hat mir die schönste Nachricht gebracht, die ich mir nur denken kann, und mir jenes kleine Stück meines Seelenfriedens zurückgegeben, das nicht einmal dieses Haus hat wiederherstellen können.« Er lächelte plötzlich; das schlichte, lange Gesicht hellte sich auf, und er hielt Sulien den Ring hin. Der Junge streckte sehr langsam, fast zögernd eine Hand aus, um ihn an sich zu nehmen. Als sie sich berührten, wurde die lebhafte Farbe seiner Wangen zu einem feurigen Rot, und er wandte stolz das Gesicht von dem Licht ab, das ihn sonst verraten hätte.
    Aha, so ist das also, dachte Cadfael, der jetzt klar sah. Es werden keine Fragen gestellt, weil sie nicht nötig sind.
    Ruald mußte den jüngeren Sohn seines Gutsherrn fast schon seit dessen Geburt in Haus und Werkstatt beobachtet und gesehen haben, wie er die unbeholfenen Schmerzen des Heranwachsens und die Vorahnung der Mannheit erlebte, und immer in engster Nähe der Gestalt dieser rätselhaften und eindrucksvollen Frau, der Fremden, die für ihn keine Fremde war, der Frau, die zu allen Distanz hielt, aber nicht zu ihm, dieses Wesens, von dem jedermann sagte, sie sei sehr schön, aber nicht jeder kam ihr nahe, und nicht zu jedem war sie freundlich. Kinder verschaffen sich dort ihr Recht, wo andere keinen Zugang finden. Sulien behauptete, es habe sie nicht im geringsten berührt, und sie habe nichts davon gewußt. Aber Ruald hatte es gewußt.
    Jetzt war es nicht nötig, daß der Junge über seine Motive Auskunft gab oder wegen der Mittel, mit denen er verteidigt hatte, was ihm kostbar war, um Vergebung bat.
    »Sehr schön«, sagte Hugh energisch, »so sei es. Ich habe keine weiteren Fragen. Ich bin froh zu sehen, Ruald, daß dein Gemüt Ruhe gefunden hat. Du zumindest brauchst dir in dieser Angelegenheit nicht mehr den Kopf zu zerbrechen. Über dir oder diesem Haus schwebt nicht einmal mehr der Schatten einer Bedrohung, und ich muß woanders suchen. Wie ich höre, Sulien, habt Ihr Euch entschlossen, den Orden zu verlassen. Werdet Ihr in der nächsten Zeit auf Longner sein, falls ich Euch einmal sprechen muß?«
    »Ja«, sagte Sulien, der sich noch immer ein wenig steif hielt und seine Würde zu wahren versuchte. »Ich werde da sein, wann immer Ihr mich braucht.«
    Ich möchte wirklich wissen, dachte Cadfael, als der Abt Ruald und Sulien mit einer kurzen segnenden Handbewegung entließ und die beiden den Raum verließen, wie der Junge auf den Einfall gekommen ist, »wann immer« zu sagen? Ich hätte eher ein »falls Ihr mich braucht« erwartet.
    Hat er eine Vorahnung davon, daß eines Tages aus irgendeinem Grund mehr von ihm verlangt werden wird?
    »Er ist natürlich in diese Frau verliebt gewesen«, sagte Hugh, als er mit Cadfael und dem Abt allein war. »So etwas kommt vor! Wir dürfen nicht vergessen, daß seine Mutter jetzt schon seit acht Jahren krank ist und nach und nach zu diesem zerbrechlichen Wesen dahinsiechte, das sie heute ist.
    Wie alt muß dieser Bursche gewesen sein, als

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