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Das Geheimnis Der Schönen Toten

Das Geheimnis Der Schönen Toten

Titel: Das Geheimnis Der Schönen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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das begann?
    Kaum zehn Jahre. Obwohl er in Rualds Häuschen schon lange davor willkommen war, denn die beiden mochten ihn. Ein Kind ist viele unschuldige Jahre lang in eine liebenswürdige und schöne Frau vernarrt und entdeckt plötzlich, daß es die Regungen eines Mannes im Körper spürt, doch nicht nur dort, auch im Gemüt. Dann gewinnt das eine oder das andere die Oberhand. Ich könnte mir vorstellen, daß dieser Junge der Seele den Vorrang gab und seine Liebe auf ein Podest stellte - oder vielmehr auf einen Altar, falls Ihr mir dieses Wort gestattet, Vater -, um sie still zu verehren.«
    »Er sagt, genau das habe er getan«, stimmte Radulfus trocken zu. »Sie hat es nie erfahren. Seine Worte.«
    »Ich neige dazu, ihm zu glauben. Ihr habt doch gesehen, wie er rot wurde wie eine Pfingstrose, als ihm aufging, daß Ruald ihn mühelos durchschauen konnte. Hat er seinen Fang denn nie eifersüchtig bewacht, dieser Ruald? Alle Welt scheint sich darin einig zu sein, daß sie eine große Schönheit war. Oder lag es einfach daran, daß er daran gewöhnt war, den Jungen im Haus zu haben, und ihn für harmlos hielt?«
    »Nach allem, was ich gehört habe«, sagte Cadfael mit großer Ernsthaftigkeit, »verhielt es sich wohl eher so, daß er wußte, wie unerschütterlich treu seine Frau war.«
    »Gerüchte wollen aber wissen, daß sie ihm am Ende von einem Liebhaber erzählte, als er sich entschlossen hatte, sie zu verlassen.«
    »Das wollen nicht nur Gerüchte wissen«, rief ihnen der Abt mit fester Stimme ins Gedächtnis zurück. »Das sagt er selbst. Bei dem letzten Besuch, den er ihr machte, und Bruder Paul kann es bestätigen, hat sie ihm gesagt, sie habe einen Geliebten, der ihrer Liebe würdiger sei, und all die Zärtlichkeit, die sie je für ihn, ihren Mann, empfunden habe, habe er selbst zerstört.«
    »Das hat sie gesagt«, bestätigte Cadfael. »Aber entsprach es den Tatsachen? Wie ich mich erinnere, hat sie allerdings auch gegenüber dem Juwelier von sich und ihrem Mann gesprochen.«
    »Wer kann das wissen?« Hugh hob resigniert die Hände.
    »Ihrem Mann hat sie vielleicht ins Gesicht geschleudert, was ihr gerade in den Sinn kam, ob es stimmte oder nicht, aber sie hatte keinen Grund, den Silberschmied zu belügen.
    Sicher ist nur, daß unsere Tote nicht Generys ist. Und ich kann Ruald und jeden anderen vergessen, der sich vielleicht mit Generys eingelassen hat. Ich muß eine andere Frau und einen anderen Grund für einen Mord suchen.«
    »Eins macht mir immer noch zu schaffen«, sagte Hugh, als er mit Cadfael an seiner Seite zum Torhaus zurückging, »nämlich daß er es nicht in der Sekunde hinaussprudelte, in der er Ruald wiedersah. Er hätte doch sofort sagen müssen, daß sie lebt und daß es ihr gutgeht. Wer hätte mehr Recht gehabt, es zu erfahren, als ihr Mann, selbst wenn er inzwischen Mönch geworden ist? Und welche Neuigkeit hätte dringender sein können, als der Junge ihn zu Gesicht bekam?«
    »Da wußte er aber noch nichts von einer toten Frau oder davon, daß man Ruald im Verdacht hatte«, ließ sich Cadfael vernehmen. Es überraschte ihn selbst, wie zaghaft sich das sogar für seine eigenen Ohren anhörte.
    »Zugegeben. Aber er hat gleichwohl gewußt, daß Ruald immerzu an sie dachte, sich fragte, wie es ihr wohl ergeht, ob sie lebt oder tot ist. Es hätte doch nahegelegen, bei Rualds Anblick sofort herauszuplatzen: >Um Generys brauchst du dir keine Sorgen zu machen, es geht ihr gut.< Das war alles, was Ruald wissen mußte, und damit wäre er vollkommen glücklich gewesen.«
    »Der Junge war doch selbst in sie verliebt«, fühlte Cadfael nicht weniger unsicher vor. »Vielleicht mißgönnte er in seinem tiefsten Innern Ruald diese Befriedigung.«
    »Scheint er dir ein nachtragender Mensch zu sein?« wollte Hugh wissen.
    »Sagen wir, er war immer noch sehr mit der Plünderung Ramseys und seiner Flucht beschäftigt. Das war genug, um alle weniger wichtigen Dinge zu verdrängen.«
    »Die Sache mit dem Ring, an den er sich von früher her erinnerte, passierte erst nach Ramsey«, rief ihm Hugh ins Gedächtnis zurück, »und war ihm in dem Augenblick wichtig genug, sich damit zu beschäftigen.«
    »Stimmt. Und um die Wahrheit zu sagen, macht mir das auch Kopfzerbrechen. Wer will sagen, wie ein Mensch denkt, der unter starker Belastung steht? Doch hier kommt es zunächst einmal auf den Ring an. Sie besaß ihn; Ruald, der ihn ihr geschenkt hatte, erkannte ihn sofort als den ihren. Sie hat ihn verkauft, weil

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