Das Geheimnis Der Schönen Toten
es war ein und dieselbe Hand, die die Dinge dorthin lenkte, wohin ein und dasselbe Gemüt sie haben wollte. Zweimal! Das ging mir immer wieder im Kopf herum, und so wollte ich die Probe aufs Exempel machen.
Ich sorgte dafür, daß der Junge erfuhr, daß ein anderer Mann in dem Verdacht stand, diesen Tod verursacht zu haben. Es mag vielleicht sogar sein, daß ich die Gefahr, in der Britric schwebte, etwas düsterer gezeichnet habe, als es der Wahrheit entsprach. Und sieh an, der Bursche nimmt sich zu Herzen, was ich ihm so treulich gesagt habe, nämlich daß das fahrende Volk sich im Herbst nach einer warmen Zuflucht umsieht, um gut durch den Winter zu kommen, und schon geht er los und sucht die ganze Gegend ab, um herauszufinden, ob eine gewisse Gunnild am Kaminfeuer irgendeines Gutshauses ein warmes Eckchen gefunden hat. Und dieses Mal hatte er wohlgemerkt keine Möglichkeit zu wissen, ob die Frau lebendig oder tot war, da er nur das über sie wußte, was ich ihm erzählt hatte. Er hatte Glück und fand sie. So, und jetzt frage ich mich, weshalb er sich Britrics wegen solche Mühe machen sollte, obwohl er den Namen dieser Gunnild nie zuvor gehört und sie noch nie zu Gesicht bekommen hatte?«
»Nun«, fiel Hugh ein, der ihm am Tisch Auge in Auge gegenübersaß, »es sei denn, er wußte, selbst wenn er sonst nichts wußte, daß unsere tote Frau nicht diese Gunnild war und nicht sein konnte? Und wie konnte er das wissen? Nur dann, wenn er nur allzu gut weiß, wer sie in Wahrheit ist.
Und was mit ihr geschehen ist.«
»Vielleicht glaubt er es nur zu wissen«, entgegnete Cadfael vorsichtig.
»Cadfael, ich fange an, mich für deinen verlorenen Bruder zu interessieren. Laß uns doch mal sehen, was wir wissen. Da haben wir diesen Jüngling, der sich so urplötzlich, so kurze Zeit nachdem Rualds Frau aus dem Haus verschwand, höchst unerwartet dafür entscheidet, ebenfalls von zu Hause wegzugehen und die Mönchskutte anzulegen, und zwar nicht hier in der Nähe, wo man ihn kennt, bei euch oder in Haughmond, dem Haus und dem Orden, den seine Familie immer bevorzugt hat, sondern weit weg, in Ramsey. Will er sich von einem Schauplatz entfernen, den er als bedrückend und quälend empfindet? Oder vielleicht gar als gefährlich? Dann kehrt er notgedrungen nach Hause zurück, als Ramsey zu einem Räubernest wird, und es mag wirklich zutreffen, daß ihm jetzt Zweifel kommen, ob es klug war, ins Kloster zu gehen. Und was findet er hier vor? Daß man den Leichnam einer Frau gefunden hat, der auf Land begraben war, das einst zur Domäne seiner Familie gehörte, und daß hier verständlicherweise allgemein angenommen wird, daß es sich bei der Toten um Rualds verschwundene Ehefrau handelt und daß dieser ihr Mörder ist. Was tut er folglich? Er erfindet eine Geschichte, um zu beweisen, daß Generys noch am Leben und wohlaufist. Sie lebt angeblich so weit weg, daß man sie nicht leicht finden und sie nicht für sich selbst sprechen kann, denn wir wissen ja, wie es in jenem Landesteil jetzt aussieht, aber er kann einen Beweis liefern. Er hat einen Ring, der einmal ihr gehört hat, einen Ring, den sie lange nach ihrem Verschwinden in Peterborough verkauft hat. Aus diesem Grund kann dieser Leichnam nicht der ihre sein.«
»Der Ring«, sagte Cadfael nachdenklich, »war ohne Frage der ihre und echt. Ruald hat ihn sofort erkannt und war froh und über alle Maßen dankbar, eine Bestätigung zu erhalten, daß sie noch lebt und bei guter Gesundheit ist und daß es ihr anscheinend auch ohne ihn einigermaßen gut geht. Du hast ihn ebenso gesehen wie ich. Ich bin sicher, daß er arglos war und ohne Falsch.«
»Das glaube ich auch. Ich glaube nicht, daß wir uns wieder Ruald zuwenden müssen, obwohl es weiß Gott sein kann, daß dies bei Generys der Fall sein mag. Aber höre, was dann folgt! Als nächstes bringt eine Suche einen anderen Mann ans Licht, der allen Anzeichen nach durchaus schuldig sein kann, eine andere Frau getötet zu haben, die an genau jenem Ort verschwunden ist. Und als Sulien Blount durch deine liebenswürdige Hilfe davon erfährt, interessiert er sich gleichwohl weiterhin für die Angelegenheit und macht sich sogar freiwillig auf, diese Frau aufzuspüren, um zu zeigen, daß sie noch am Leben ist. Und hat bei Gott das Glück, sie zu finden! Und befreit damit Britric von jedem Verdacht, wie er es schon bei Ruald getan hat.
Und jetzt sag mir, Cadfael, sag mir aufrichtig, was sagt dir das alles?«
»Es sagt«, gab Cadfael
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