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Das Geheimnis der Schwestern

Das Geheimnis der Schwestern

Titel: Das Geheimnis der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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eins waren.
    Als sie zum Reitstall kam, sah sie eine Gruppe Kinder und Hunde kreischend und bellend in der Dunkelheit Fangen spielen. In die salzige Luft vom Kanal mischte sich der würzige Geruch von Holzfeuer und Grillfleisch.
    In der Arena war es dämmrig. Nur ein paar strategisch an den Dachbalken platzierte chinesische Lampions spendeten Licht. Eine mobile Tanzfläche war über den Lehmboden gezogen worden, auf der jeder Schritt donnernd widerhallte. In einer Ecke spielte eine heimische Band eine Reihe populärer Songs aus den Siebzigern und Achtzigern. Einige Erwachsene tanzten, während Teenager in Spaghettischüsseln nach Weingummi-Augäpfeln suchten oder sich bemühten, Äpfel mit dem Mund zu schnappen.
    »Kannst du Daddy sehen?«, fragte sie Noah, der schläfrig etwas wie »Go Dada« brabbelte.
    »Äh, Vivi Ann?«
    Sie drehte sich um und sah Myrtle Michaelian vor sich, die ein rosafarbenes Prinzessinnenkleid trug. Ihre groben Züge waren mit leuchtender Schminke betont: blauer Lidschatten, grellrotes Rouge, roter Glitzerlippenstift. Ein billiges Blechdiadem thronte auf ihren hochgetürmten grauen Locken.
    »Hey, Myrtle«, sagte Vivi Ann. »Tolle Verkleidung.«
    »Wo ist dein Mann?«
    »Ich suche gerade nach ihm. Wieso?«
    »Tja … normalerweise tratsche ich ja nicht …«
    Vivi Ann biss die Zähne zusammen. Sie musste sich schwer beherrschen. Zwar hatte das Gerede über ihre Affäre nachgelassen, aber in Oyster Shores behielt man Dallas immer noch im Auge. Vor allem ältere, konservative Einwohner wie Myrtle. Es passte ihnen nicht, dass er so viel trank, in der Kirche unruhig herumzappelte, Poker um Geld spielte und (das war das Schlimmste) sich offenbar nicht um ihre Meinung scherte. »Ich bin sicher, ich weiß schon, was du mir jetzt erzählen willst.«
    »Tatsächlich?«, erwiderte Myrtle und flüsterte laut: »Letzten Samstag habe ich spät Feierabend gemacht und gesehen, wie Dallas und diese Morgan zusammen über die Straße gegangen sind. Sie sind in ihre Schrottkarre gestiegen und weggefahren.«
    Vivi Ann nickte. Diese Geschichte hatte sie in den letzten zwei Jahren immer wieder in mehr oder minder abgewandelter Form gehört: Dallas und Cat waren zusammen im Supermarkt, an der Tankstelle oder in einer Bar gesehen worden. »Sie sind nur Freunde, Myrtle.«
    »Ich will’s nur gesagt haben, Vivi Ann, weil deine Mama es nicht mehr kann. Sie war eine gute Freundin von mir, und wenn sie hier wäre, würde sie dir sagen, dass nichts Gutes dabei herauskommt, wenn man einem Mann so viel Freiheit lässt.«
    »Ich liebe meinen Mann«, erklärte Vivi Ann. Das musste als Antwort reichen. Sie liebte ihren Mann und vertraute ihm. Was war schon dabei, wenn er einmal die Woche bei Cat etwas trank und Poker spielte, um Dampf abzulassen? Das kleinliche Gerede scherte sie nicht. Sie kannte ihren Mann zu gut, um eifersüchtig zu sein.
    »Ich liebe meinen Hund auch«, erwiderte Myrtle spröde, »aber wenn die Töle von gegenüber läufig ist, kette ich ihn an.«
    Vivi Ann musste lachen. »Danke für die Warnung, Myrtle. Ich werde meinen Mann besser im Auge behalten.«
    »Tu das!«
    Immer noch lächelnd, verließ Vivi Ann den Reitstall und ging hinauf zu ihrem Cottage. Im vergangenen Jahr hatte Dallas eine umlaufende Veranda und einen großen Anbau hinzugefügt, in dem eine neue Küche, ein Kinderzimmer und ein Bad untergebracht waren. Ein neues Panoramafenster mit Flügeltüren zur weißen Veranda nahm jetzt eine ganze Wand des Wohnzimmers ein und gab dem herrlichen Ausblick auf den Hood Canal einen Rahmen.
    Im hinteren Schlafzimmer, das eine Tapete mit Pferden und Cowboyhüten hatte, wechselte sie Noah die Windel, steckte ihn in seinen Dino-Schlafanzug und legte ihn in sein Bettchen. »Schlaf gut, kleiner Kürbis.«
    Im Wohnzimmer entdeckte sie, dass Zorro neben ihrem neuen Sofa stand. Er trat zur Stereoanlage und schaltete sie ein. Dabei verfing sich irgendwo sein schwarzes Polyester-Cape, das er unter leisem Fluchen frei zerrte.
    Sie lächelte. »Du hast gar nicht gesagt, dass du dich verkleiden würdest.«
    »Ich habe erzählt, ich hätte als Kind kein Halloween gefeiert. Das ist was ganz anderes.«
    Er trat so nah zu ihr, dass sie seinen Atem auf ihrer Wange spürte und roch: Er hatte Whisky getrunken. Mit einer behandschuhten Hand fuhr er über ihre nackte Kehle bis hinunter zur Mulde zwischen ihren Brüsten.
    »Myrtle Michaelian hat mir erzählt, du wärest neulich ein böser Junge gewesen. Du sollst dich mit

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