Das Geheimnis der sieben Palmen
bis Paris bieten! Omelette à la Magma. Sie wissen, Magma ist der feuerflüssige Kern der Erde, und …«
»Ich habe das Abitur!« sagte sie kühl. »Nicht alle schönen Frauen sind dämlich. Oder kannten Sie bisher nur solche Püppchen?«
»Vorwiegend, Evelyn. – Mich freut, daß Sie sich selbst schön finden. Haben Sie den Spiegel neben meinem Bett gesehen?«
»Natürlich.«
»Er und das Bett gehören ab sofort Ihnen. Ich schlafe in der Pizzahöhle..«
Sie nickte, schien das bereits als selbstverständlich angenommen zu haben und zeigte auf die Ziegen im Pferch. »Ich mag keine Ziegenmilch.«
»Ich bin schon heute in der Frühe über Land gezogen und habe meine wilden Kühe gesucht und gemolken. Können Sie kochen?«
»Ja!« Es klang wieder beleidigt. »Tee bestimmt, und Eier auch! Brot haben Sie ja nicht!«
»Der Bäcker um die Ecke hat heute seinen freien Tag! Aber morgen duftet es wieder nach frischem Brot. Mögen Sie Streuselkuchen? Oder mit Erdbeermarmelade gefüllte Maultaschen?«
»Allein der Gedanke, jetzt mit Ihnen leben zu müssen, bringt mich fast um!«
Sie sprang von der Bank auf. Er sah, wie unter seinem Hemd ihre schönen Bürste sich beim erregten Atmen auf und ab bewegten. Phil, dachte er, Phil, übersieh das! Das ist unmöglich, natürlich … aber bemühe dich wenigstens darum, damit du ein reines Gewissen bei allen schlechten Gedanken hast!
»Ich brühe Tee auf!« sagte sie.
»Und ich suche frische Eier.« Auch er stand auf. »Übrigens, was soll das Theater? Ich backe morgen wirklich. In Höhle IV. Das ist mein Backhaus. Sie befinden sich inmitten eines ganzen Dorfes, Miß Evelyn. Was ich bisher an Höhlen gesehen habe, könnte Lebensraum für einige hundert Menschen bieten.«
»Sie haben schon viele Höhlen gesehen?« Es war eine leicht hingeworfene Frage, und sie sah ihn dabei nicht an, weil sie sich zur Wohnhöhle abgewandt hatte.
»Ich gehe systematisch vor. Meter um Meter lerne ich meine Insel kennen. Weit bin ich noch nicht gekommen. Erst mußte ich mich ja einrichten …«
»Das sehe ich ein.« Sie ging über die Terrasse. Mit hochgezogenen Brauen bemerkte er, daß sie anders ging als vor ein paar Stunden. Es war ein Wiegen in den schmalen Hüften, ein stummer Gesang in den Schenkeln. »Bis nachher, Phil.«
»Bis nachher.«
Es war das erstemal, daß sie ihn Phil nannte. Als sie den Namen aussprach, spürte er einen heißen Druck auf seinem Herzen. Er zog die Unterlippe durch die Zähne, wandte sich dann ab, ergriff eine der herumstehenden Plastikschüsseln und lief in das verfilzte Buschgelände, um seine verstreuten Hühner zu suchen.
Ein Tag ist schnell vorbei, unwiederbringbar. Das ist das Fürchterlichste im Leben: Die Zeit, die vergangen ist, ist für immer verloren. Wenn man das erkennt, wird jede Stunde, wird jede Minute zur unbezahlbaren Kostbarkeit.
Der Himmel wurde wieder streifig, aber anders als am Morgen. War er bei Sonnenaufgang vergoldet, so blutete er jetzt aus unermeßlichen Wunden. Von leuchtendem Rot übergossen, versank die Sonne im Meer, ein Feuerball, den das Wasser schluckte und der den Ozean von innen leuchten ließ.
Phil hatte Schweinebraten gemacht. Dazu gab es Karotten aus der Dose und Pudding aus einem Vakuumglas. »Im nächsten Jahr haben wir alles aus eigener Ernte«, sagte er. »Wenn mein Gemüsegarten angeht, wie es scheint, werden wir ganz nach natürlichen Gesetzen leben. Biologisch rein! Wir müßten über hundert Jahre alt werden.«
»Wir?« fragte sie zurück. Ihr Blick aus den Augenwinkeln blieb ihm verborgen, er schnitt gerade den Braten an. Ein saftiges, ausgelöstes Karreestück.
»Wenn uns kein Zufall entdeckt, können wir uns gegenseitig beim Altern beobachten. Ich bin sechsundvierzig.«
»Ich dreißig.«
»Sie sehen viel jünger aus. Ein Gloria der Kosmetikindustrie!« Er legte ihr ein Stück Braten auf den Holzteller und stieß die Spitze des großen Messers in die rohgehobelte Tischplatte. Sie schrak zusammen und starrte ihn entgeistert an. »Warum sind Sie nicht verheiratet?« fragte er. »Mit dreißig!«
»Und Sie, mit sechsundvierzig? Na?!«
»Meine Frau ist tot. Sie starb an Krebs.«
»Verzeihung. Das wußte ich nicht …« , sagte sie leise.
»Woher auch? Wir kennen uns jetzt knapp zwölf Stunden und wissen doch nichts voneinander. Ach nein, Irrtum! Ich weiß ja, daß Sie viele Liebhaber hatten.«
»Das habe ich nur so aus Wut gesagt, Phil!« Ihre graugrünen Augen hielten ihn fest, als er das Messer aus der
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