Das Geheimnis der sieben Palmen
glattgeschlagen, der Durchgang war fast zwei Meter hoch. So weit Phil in die Tiefe sehen konnte, verbreiterte sich der Eingang nach hinten zu einem richtigen Raum mit verschiedenen tiefen Nischen. Hier standen Sack an Sack, Kiste neben Kiste, peinlich korrekt aufgestapelt wie in einem Lagerhaus.
Sempa ließ einen seligen Schnaufer hören.
»Alles, wie wir es verlassen haben! Diese Ordnung stammt von mir. Ich habe lange genug in Lagerhallen geschuftet. Und später mein eigener Laden: Schiffsausrüstungen Ari Sempa. Man wird wehmütig, wenn man an diese Zeiten denkt.« Er griff in die Hosentasche und holte eine Batteriestablampe heraus. Der helle Leuchtfinger griff in die fahle Dunkelheit der Höhle und tastete über die groben Leinensäcke. »Ahnen Sie jetzt, welche Mühe uns das gekostet hat, den ganzen Schatz innerhalb weniger Stunden an Bord zu bringen, ohne daß es jemandem auffiel?! Und der Transport vom Hochland von Popayan bis zur Küste bei Tumaco! Auf Mauleseln, und später mit einem klapprigen Lkw. Ich kann Ihnen sagen: Mir hat oft die Muffe gezittert, bis wir endlich den ganzen Schatz sicher im Keller von Evelyns Wohnung hatten. Und kurz darauf wieder alles ruck, zuck aufs Boot, als wir erfuhren, daß uns jemand verpfiffen hat. So ganz unauffällig kann das nicht vor sich gegangen sein.« Sempa leuchtete in einem weiten Bogen über die Säcke und Kisten. »Seh'n Sie sich das mal an, Phil. Da geht Ihnen das Herz auf wie ein Käsekuchen im Ofen!«
»Nach Ihnen, Ari.«
»Noch immer mißtrauisch?«
»Jetzt mehr als zuvor. Wie sagte Evelyn? Der Schatz verändert einen Menschen. Ich bin gespannt, wie Sie sich verändern.«
»Überhaupt nicht. Ich freue mich wie ein kleines Kind und hoffe, daß Sie endlich einsichtig werden, Phil. Von mir aus können Sie früher Goldstücke geschissen haben … Was dort liegt, das haben Sie noch nicht gesehen!«
Er ging voraus in die Höhle und mußte den Kopf einziehen, solange er durch den Gang tappte. Später, im eigentlichen Höhlenraum, konnte er bequem stehen. Die Wände waren hier höher, die gewölbte, aus dem Stein geschlagene Decke war nur mit ausgestrecktem Arm zu erreichen.
»Pulvertrocken!« sagte Sempa. »Und immer klimatisiert. Die alten Seeräuber hatten eine Begabung, gut zu leben. Das war übrigens auch bei der tiefen Inkahöhle so. Keine Feuchtigkeit. Alle goldenen Gefäße und Figuren wirkten, als habe man sie vor einer Stunde abgewischt und poliert. Ich sage Ihnen … ach was! Sehen Sie selbst!«
Er wuchtete einen Sack von dem Stapel. Als er ihn auf die Erde stellte, klirrte es hell. Mit schnellen Fingern löste Sempa den Knoten des Bindfadens, kippte den Sack um und schüttelte den Inhalt auf den Felsboden.
Drei große Götterfiguren, einige Kugeln aus purem Gold, Münzen und Armringe, mit Edelsteinen besetzt, Sonnensymbole und Kultgefäße aus dicken Goldplatten getrieben, kullerten bis vor Phils Schuhe. Es war nur ein Bruchteil des Schatzes, aber er allein genügte, um zu ahnen, was in den anderen Säcken und Kisten verborgen lag.
»Da sind Sie stumm, was?« schrie Sempa enthusiastisch. »Da kneifen Sie den Hintern zusammen! Dabei habe ich gerade einen Sack erwischt, der nichts Sensationelles bietet. Wenn Sie erst das Königsgewand sehen, die Krone, die goldenen Waffen mit den Obsidianspitzen, das Königsschwert, den Brustpanzer mit dem Sonnensymbol, den Federhelm des obersten Priesters und die Galerie der ganzen Götter … Phil, es verschlägt Ihnen die Sprache! Und – ich wiederhole es hiermit feierlich – von allem gehört Ihnen und Evelyn jetzt die Hälfte. Wir sind Geschäftspartner.«
Phil bückte sich schweigend und hob eine große Schale vom Boden. Der dazu gehörende Deckel lag daneben. Der Goldschmied des Inkakönigs hatte darauf eine Szene festgehalten: Auf der Plattform eines jener riesigen Stufen-Altare, wie man sie später vor allem in Peru hoch oben in den wildesten Anden entdeckte, hielt der Priester ein Gefäß ähnlicher Form der strahlenden Morgensonne entgegen.
Sempa sah Phil fragend an. Als Hassler keine Antwort gab, sagte er: »Das ist noch gar nichts! Sie sollten erst mal die Goldarbeiten sehen, die von den Königen getragen wurden. Schwere Helme, Brustpanzer, Nasenzierate, Nasenschützer für den Kampf, Flaschen, in verlorener Form gegossene Hohlfiguren, Tanzmasken und Opfermasken …« Sempa holte tief Luft. »Phil, Ihnen bleibt einfach der Atem weg! So unwahrscheinlich schön ist das alles! Habe ich nicht recht,
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