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Das Geheimnis der sieben Palmen

Das Geheimnis der sieben Palmen

Titel: Das Geheimnis der sieben Palmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hinabblickten auf das gischtende, zischende Meer. Ganz unten lag das Plateau, auf dem man stehen und fischen konnte, eine Felsplatte, die der Ozean glattgeschliffen hatte.
    »Da 'runter?« fragte Sempa und stellte Yuma an den Rand des Abgrundes.
    »Ja!« Hassler legte sich auf den Bauch und schob sich über den Felsenrand hinweg. In einem Rucksack trug er alles, was er zum Angeln brauchte. Er tastete nach einem Halt, fand eine Spalte und stemmte die Schuhspitzen hinein. Sempa starrte ihn an. Er hatte beide Hände auf den Kopf seiner goldenen Prinzessin gelegt.
    »Klettern können Sie also auch? Was können Sie eigentlich nicht, Phil?«
    »Aus Gold warmes Fleisch machen …«
    »Warten Sie's nur ab! Yuma klettert Ihnen was vor!«
    Phil Hassler sah nicht mehr, was Sempa vorbereitete. Er hatte genug damit zu tun, die vierzig Meter Steilwand hinunterzukommen. Natürlich war es Unsinn, ein solches Abenteuer einzugehen; es gab rund um die ›Sieben Palmen‹ andere, leichter zugängliche Fischstandplätze, sogar in der seichten Bucht wimmelte es von Fischen. Aber sie waren klein, grätenreich und schmeckten zum Teil bitter, als ließen sie beim Sterben ihre Galle ins Fleisch fließen. Hassler hatte alles ausprobiert; nur hier, in dieser höllischen Bucht, gab es die besten Fische: die silberorangenen, starken, breitmäuligen, die, ihrer ganzen Konstitution nach, zu den Raubtieren des Meeres zählen mußten.
    Als er endlich unten auf dem Plateau angekommen war, blickte er nach oben. Ein kalter Schauer überlief ihn: Sempa hing in der verwitterten Wand und hatte sich die goldene Statue mit einem Strick auf den Rücken gebunden. Ihr Gewicht zog ihn immer wieder vom Felsen weg, aber Sempa krallte sich fest, gab in keiner Minute auf und erreichte, schweißüberströmt und aus weit aufgerissenem Mund fast schluchzend atmend, die sichere Steinplatte über dem dampfenden Meer.
    Mit flackernden Augen löste Sempa den Strick und lehnte die goldene Figur gegen die Steilwand.
    »Kann Yuma nun klettern oder nicht?« keuchte er. »Phil, jetzt möchte ich ein Lob hören!«
    »Sie sind ein Monstrum, Ari!«
    »Ist das als Kompliment gemeint?«
    »Als Ausdruck echter Bewunderung. Ich bestaune Sie als eins der absurdesten Geschöpfe Gottes!«
    »Danke.« Sempa grinste geschmeichelt und stierte ins Meer. An etwas ruhigeren Stellen erkannte er die glänzenden Fischleiber. Sie glitten durch das Wasser wie silberne Schatten. »Sie wollten mich kleinkriegen, Phil?«
    »Ja. Das war meine Absicht.«
    »Ich sollte abstürzen!«
    »Nein! Ich habe erwartet, daß Sie oben bleiben.«
    »Wie wenig kennen Sie mich! Ich nehme jede Ihrer Herausforderungen an! Diese hier war gemein – aber Yuma ist unten. Und hinauf kommt sie auch wieder!«
    »Daran zweifle ich jetzt nicht mehr«, sagte Hassler und packte seinen Rucksack aus. Er setzte die starke, zerlegbare Angel zusammen und breitete alles um sich aus, was er zum Angeln brauchte. Auch ein langes, scharfes Messer legte er dazu. Er kannte seine Fische. Das Ende des Kampfes war immer der Stich in den Nacken des Opfers. Sempa zeigte mit noch bebender Hand auf das Messer. Die Anstrengung schüttelte auch er nicht so schnell von sich ab.
    »Sie sind leichtsinnig, Phil. Ich könnte Sie jetzt erstechen.«
    »Versuchen Sie's!« Phil drehte ihm den Rücken zu. Es war wie eine Einladung. Sempa schnaufte. »Sehen Sie«, sagte Hassler nach einer Weile – er hatte inzwischen die Schnurrolle montiert –, »es bleibt alles beim alten! Wir bringen uns nicht gegenseitig um, sondern jeder sich selbst!«
    Am Abend kamen sie zurück. Müde, mit Fischen beladen, tappend, als müßten sie jeden Schritt erst ertasten. Sempa schleppte seine Yuma wieder auf der Schulter. An einem Tau hatte er drei Fische wie eine Kette um seinen Hals gehängt. Ihm folgte Phil mit vier großen Fischen und dem Rucksack. Hohläugig, am Ende aller Kräfte, sank er auf die Bank und stützte den Kopf in beide Hände. Sempa ließ Yuma auf den Boden rutschen und tat es Hassler nach. Krachend ließ er sich auf die Bank fallen. Evelyn, die aus der Höhle gerannt war, aus der köstlicher Bratenduft mit dem abendlichen Wind über das Land wehte, lehnte sich gegen die Tischkante. Sie trug wieder eines von Hasslers Hemden und darunter eine kurze Hose, die sie sich aus einem der Säcke genäht hatte, in denen der Inkaschatz gelagert hatte.
    »Ich habe mit euch kein Mitleid!« sagte sie hart. »Einer ist verrückter als der andere!«
    »Es war ein Duell!«

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