Das Geheimnis der sieben Palmen
aufstand, aus der Höhle schlich, zum Meer hinunterrannte und in der seichten Bucht schwamm. Ein paarmal hatte Sempa sie heimlich beobachtet; er lag hinter einem großen Lavastein und seufzte, wenn er sah, wie Evelyns schöner Körper sich in der Morgensonne spiegelte. Dann war er wieder zurückgetappt in seine Höhle, hatte sich neben seine Prinzessin Yuma gelegt und die goldene Figur an sich gezogen. »Du bist schöner!« hatte er gesagt. »Viel schöner! Du bist mit nichts vergleichbar.«
Aber heute war es anders. Weder war Evelyn am frühen Morgen zur Bucht gelaufen, noch hatte sie, als Phil zurückkam, den Tisch gedeckt. Verwundert kam Hassler in die große Höhle und sah Eve noch immer im Bett liegen.
»Was ist denn los?« lachte er und zog ihr die Decke weg. »Aufstehen, du Faulpelz!«
Sie rührte sich nicht, lag nackt und schön auf dem Bett, nur ihre Augen waren größer und glänzender als sonst.
»Ich kann nicht mehr, Phil …«, sagte sie endlich. Ihre Hände legten sich zitternd auf den Leib. »Ich – ich spüre es schon seit drei Tagen, aber ich habe nichts gesagt. Doch jetzt geht es nicht mehr.«
»Mein Gott – was?!«
Entsetzt kniete Phil neben dem Bett nieder und wollte ihre Hände zur Seite schieben. Sie schüttelte den Kopf und biß die Zähne zusammen.
»Mein Leib …«, sagte sie stockend. »In meinem Leib brennt es wie mit tausend Flammen. Ich kann nicht mehr laufen, nicht mehr stehen …« Sie holte tief Luft und schrie dann fast: »Ich kann ja kaum noch sprechen!«
Ein Zittern lief durch ihren Körper, das von einem Krampf abgelöst wurde. Sie zog die Beine etwas an, ihr Gesicht verzerrte sich vor Schmerz, dann stieß sie die Beine wieder von sich und stöhnte dumpf auf. Phil legte seine Hand auf ihre Stirn und zuckte zurück. Ihr Kopf glühte im Fieber. Als er ihre Hände erneut von ihrem Leib wegstreifen wollte, schrie sie hell auf und krallte ihre Finger in seinen Oberarm.
»Es ist schon gut, Eve«, sagte Phil heiser. »Lieg ganz ruhig. Beweg dich nicht. Nimm die Hände weg.«
»Phil – faß mich nicht an!« Ihr Gesicht verzerrte sich wieder zur Grimasse. Ein neuer Krampf erschütterte ihren Körper. »Ich habe Angst …«
»Mein Gott, ich auch! Ich werde ganz vorsichtig sein.«
Endlich gelang es ihm, den Unterbauch abzutasten; deutlich spürte er die gespannte Bauchdecke. Er war sich sofort im klaren, daß es um Evelyn sehr kritisch stand.
»Man müßte dich ohrfeigen!« sagte er rauh. »Seit drei Tagen hast du das schon?! Und kein einziges Wort.«
»Ihr habt gerade das neue Feld gerodet …«, stöhnte sie. Sie warf den Kopf vor Schmerzen nach links und nach rechts. »Und … ich habe gedacht, es geht auch so vorbei … Ich habe kalte Kompressen aufgelegt … Man sagt doch immer, Eisbeutel helfen bei so etwas …«
Sie knirschte mit den Zähnen, schloß die Augen, ballte die Fäuste und konnte doch nicht verhindern, daß unter ihren Lidern die Tränen hervorquollen. Es mußten bestialische Schmerzen sein.
Phil sprang auf, sah am Herd zwei nasse Handtücher, die sie als Kompressen benutzt hatte, tauchte sie in den Kessel mit kaltem Wasser, lief zurück und legte die Tücher auf ihren Leib. Das Gewicht der nassen Handtücher war ihr unerträglich. Sie schrie auf und zog die Beine an.
»Nicht so laut, Kinder!« dröhnte in diesem Augenblick von draußen Sempas Stimme. »Eine unersättliche Bande! Vergißt darüber sogar das Frühstück. He, Phil, aufhören! Was machst du denn mit ihr? Sie schreit ja wie eine Katze!«
Phil warf sich herum und rannte aus der Höhle. Sempa stand breitbeinig am Tisch, seine goldene Yuma wie immer neben sich. In der Hand hielt er einen schweren Colt. Kampfeslustig hob er das Kinn, als er Phil aus dem Höhleneingang stürzen sah. »Ich will ein Kalb schießen«, sagte er. »Junge, ich habe Appetit auf einen saftigen Kalbsbraten mit grünen Bohnen!«
»Du hast also doch eine Waffe?« sagte Hassler schweratmend. »Wer hat denn versprochen, auf meiner Insel waffenlos herumzulaufen?!«
»Meine Insel!« Sempa zeigte hoheitsvoll auf seine Armee kleiner Goldgötter zwischen den sieben Palmen. Die Morgensonne ließ die Figuren aufleuchten und goldene Strahlen zurückwerfen. »Die Exekutive jedenfalls liegt bei Yuma und mir! Begreifst du das noch immer nicht?!«
»Ari, laß den Blödsinn!« schrie Phil. »Evelyn ist krank!«
»Evelyn ist …« Sempa legte den Colt auf den Tisch. »Aber wieso denn?«
»Wie ich es sehe, ist es völlig sinnlos, die
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