Das Geheimnis der Sonnensteine: Roman (Sonnenstein-Trilogie) (German Edition)
den Vierten des Systems“, meldet Elmer, nachdem er die Daten der Telemetrie hoch einmal überprüft hat. Er hätte nie gedacht, welch eine Wirkung diese Mitteilung auf den Kosmander haben würde.
Quattros Gesicht gerät in Bewegung. Seine Augen verengen sich eine Winzigkeit, aber aus diesem Spalt lodert ein vernichtendes Feuer. Die Mundwinkel sind spöttisch herabgezogen. So unscheinbar die Anzeichen auch sind, Elmer kennt den Kosmander gut genug, um diese Mimik deuten zu können. Es ist für Elmer unfaßbar und unheimlich: Quattros Gesicht spiegelt Freude und Zufriedenheit wider, tiefste Genugtuung.
Noch befremdlicher erscheint es Elmer aber, daß der Kosmander augenblicklich die Geschwindigkeit drosselt.
„Feuer einstellen, Malden!“ befiehlt er scharf. Und ganz leise fügt er hinzu: „Wenn der Fuchs von allein in die Falle läuft, muß der Jäger ihn in Sicherheit wiegen…“
„Was meint er damit, Elmer?“ flüstert Miranda erregt. Elmer zuckt ratlos die Schultern.
„Keine Ahnung!“ Ihm wird immer klarer, daß es Quattro gar nicht so sehr um Rache für seine Familienangehörigen geht und auch nicht darum, die Achternak zu retten. Daß die Halbbrüder Mariel Elldes und Adriel Cosma kein ausgesprochen brüderliches Verhältnis zueinander haben, ist allgemein bekannt. Aber kann es denn sein, daß sie nicht nur schlecht miteinander auskommen, sondern sogar tödlich miteinander verfeindet sind? Dann wäre die schreckliche Katastrophe lediglich der Anlaß, nicht aber die Ursache für Quattros Besessenheit, überlegt Elmer.
Noch nie hat er irgendwelche Vorurteile gegen die Korenther gehabt. Jetzt plötzlich fühlt er, daß etwas Fremdes den Kosmander umgibt. Wie oft hat er Dorean erwidert, die Korenther seien ganz gewöhnliche Menschen, ihre Schwächen und Fehler nichts Absonderliches und Widernatürliches, es sei im Gegenteil so, daß die Deformation des gesellschaftlichen Bewußtseins durch die korenthische Lebensweise nur als Ausrede gebraucht würde, um Unfertigkeiten und Unvollkommenheiten in der eigenen Entwicklung zu verbrämen.
„Wenn er den Kurs beibehält, rast er genau in das Ringsystem des Vierten hinein, Kosmander!“ meldet Stellaster Geonyx besorgt.
Das erstemal wendet Quattro den Kopf. Langsam und schleppend erklärt er: „Deshalb gönnen wir ihm ein wenig Ruhe, Geonyx. Damit er nicht blindlings in die Materieringe hineinjagt und die Achternak zu Schrott verarbeitet. Ich kenne Quinto… Er wird sich dort verstecken wollen…“
Mit einem Schlag begreift Elmer und erklärt es flüsternd Miranda. „Der Vierte ist ein Riesenplanet vom Jupitertyp, umgeben von einem Ringsystem ähnlich dem des Saturns, nur viel komplizierter. Die Materieströme umkreisen den Planeten auf Tausenden von unterschiedlichen Bahnen. Viele sind nicht stabil, da es ununterbrochen zu Kollisionen zwischen einzelnen Fels- und Eistrümmern kommt. Trotzdem wachsen sie unaufhörlich, weil der Planet auf seinem Weg um die Sonne Pollux zweimal gigantische Meteoritenströme passiert und aufgrund seiner starken Gravitation Hunderttausende Brocken während jedes Durchgangs einfängt. Wenn Quinto sich dort hineinwagt…“
Was Elmer aber nicht weiß, ist: Vor Jahren haben Quattro und der Bruder gemeinsam das Ringsystem des Vierten erkundet. Beide kennen sie die Stellen, wo sich die Einzelringe nicht schneiden, wo ihre Bahnen stabil sind und nicht in Wellenlinien auf und nieder schwingen, gestört durch die Schwerkraft der anderen Materiekonzentrationen, beide wissen um die vielen Orte, die einen Durchschlupf ermöglichen, die es einem unerschrockenen Raumflieger gestatten, mitten hineinzutauchen in dieses Inferno aus umherwirbelnden, aneinanderschmetternden Felstrümmern.
„Halten Sie unbedingt telemetrischen Kontakt, Ponape!“ befiehlt Quattro. „Wir dürfen ihn keine Sekunde aus den Augen verlieren!“
Elmer bestätigt den Befehl.
Auf dem Bildschirm wächst die in eine diffuse Wolke gehüllte Kugel des Vierten. Allmählich löst diese flimmernde Wolke sich in unregelmäßige Streifen auf, die sich zu dünnen Ringen schließen. Wie ein Kokon umgibt diese gefährliche Hülle aus Stein und Eisbrocken den Planeten, ein tödliches Chaos, regellos und gewaltig. Elmer erkennt die Stellen, wo die Materieströme aufeinanderprallen, sich gegenseitig durchdringen. Scheinbar unbeirrt setzen die Trümmer ihren ewig währenden Flug fort, doch die feinen Nebel und die aufblitzenden Funken kennzeichnen diese Knotenpunkte als
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