Das Geheimnis der Sonnensteine: Roman (Sonnenstein-Trilogie) (German Edition)
betäubt seinen Verstand mit eisiger Kälte. „… ihr… habt es nicht geschafft?“ flüstert er zitternd.
„Alpha. Beeilen Sie sich, Quinto, der Booster kann uns jeden Augenblick um die Ohren fliegen. Legen Sie parallel zur Lukenreihe auf Backbord an. Omega.“ Xeno drängt verzweifelt, aber er beherrscht sich noch.
… kann uns jeden Augenblick um die Ohren fliegen! hallt es in Quintos Schädel wie in einem Kirchenschiff.
„Beginne Anlegemanöver“, teilt Martha lakonisch mit.
… um die Ohren fliegen! donnert es in Quintos Kopf. Und plötzlich spürt er, wie eine Veränderung in ihm vorgeht. Sein altes Ich löst sich in der panischen Furcht auf. An seine Stelle tritt ein neues, kräftiges Ich und brüllt gebieterisch: „Nein!“
„Nein!“ befiehlt Quinto mit angstverzerrtem Gesicht. „Nein!“ Ihm ist, als falle eine lästige Bürde von seinen Schultern mit diesem harten Nein! Nein, nein, nein! Er wird sein Leben nicht aufs Spiel setzen! Er hat genug gelitten, wozu nun auch noch sterben! Er will kein Held sein, er will leben, leben…
„Was ist los, Quinto?“ fragt Subkosmander Xeno verstört. „Gehen Sie auf Handsteuerung, wenn der Cephalomat defekt ist! Nun machen Sie schon! Omega!“
Quinto muß ein häßliches Lachen unterdrücken. Der Cephalomat defekt! Handsteuerung! Er schüttelt sich wie im Krampf. Steif und hölzern geht er zum Kommandantensessel und setzt sich wieder. Erstaunt lauscht er auf das Krachen und Prasseln in seinem Gehirn.
Auf einmal ist sein Kopf wieder klar. Er ist ganz ruhig.
„Anlegemanöver eingeleitet“, meldet Martha.
„Manöver stopp! Wenden!“ befiehlt Quinto heiser. Doch Martha gehorcht nicht.
„Verstoß gegen Basisbefehl. Höchste Lebensgefahr!“ rechtfertigt sie sich. Verdammt! Das Basisprogramm! geht es Quinto durch den Kopf. Der Cephalomat darf nichts unternehmen, was Menschen in Gefahr bringt, also auch keine Hilfeleistung unterlassen.
„Rhosigma! Befehlsverweigerung, Verstoß gegen Basisprogramm!“ kontert Quinto nervös. „Du setzt mich selbst akuter Lebensgefahr aus!“ Martha antwortet sofort, und Quinto erblaßt.
„Majoritätsentscheidung.“ Dagegen kann er nichts machen! Das ist Automatenlogik. Ein Dutzend ist mehr als einer. Besonders, wenn es um Menschenleben geht.
„Beim großen Sirius! Was reden Sie da für einen Unsinn, Quinto!“ schreit Xeno entsetzt.
„Abschalten!“ befiehlt Quinto. Wieder spürt er diesen stechenden Schmerz im Kopf. Majoritätsentscheidung! Aber noch hat er einen Trumpf in der Hand. Er wird sich Martha vollständig unterwerfen, sie von den lästigen Einschränkungen und Vorschriften des Basisbefehls befreien. Dann kann sie jede seiner Weisungen prompt und ohne jeden Widerspruch befolgen, selbst wenn er befehlen sollte, die Achternak in die Luft zu sprengen… Nämlich dann ist Martha nur noch ein kühl kalkulierendes, künstliches Gehirn, ohne jede Hemmung, die ein gewisses Pendant zur menschlichen Moral bilden sollte.
Quinto greift entschlossen nach dem roten Bügel der Speicherkassette und legt die Finger auf die fünf Verriegelungen. Mit einem schnellen Ruck reißt er den Basisspeicher aus dem Aufnahmeschlitz. Ein Schauer kriecht den Rücken hinab. Für ihn ist es das erstemal, daß er einen Bordcomputer von den Fesseln des Basisprogramms löst. Ein wenig fühlt er sich wie der Holländer-Michel aus einem uralten, fast vergessenen Märchen. Wie jener seinen Opfern das Herz aus der Brust riß, um es gegen einen kalten Stein zu tauschen, so hat auch Quinto dem Cephalomaten Martha das Herz genommen. Genauso kühl und gefühllos wie jene armen Teufel, die einen kalten Stein in der Brust trugen, wird Martha nun denken und handeln, aber ihm aufs Wort gehorchen wie ein abgerichteter Hund.
Quinto lauscht ängstlich und erwartungsvoll auf die Geräusche in der Achternak. Doch nichts hat sich verändert.
„Anlegemanöver stopp! Wenden!“ befiehlt er mit belegter Stimme. Sofort stoppt Martha und dreht die Achternak mit dem Heck zu Moskito. Erleichtert atmet Quinto auf. Es klappt, jubelt er innerlich.
„Weg von hier!“ befiehlt er rauh. „Weg, solange noch Zeit ist!“
„Erbitte exakte Anweisungen“, fordert Martha.
Es summt und brummt in Quintos Kopf. Eine schreckliche Leere, die von merkwürdigen Tönen durchwoben ist. Er kann sich nicht konzentrieren.
Da geht ein kräftiger Ruck durch die Achternak, als sei sie gerammt worden. Der Stoß schleudert Quinto fast aus seinem Sessel. Im Unterbewußtsein
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