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Das Geheimnis der Sprache (German Edition)

Das Geheimnis der Sprache (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Sprache (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Moszkowski
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Menschenverstande unterworfen werden sollen.
    Mancher Volksgenosse mag sich wohl in den Zeiten des Niederbruchs einen neuen Fichte gewünscht haben, mit großer Geste und flammenden Worten. Aber stände er auf, gesättigt mit alter Inbrunst und zugleich hellhörig für die Stimmen der Zukunft, so würde er auch ein neues Programm entwickeln. Mit stärkster Betonung der Sprache, nicht nur als eines Kulturwerkzeugs für uns und unsere Nachfahren, sondern als des einzigen Machtfaktors, der uns in der Zeiten Verhängnis verblieb. Was uns die Fichtes kleineren Formates zu sagen haben, klingt zweifellos brav und erbaulich, macht ihrem guten Herzen und ihrer Überzeugungstreue alle Ehre. Nur reicht die Spannung ihrer Gedanken nicht über das Nächstliegende hinaus. »Für unser tiefgesunkenes Volk« – so etwa reden sie uns ins Gewissen – »ist die Belebung des Stolzes auf die eigene Sprache jetzt, wo es auf seine stammesreinsten Gebiete zusammengepfercht ist, eine der wesentlichsten Aufgaben. Deutsches Denken und deutsches Handeln, das sind die zwei Erfordernisse, die schon beim Kind in der Sprache gepflegt werden müssen. Seien wir uns in dieser schweren Stunde der Verluste des Köstlichen bewußt, was uns als gemeinsames Gut verblieb, was keine fremde Macht uns rauben kann. Gemeinsam bleibt uns die Sprache, die uns die Mutter lehrte.« Gewiß, das unterschreiben auch wir, allein mit dem Vorbehalt, daß es von den Forderungen der Zeit nur die leichtere, selbstverständlichere Hälfte ausspricht, die schwierigere Hälfte aber verschweigt. Der Sprachgeist selbst, der über allen Deutschen wehende, hat sein Programm schon weiter gefaßt. Habt ihr es nicht vernommen, wie unmittelbar mit der politischen Katastrophe ein internationales Brausen durch unsere Sprache ging, wie sie sich mit zahllosen Weltworten urplötzlich auf die Zukunft einstellte, zum großen Mißvergnügen für unsere Engbrüstler, die immer nur die nächste Wirkung spüren, niemals die fernste? Deutlich genug verkündete der deutsche Geist seine Hoffnung und seinen Anspruch auf Macht, die ihm aus keiner anderen Quelle mehr erfließen kann als aus der deutschen Universalsprache. Und nur mit diesem Programm vermöchte ein neuer Fichte zu wirken. Gebt der Sprache Mittel und Waffen zum Wettbewerb in der großen Welt! Schreibt weltverständlich, schafft deutsche Bücher ins Ausland, laßt den deutschen Gelehrten als Zurückeroberer deutschen Einflusses auftreten! Überzeugt euch davon, daß ein großer Forscher mit wissenschaftlichem Deutsch uns mehr Sympathien wiedergewinnen kann, als uns die schulmeisternden Barden in Jahrzehnten verlieren ließen! Unserer Sprache bleibt die Macht vorbehalten, wenn sie hinauswächst über die Urlaute, die uns die Mutter lehrte; wenn sie ihnen das hinzufügt, was allein die andere Mutter, die Alma mater Universitas auszusprechen vermag!
    Nur in den Niederungen der Sprache tobt noch der silbenstechende Kampf mit seinen sattsam bekannten Heerrufen. Ginge es nach gewissen Leuten, den als alten Deutschrittern verkleideten Dreinschlägern und Schlagadodros, so würde die deutsche Sprache, weit entfernt davon, ihr Weltziel zu erreichen, nicht einmal im heutigen Menschenverkehr den Wettbewerb mit Französisch und Englisch aushalten können. Denn ihre Konkurrenzfähigkeit beruht nächst ihrem Schwergehalt an Gedanken auf dem Weltwort als dem Erkennungszeichen ihrer Universalität. In Jahrhunderten hat das nationalsprachlich gewordene Weltwort dem Französischen und Englischen einen Vorsprung verschafft, und wer dessen Weite abgemessen hat, der kann nicht wollen, daß er sich noch vergrößere, vielmehr nur, daß er eingeholt werde.
    Ginge es nach den Ritterlingen, so schiede das Deutsch aus der Konkurrenz aus und sänke auf den Stand einer Provinzsprache, frei von Weltworten und frei von stolzen Ansprüchen. Das ist nicht die Freiheit, die wir meinen. Der Meister, der mit dem Blick auf die Grenzpfähle nach Beschränkung streben wollte, wäre nicht konzentriert, sondern beschränkt. Der Widerspruch löst sich dadurch, daß der Sprachmeister, sofern er Wissenschaft, höchste Bildung verkündet, schon im Sprachausdruck jede wie immer geartete Beschränkung abschüttelt. Er weiß, daß das Weltwort keinen Rückfall ins Scholastische und Mönchische bedeutet, sondern einen Fortschritt, keinen Hemmschuh am Deutschen, sondern eine bewegende Kraft. Hat ihn internationale Satzung vor unberechtigtem Nachdruck geschützt, so schützt ihn das

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