Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)
mir einen Gefallen getan. Aber erlaubt mir, dass ich mir meine Dankbarkeit aufspare, bis Ihr mich hier endlich herausgeholt habt.«
»Ssscht. Nicht so laut«, warnte Chapuys mit Blick auf den Yeoman Warder, der im blauroten Waffenrock und mit aufgepflanzter Hellebarde vor dem Eingang zu den Turmkammern des Grafen auf Posten stand.
»Die Zeit ist noch nicht reif, und hier seid Ihr einstweilen viel wertvoller für mich. Cromwell geht auf Zehenspitzen, wenn er mich sieht. Er fürchtet meinen Zorn.« Selbstgefällig zwirbelte der Spanier sein Bärtchen.
Adrian von Löwenstein senkte voll Widerwillen die Stimme. »Tut Ihr überhaupt etwas, um mich von den lächerlichen Anschuldigungen zu befreien? Die Briefe stammten nicht von mir.«
» No! Es waren Cromwells Abschriften meiner Geheimpläne.«
»Dann solltet Ihr hier einsitzen!«
Chapuys winkte ab. »Wegen solcher Lappalien verhaftet man nicht den ständigen Botschafter des Kaisers. Man wollte Euch schaden. Und nun beruhigt Euch, ich stelle Nachforschungen an. So wie Ihr es gewünscht habt. Und ich darf sagen, sie waren ausgesprochen erfolgreich. Und sogar den spanischen Interessen nützlich, conde. Cromwell…«
»Mich interessiert Cromwell nicht. Ich muss hier heraus, Chapuys, bevor Aleander…«
»Master Elias!«
»Wie auch immer er sich nennt, Aleander darf nicht nach Köln gelangen.«
Chapuys hob bedauernd die Brauen. »Er ist bereits dort.«
»Wie konntet Ihr das zulassen?«, schrie der Graf und krallte die Hände in die Mauerbrüstung, als wolle er den Stein zerbrechen. Der Yeoman löste sich drohend von seinem Posten beim Tor.
»Tut, als sei Euch schlecht. Nun macht schon«, zischte Chapuys. Löwenstein brachte einen würgenden Laut hervor.
»Ihm ist übel«, rief Chapuys in Richtung des Wächters. »Mach schon, hol Wasser, Mann.« Der Yeoman tauchte in den Gefängniskammern des Grafen ab.
Löwenstein drehte sich zu Chapuys um, sprach in verzweifelter Hast auf ihn ein.
»Tut etwas für meine Tochter … Schickt Eure besten Spitzel aus, einen Trupp bewaffneter Männer.«
»Ich verfüge nicht über Soldaten, und meine Spitzel haben genug damit zu tun, Master Cromwells Spitzel von dem gröbsten Unfug abzuhalten, wie etwa weitere Anschuldigungen gegen Euch zu ersinnen. Das kostet eine Menge Geld, aber es ist gut angelegt.«
»Chapuys, ich flehe Euch an, tut etwas für Lunetta.«
» Mi amigo , immer mit der Ruhe. Wer meint, alle Früchte werden mit den Erdbeeren reif, der versteht nichts von Trauben.«
»Ihr widert mich an. Mein Kind ist in Lebensgefahr!«
»Hört endlich auf zu schreien«, erwiderte Chapuys und packte den Grafen beim Arm. »Die Zeit und sogar Master Elias arbeiten für uns. Er will Eure Tochter um jeden Preis nach England holen. Er hält das für eine brillante Idee. Und ich, Eustace Chapuys, ebenfalls – wenn auch aus anderen Gründen. In Köln kann ich nichts für das Mädchen tun. Hier in London hingegen habe ich Einfluss …«
»Was gibt Euch die Gewissheit, dass er sie nicht tötet?«
»Ganz einfach. Er hat Euch am Leben gelassen.«
»Ich verstehe nicht.«
»Das merke ich, compadre , das merke ich. Als Soldat solltet Ihr wissen, dass man das Leben seines Feindes bisweilen schont, weil man ihn noch als Lockvogel braucht. Und genau das seid Ihr. Oder glaubt Ihr, Eure Tochter würde Aleander, dem Mörder ihrer Mutter, freiwillig folgen? Also genießt Euer Leben in diesem hübschen Käfig. Comprende ?«
Graf Löwenstein atmete tief ein. »Gott gebe, dass Ihr recht habt, Chapuys, aber bitte, schickt Lunetta wenigstens eine Warnung!«
»Ich habe ihr etwas weit Hilfreicheres geschickt. Ein Buch, das ich unter Euren Sachen fand. Es heißt Die Geheimnisse des Tarots. Ihre Mutter schrieb es, nicht wahr?«
»Beim Blute Gottes! Das Buch könnte ihr Todesurteil sein. Es ist Ketzerei. Ich habe Lunetta verboten, das Tarot jemals wieder zu nutzen, und alles getan, um sie vor dem Schicksal ihrer Mutter zu beschützen, Ihr müsst von Sinnen sein.«
»Ketzerei? Verflucht, Löwenstein. Ihr seid Euch selbst der größte Feind, und es ist Ketzerei, dass Ihr Eure Tochter nicht für das liebt, was sie ist!«
»Wie könnt Ihr es wagen, meine Liebe für mein Kind anzuzweifeln?« Außer sich vor Wut wollte der Graf nach dem Wams des Botschafters greifen. Der wich ihm mit einem Sprung aus.
Die Hellebarde des Wächters sauste zwischen beiden nieder.
»Schluss damit!«, herrschte der Wachmann den Grafen von Löwenstein an.
»Danke.« Chapuys
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