war so was von forsch, wenn er etwas getrunken hatte. Sandra ging am Ende gar nicht mehr mit ihm aus. Sie blieb lieber zu Hause, als Gefahr zu laufen, sich zu Tode schämen zu müssen. Ich war so froh, als ich hörte, dass sie ihn rausgeschmissen hatte. Endlich, und jetzt …« Da kamen die Tränen. Das war eine Befreiung. Das Zucken des Körpers ebbte ab, und als sie dann, nachdem Maria noch ein paar weitere Fragen gestellt hatte, aufstand, um zu gehen, schien sie wieder gefasst.
Maria blieb noch am Computer sitzen, ohne sich rühren zu können. Die Gedanken an Emil tauchten auf, sowie sie sich nicht mehr zwang, an etwas anderes zu denken. Mit einer Willensanstrengung unterdrückte Maria ihren Wunsch, bei Jonatan Eriksson anzurufen. Der hatte genug zu tun, und er hatte versprochen, sich zu melden, wenn es Emil in irgendeiner Weise schlechter ginge.
Während Maria sich ins Internet einloggte, überdachte sie die Informationen über Lennie, die sie von der Nachbarin und jetzt eben von Sandras Schwester erhalten hatte. Was davon war die Wahrheit? Zwei unterschiedliche Bilder. Unvereinbar. Oder sind wir alle so kompliziert und widersprüchlich, je nachdem, mit wem wir gerade zusammen sind? Maria klickte weiter, suchte im Personenregister nach Florian Westeberg und fand zwei Kandidaten im passenden Alter. Einer von ihnen war Journalist. Nicht vorbestraft. Vielleicht lag doch ein Körnchen Wahrheit in dem, was Lennie gesagt hatte. In diesem Augenblick kam Hartman herein und setzte sich mit einem halb gegessenen Baguette in der Hand auf den Besucherstuhl, die Mayonnaise glänzte an seinem Mund. Maria fiel ein, dass sie den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte.
»Ich habe mit Håkansson gesprochen«, meinte Hartmann. »Er hat einen ersten Durchgang mit Sandra Häggs Computer gemacht. Sie war gerade im Outlook. Es gibt da das eine oder andere, was sich lohnen würde, näher anzuschauen. Gestern Abend hat sie mit einem Hans Moberg Mails ausgetauscht, der verkauft Medikamente über das Internet. Sie waren für den Abend verabredet. Sie hatte offenbar Migräne und hatte den Schlüssel an eine Schnur gehängt, die er durch den Briefkastenschlitz erreichen konnte. Es klingt, als wäre sie sehr interessiert daran gewesen, ihn zu treffen, obwohl sie mit schweren Kopfschmerzen im Bett lag. Meine Frau hat auch manchmal Migräne, und da kann man kaum den Fernseher anmachen. Sie würde niemals jemanden zu sich einladen, wenn sie Kopfschmerzen hat. Es muss also ziemlich wichtig gewesen sein. Der Ton war formell, es handelte sich also nicht um eine Liebesbegegnung, aber das kann man natürlich nie wissen. Man sollte diesen Moberg auf jeden Fall so schnell wie möglich aufsuchen. Er hat eine Website, auf der er seinen Kunden ewige Potenz, ewige Jugend und Mittel gegen alle Wehwehchen des Lebens verspricht. Er nennt sich Doktor M. Nette Bilder von jungen schönen Menschen. Offensichtlich fährt er in einem Wohnwagen herum und verkauft seine Waren. Das klingt nicht unbedingt gesetzestreu, aber das müssen wir mit dem Staatsanwalt klären. Sandra hatte keinen Alkohol im Blut. Wir haben auf der Karaffe Fingerabdrücke sichergestellt, und ich kann schon so viel sagen, dass es nicht ihre sind.«
»Sandra hat im Gesundheitszentrum an den Snäckgärdsbaden gearbeitet. Das ist eine private Luxusklinik. Sie bieten dort verjüngende Chirurgie und Schönheitsbehandlungen an, und es gibt da eine Impfambulanz. Ich habe heute in der Zeitung die Anzeige von denen gesehen. Ganz schön protzig. Sie operieren auch Hüften und grauen Star. Wir könnten mal dorthin fahren und mit Sandras Kollegen reden«, schlug Maria vor.
»Auf der Liste hier kann ich sehen, dass Sandra in regelmäßigem Mailkontakt mit einer
[email protected] stand, wahrscheinlich eine Kollegin. Sandra und sie benutzten dieselbe Domain, wenn sie sich schreiben. Es ist immer ein wenig unangenehm, auf diese Weise in das Privatleben von anderen Leute reinzuschauen. Die beiden Damen quatschen eine Menge über Männer, die sie in der Kneipe kennengelernt haben. Ich habe ja nicht geglaubt, dass Frauen, nun ja, eine solche Sprache benutzen.«
»Eine solche Sprache?« Maria konnte nicht umhin, über Hartmans vorwurfsvollen Gesichtsausdruck zu lachen. »Du meinst, es sollte einen Unterschied in der Art geben, wie sich Männer und Frauen über ihr Jagdglück äußern?«
»Ja, aber du würdest doch nicht schreiben … also, egal, vergiss es. Außerdem haben