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Das Geheimnis der Totenkiste

Das Geheimnis der Totenkiste

Titel: Das Geheimnis der Totenkiste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ERROL LECALE
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und zwang ihn, sich zu setzen. Es gab nur einen Trost für ihn, dachte Eli traurig. Es war besser, daß seine Frau und Tochter nach dem Biß nicht am Leben geblieben waren, denn sonst würden auch sie nun die schlimme Saat in sich tragen.
    Eli erinnerte sich an einen ähnlichen tragischen Fall, als eine Ehefrau in mittleren Jahren zum Vampir wurde und ihre eigenen Kinder tötete. Er selbst hatte nichts mit diesem Fall zu tun gehabt, aber er kannte jede Einzelheit.
    Ja, dachte Eli, in dieser Beziehung hatte Macneil noch Glück gehabt. Aber wer konnte hier von Glück reden!
    Das kleine Päckchen, das der Kapitän voll Vorfreude unter dem Arm getragen hatte, lag unbeachtet im Rinnstein neben Morags und Maggies Leichen.
    Eli winkte den Wachmann zu sich.
    »Können Sie mir sagen, wie es passiert ist?« erkundigte er sich.
    »O Gott, Herr, ich wollte, ich könnte es.« Ein starker Gingeruch ging von dem schmächtigen kleinen Mann aus. Das war sicher auch der Grund, weshalb er um die »Ehre« gekommen war, das erste Londoner Opfer des Vampirs zu werden.
    »Da war nur so ein großer Mann mit einer Kiste unter dem Arm.«
    »Wie sah er aus?«
    Der Wachmann war nicht sehr exakt in seiner Beschreibung. Soviel erfuhr Eli jedenfalls, daß er hochgewachsen war und einen breitkrempigen Hut und einen langen schwarzen Umhang trug.
    »Ich sag zu ihm, er muß die Kiste aufmachen, sag ich. Ist ja meine Pflicht, daß ich aufpaß, daß im Dock nichts geklaut und herausgeschmuggelt wird.«
    »Kiste? Was für eine Kiste?« fragte Eli hastig und erschrocken,
    »Oh, eine große - schmal und bestimmt so lang wie er. Aber’s war nich´s drin Nur ein bißchen Erde.«
    »Erde?’
    »Ja. Wie aus ’nem Garten, na Sie wissen schon. Er hat gesagt, er braucht sie, hat er gesagt, um Topfblumen umzupflanzen. Die richtige Nacht dafür, hab ich gesagt. Aber er hat mir gar nicht zugehört und ist weiterspaziert.«
    Elis Mut sank. Plötzlich kam ihm ein Gedanke. »Wenn Sie hier tatsächlich einen Dieb erwischen und er ist zu stark für Sie, was tun Sie dann?«
    »Dann pfeif ich mal tüchtig.« Der Mann zog an einem dünnen Lederband um seinen Hals und holte eine Trillerpfeife heraus. »Dreimal, dann kommen die Bullen, die hier ihre Runden drehn. Ich hab schon mehrere Strolche gefangen, hab ich…«
    »Dann fangen Sie mal schnell zu pfeifen an, mein Freund. Es liegen zwei Tote direkt vor Ihrem Tor. Oder haben Sie das vergessen?«
    »Gott! Ich hab gar nicht daran gedacht…«
    Er blies heftig in seine Trillerpfeife, und gleich darauf kam Antwort aus nicht allzu weiter Entfernung. Es war Zeit zu gehen, dachte Eli.
    »Hugo, du bleibst mit Mara hier bei dem Kapitän, bis die Polizei eintrifft. Helft ihm, so gut ihr könnt. Es wäre im Augenblick allerdings nicht klug, Vampire zu erwähnen. Nachher kommt ihr nach Hause. Ich brauche noch eine Weile.«
    » Oui, M’sieu.« Es gefiel Hugo nicht, daß sein Herr sich nun zweifellos allein in ein gefährliches Abenteuer einließ, aber er wußte auch, daß es sinnlos war, ihn davon abbringen zu wollen, oder darauf zu bestehen, daß er ihn mitnehme. Er mußte sich um Mara kümmern – und den Kapitän.
    Eli nahm seine Tasche mit dem ungewöhnlichen Inhalt und erkundigte sich bei dem Wachmann, in welche Richtung der Mann mit der Kiste gegangen war. Aber der Kleine wußte es nicht. Vermutlich hatte er halbbetrunken vor sich hin geduselt. Der Schrei riß ihn dann zwar hoch, aber bis er nachsah, war der Vampir längst im Nebel verschwunden. Für ihn jedenfalls war es gut
    gewesen, daß er dem Gin so zugesprochen hatte, denn das hatte ihm vermutlich das Leben gerettet. Vampire trinken nur ungern Blut, das Alkohol enthält, denn geistige Getränke bekommen ihrem Metabolismus nicht – können sogar ihren echten Tod herbeiführen.
    Eli hatte zwei Alternativen, als er das Wachhäuschen verließ. Er konnte sich nach links oder nach rechts wenden. Er hatte keine Ahnung, welche der beiden Richtungen der Vampir genommen hatte.
    Der Rechte Pfad, dachte Eli mit leicht bitterem Humor. Ich habe mich immer bemüht, ihm zu folgen.
    Er hörte den festen Tritt von Polizeistiefeln und tauchte in dem Nebel unter, der das Licht der Straßenlaternen in schwache gelbe Punkte verwandelte.
    Er setzte bedächtig Fuß vor Fuß, denn ohne bekanntes Ziel war Eile sinnlos. Und während er dahinschritt, ließ er sich die Situation durch den Kopf gehen.
    Je mehr er darüber nachdachte, desto weniger behagte sie ihm.
    Erstens, der Vampir war entkommen.

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