Das Geheimnis der Totenkiste
hinaus.
Das Klappern hastender Schritte verlor sich in der Ferne.
Und Eli durfte ihm nicht folgen.
Hugo brauchte ihn. Der genau berechnete Tritt des Vampirs hatte einen Nerv getroffen.
Der Riese aus der Camargue war so gut wie gelähmt. Sein Kehlkopf und die Muskeln ringsum vermochten nicht zu arbeiten und versperrten so dem Atem den Zugang zur Lunge.
Und sein Geist hatte den hypnotischen Einfluß des Vampirs noch nicht völlig überwunden.
Eli hatte keine Wahl. Verfolgte er den Vampir, würde Hugo sterben. Er konnte nicht einmal Mara dem Untoten nachschicken, denn er bedurfte ihrer gemeinsamen mentalen Kräfte, Hugo zu retten.
»Wir müssen in ihn eindringen«, erklärte ihm das Mädchen ruhig. »Wir müssen seine Körperkontrolle übernehmen, bis er wieder bei klarem Verstand ist.«
Das stimmte. Es gab keinen anderen Weg. Da nur ihre Astralleiber sich hier befanden, konnten sie die verkrampften Muskeln des Franzosen nicht durch Massage lockern.
Aber sie waren imstande, sein Gehirn so weit zu lenken, daß es die nötigen Körperfunktionen veranlaßte.
Zum erstenmal, seit ihre Geister sich im Kampf vereint hatten, sah Eli Maras Astralleib über Hugo schweben. Wie er, war auch sie nackt, und erst da kam ihm zu Bewußtsein, daß der Vampir auch auf der Astralebene bekleidet gewesen war. Das war etwas, mit dem er sich beschäftigen mußte, wenn er Zeit dazu hatte.
Maras Geist drang in Hugo ein, als Eli draußen auf der Straße die Schritte hörte. Er riskierte einen Blick.
Die beruhigend bullige Gestalt eines Polizisten stand vor der Tür der Werkstatt und wunderte sich, weshalb sie offenstand.
Eli holte ihn durch einen Gedankenbefehl herein. Der Polizist erschrak, als der Schein seiner Laterne auf die beiden Leblosen fiel.
Seine Hand tastete nach der Trillerpfeife, aber Elis Geist hielt ihn davon ab und beeinflußte ihn, sich neben den Franzosen zu knien und mit geschickten Fingern dessen Halsmuskeln zu massieren. Langsam entspannten sich die verkrampften Muskeln. Hugo holte keuchend Luft. Sein blau angelaufenes Gesicht nahm allmählich wieder eine gesunde Farbe an. Er begann sich zu rühren.
»Er ist jetzt wieder in Ordnung«, erklärte Eli Mara. »Der Polizist wird sich um ihn kümmern… Wir müssen nun schnell zusehen, daß wir den Vampir noch finden.«
Ihre Astralleiber huschten aus dem Haus des Sargmachers und begannen von oben die Straßen abzusuchen.
Er kann doch noch nicht sehr weit gekommen sein, dachte Eli. Er befand sich ja immerhin auf physischer Ebene, und sein Vorsprung war nicht übermäßig groß. Es war einfach unmöglich, daß er so schnell entkommen konnte.
Offenbar war es doch möglich. Sie suchten die Gegend in immer weiteren Kreisen ab und gingen auch der geringsten okkulten Ausstrahlung nach, ohne jedoch auch nur eine Spur von ihm zu entdecken.
Und die Morgendämmerung war bereits nahe, wenn der Vampir sich in seinen Sarg zurückziehen mußte. Lag er erst einmal ruhig, würde seine geistige Ausstrahlung nur aus allernächster Nähe bemerkbar sein.
Bedrückt kehrten sie in die Werkstatt des Sargmachers zurück. Hugo und der Polizist hatten sie bereits verlassen. Waren sie getrennte Wege gegangen, oder hatte der Beamte einen Krankenwagen gerufen?
Eli war erschöpft. Er hatte seinen Geist über Gebühr strapaziert. Obgleich sein Astralleib nicht zu ermüden vermochte und frei von jeglicher physischer Schwäche war, verfügte sein Geist doch nur über eine beschränkte Energiereserve. Das grauenvolle Duell hatte sie völlig aufgebraucht.
Er mußte zu seinem Körper zurück, solange er noch die Kraft dazu hatte – und den Willen. Er spürte, wie sein Geist sich abquälte. Was wollte er eigentlich gerade tun? Was mußte er tun?
Ein Gefühl, das dem Schlaf nicht unähnlich war, begann Besitz von ihm zu ergreifen.
Mara rüttelte ihn sanft. »Du mußt nach Hause«, mahnte sie. »Komm, ich bringe dich heim. Dann kehre ich zurück, suche Hugo und halte Ausschau nach dem Vampir.«
»Ich… Ich – will – nicht…«
Aber er brachte nicht einmal mehr den Willen auf, nicht zu wollen. Mit Maras Hilfe verfolgten sie seinen Lebensfaden über die Dächer Londons hinweg zurück zu Elis Schlafzimmer. Mit einem tiefen Seufzer versank Elis Geist in der wohligen Wärme seines Körpers.
»Es tut mir so leid, M’sieu « , murmelte Hugo zerknirscht. »Ich habe Sie enttäuscht. Ich – ich war nicht stark genug. Ich konnte diesen schrecklichen Augen nicht widerstehen. Sie-sie verschlangen
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