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Das Geheimnis der Totenstadt - Thriller

Das Geheimnis der Totenstadt - Thriller

Titel: Das Geheimnis der Totenstadt - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Dieckmann
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einem Keller verschimmeln. Paolo hätte das sicher nicht gewollt.«
    Der Anwalt sah ihn scharf an.
    »Hier verschimmelt nichts. Da können Sie sicher sein. Nehmen wir an, ich vertraue Ihnen die Aufzeichnungen Mazzettis an. Da nur ein Fachmann wie Sie sagen kann, was unwichtig, was wichtig und was unter Umständen sensationell ist – wie kann ich wissen, ob Sie das nicht als Ihre eigenen Ergebnisse vorzeigen werden und vielleicht sogar Geld damit verdienen?«
    Tardi bemühte sich, möglichst entrüstet auszusehen.
    »Aber Avvocato, ich bitte Sie! Wie können Sie so etwas auch nur denken. Paolo war mein Freund, und ich will mich auf keinen Fall mit seiner Arbeit schmücken oder mich gar bereichern. Ich will, dass seine Arbeit nicht umsonst war. Ich kann die Manuskripte sogar hier, unter Ihrer Aufsicht, durchsehen, wenn Sie mir einen Raum zur Verfügung stellen. Ich werde alle Papiere katalogisieren. Nichts wird entfernt, nichts hinzugefügt.«
    Tardi merkte dem Anwalt an, dass ihm diese Vorstellung lästig war. Trotzdem schien er den Vorschlag zu durchdenken.
    »Lassen Sie mich darüber nachdenken. Ich melde mich morgen bei Ihnen.«
*
    »Das ist ja reizend, dass mein Sohn mich auch einmal wieder anruft«, sagte Donatella Medici schnippisch, »ich habe schon seit mehr als einer Woche nichts von dir gehört.«
    Robert seufzte.
    »Mamma, sei mir nicht böse, ich war geschäftlich in Deutschland. Und dann sind ein paar Dinge dazwischengekommen, sonst hätte ich dich schon früher angerufen.«
    »Dazwischengekommen?«, antwortete Donatella. »Und wie heißt sie?«
    Robert verdrehte die Augen, was er sich in Anwesenheit seiner Mutter mit Sicherheit verkniffen hätte.
    »Es geht um keine Frau, Mamma. Es sind nur ein paar Dinge ganz überraschend auf mich zugekommen.«
    Donatella konnte sich immer noch nicht dazu entschließen, ihrer Stimme einen sanfteren Ton zu geben.
    »Geht es wieder um diese Spiele? Weißt du, vor kurzem hat mich Signora Feltrinelli wieder mal gefragt ...«
    Robert unterbrach sie.
    »... was ich eigentlich mache. Ja, Mamma, das höre ich jetzt zum einhundertfünfundzwanzigsten Mal. Sag ihnen doch, dass ich Mathematiker und seit Jahren damit beschäftigt bin, den Beweis zu bringen, dass das kleine Einmaleins nicht stimmt.«
    Donatella schnappte nach Luft.
    »Roberto! Höre ich da etwa Ironie?«
    Robert seufzte.
    »Im Ernst, Mamma. Du tätest mir einen großen Gefallen, wenn du zwei Dinge nicht mehr fragst: Nummer eins, wann ich endlich zu heiraten gedenke, und Nummer zwei, warum ich keinen anständigen Beruf ausübe. Zu Nummer eins kann ich dir sagen, dass mir die Richtige noch nicht über den Weg gelaufen ist, und zu Nummer zwei, dass ich diesen Beruf liebe und dass ich mit ihm viel Geld verdiene.«
    Donatellas Stimme glitt jetzt ins Jammervolle.
    »Madonna, Robertino, du weißt doch, dass ich immer nur dein Bestes will! Eine Mutter macht sich immer Sorgen um ihr Kind, auch wenn es schon siebenunddreißig ist. Komm doch auf einen Kaffee ... ach nein, du trinkst ja keinen ... dann eben auf einen Tee vorbei.«
    Robert musste lächeln.
    »Ich verspreche es, Mamma. Schon weil ich wahrscheinlich in Kürze auf eine längere Reise gehen werde.«
    Für ein paar Sekunden war Stille in der Leitung.
    »Auf eine längere Reise? Hat das etwas mit deinen Spielen zu tun?«
    »Jaaa«, sagte er gedehnt, »es hat etwas damit zu tun.«
    Donatellas Stimme wurde wieder streng.
    »Wie gesagt, ich kenne dich seit siebenunddreißig Jahren – besser, als du denkst! Und lügen war noch nie deine starke Seite.«
    »Aber, Mamma, du glaubst doch nicht etwa, dass ich dich belüge?«
    »Doch, das glaube ich. Also, Roberto. Wie heißt sie?«
*
    In dieser Nacht schlief Robert Darling schlecht. Der Grund war nicht das Gespräch mit seiner Mutter. Im Gegenteil, es amüsierte ihn wegen der erkennbaren, aber manchmal lästigen mütterlichen Liebe, mit der er bedacht wurde.
    In den letzten zwei Jahren hatte er sich bemüht, ein harmonisches Leben zu führen. Das war ihm auch gelungen, denn hier in Italien hatte er das gefunden, wonach er immer gesucht hatte.
    Und plötzlich war alles anders. Irgendetwas war in sein Leben eingedrungen. Jemand hatte ihm aufgelauert, ihn beobachtet und seine vermeintliche Sicherheit zerstört.
    Er hatte in wenigen Stunden Menschen kennen gelernt, von deren Existenz er kurz vorher nichts ahnte. Menschen, über die er gern mehr gewusst hätte, die ein Geheimnis kannten, das er nicht einmal im Ansatz verstand.

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