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Das Geheimnis der versteinerten Traeume

Das Geheimnis der versteinerten Traeume

Titel: Das Geheimnis der versteinerten Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Salem geschlagen war, würde er den Killerkometen des Jungen mit einem doppelt so großen Asteroiden aus der Bahn kicken. Es wäre vielleicht passend, wenn sich die Buchstabenfolge ZUL im Zahlenverhältnis seiner gigantischen Dimensionen widerspiegelte. Jedenfalls hätten die Menschen endlich wieder Ruhe zum Schlafen. Natürlich nicht zu viel. Ein erkleckliches Sümmchen Traumenergie mussten sie ja weiterhin an YourDream abführen. Zum Wohle des unsichtbaren Kontinents.

    Refi Zul konzentrierte sich wieder auf sein Nahziel: die Eroberung der hiesigen Drusenkammer. Über die Königszeichen hielt er ständig Kontakt mit den verschiedenen Stoßtrupps, die im Schutz des von ihm erschaffenen Nebels vorrückten. Einigen seiner Hauptleute hatte er außer den Vogel-Augen noch Münder und Ohren eintätowiert. Durch diese konnte er den Traumgeborenen Anweisungen übermitteln und ihre Meldungen hören. So wie jetzt.
    »Ihr habt euch lang genug mit den Nebelschwaden treiben lassen. Bringen wir nun einen Sturm über sie, dass ihnen Hören und Sehen vergeht.«
    Die Traumsymbole schickten ihm die Antworten der Truppführer. »Zu Befehl, Majestät«, hallte es aus verschiedenen Himmelsrichtungen. Dann setzte sich die Streitmacht in Bewegung.
    Zwar nicht mehr lautlos, doch ohne Kriegsgebrüll näherten sich die Kämpfer dem Schloss.
    Plötzlich zeriss ein Schrei die Nacht. Refi Zuls Aufmerksamkeit richtete sich auf den Hofgarten im Südosten der Schlossanlage. Einer der pelzigen Krieger hüpfte auf einer Wiese, und jedes Mal, wenn seine blutigen Hinterklauen den Boden berührten, schrie er abermals auf. Der seltsame Tanz endete nach drei oder vier Sprüngen. Die Kreatur verlor das Gleichgewicht und stürzte. Als ihre Vogel-Augen-Tätowierung in die Grashalme sank, erkannte Zul den Grund für das Geschrei. Die Halme waren erstarrt. Sie hatten sich in Messer verwandelt, spitz wie Lanzetten und scharf wie Skalpelle.
    »Ich hätte ihnen Stiefel geben sollen«, knurrte Zul. Offenbar war nicht nur Leo, sondern auch Okumus ein mächtiger Traumwandler. Die Schüler hatten ihre Hausaufgaben besser gemacht als erwartet.
    Plötzlich erscholl ein vielstimmiges Gebrüll von der anderen
Seite des Schlosses. Das von unzähligen Stichen und Schnitten geplagte Hyänenschwein war also nur ein Vorbote gewesen. Wie ein Racheengel überfiel der große Schmerz die südöstliche Abteilung.
    »Runter von der Wiese!«, befahl der König. »Und ihr Übrigen zaudert nicht. Euer Herr kann euch weit mehr Qual zufügen als diese Nadelstiche. Nehmt die Akademie ein!«
    Sofern möglich gehorchten die Kämpfer. Hinkend wichen sie auf die Straßen und Wege aus. Wer schon gestürzt war, vermochte sich kaum noch aufzurichten. Je länger die Gefallenen sich im Gras wälzten, desto mehr Wunden fügten sie sich zu. Wer die Besinnung verlor oder starb, dessen Körper verging in einer Wolke aus rot glühendem Staub. Refi Zul nannte diesen Vorgang »Egolyse«. Nur die neueste Generation seiner Krieger war von ihm eigens für die große Entscheidungsschlacht mit der Selbstauflösung ausgestattet worden. Auf diese Weise hatte er Vorsorge getroffen, um außerhalb seines Reiches so wenig verräterische Spuren wie möglich zu hinterlassen.
    Auch im Südwesten geriet der Vormarsch ins Stocken. Anscheinend hatte sich jeder Grashalm rund um das Schloss in ein Messer verwandelt. Die Schreie der Traumgeborenen vermischten sich zu einer Kakophonie des Schmerzes, die sogar an Zuls Nerven zerrte. Wütend dirigierte er seine Einheiten auf die Parkplätze und Zufahrten um. Unterdessen mischte sich ein anderes Geräusch in den Lärm.
    Der Klang von Motoren?, wunderte sich der König.
    Er brauchte nicht lange zu suchen, um die Ursache zu finden. Einige der tausend Vogel-Augen-Symbole verrieten ihm den Grund. Die auf den Wegen zusammengedrängten Wächter wurden von Fahrzeugen angegriffen: Personenwagen, Motorräder, Trecker und – Zul knirschte mit den Zähnen – ein riesiger Mähdrescher!

    Offensichtlich waren die Maschinen allesamt führerlos. Nein, sie bestimmten selbst ihren Kurs. Als sie den Kämpfern näher kamen, bemerkte der König seltsame Veränderungen. Hier drehten sich Scheinwerfer oder sie stülpten sich wie die Stielaugen von Schnecken vor, dort bewegten sich Muskeln unter dem Karosserieblech. Einige Autos veränderten sogar grundlegend ihre Form. Ihnen wuchsen Arme und Beine. Die Hinterräder verwandelten sich in Füße und die vorderen in Boxhandschuhe, mit denen sie

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